58. Stexpert

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PoV Tim

Da ich ihn schon seit Anfang der Stunde beobachtet hatte, fiel mir auf, dass Stegi einen Ordentlichen Stapel zusammen geheftete Blockblätter aus seiner Tasche geholt hatte und diesen jetzt in seinen Händen immer wieder zusammen und auseinander rollte. Er wirkte ziemlich nervös dabei.

Wir redeten gerade mit unserer Klassenlehrerin darüber, was uns störte. Momentan beschwerten sich einige Mädchen darüber, dass dir Toiletten total dreckig waren. Eigentlich sollten sie wissen, wie unnötig ihr Versuch war, daran etwas zu ändern. Die Klos würden nicht renoviert werden und keine Putzkraft machte sich die Mühe, Edding von Türen zu schrubben.

Gelangweilt wanderte mein Blick über die Klasse und blieb schließlich wieder an Stegi hängen. Seine blonden Haare waren zerstrubbelt wie immer und eine Strähne am Hinterkopf stand ab.

Die eine Hand knibbelte das obere Eck von einem der Blätter in seinem Geheft, die andere hielt das Papier fest. Sein rechter Fuß wippte leicht auf und ab, der andere war unter seinem Stuhl auf dem Fußballen abgestellt und wippte ebenfalls, allerdings nur leicht.

Jetzt legte er die Blätter auf seinem Tisch ab und begann, mit den Fingerspitzen darauf herum zu trommeln. Sein Blick fixierte dabei die Schrift auf dem obersten Blockblatt. Leider saß ich fast eineinhalb Meter neben Stegi und war damit zu weit entfernt, um lesen zu können, was er sich aufgeschrieben hatte. Und mit der Zeit machte mich das verrückt.

Ich wollte alles über ihn wissen. Mehr als nur die Sachen, die er im Internet von sich Preis gab oder die Infos, die man aus dem Jahrbuch heraus lesen konnte. Und jetzt wüsste ich zu gern, was da geschrieben stand. Dieses Manuskript umfasste mindestens 10 Seiten. Ich wollte wissen, mit was er so viel Zeit verbracht hatte!

Und ich sollte es erfahren.

Als die Klo - Diskussion beendet war, blickte unsere Klassenleiterin in die Runde und fragte: "So, was stört euch noch?"

Bevor sie allerdings einen der Schüler aufrufen konnte, die sich meldeten, stand Stegi plötzlich auf, griff nach seinen Zetteln und ging schweigend nach vorne. Dann stellte er sich neben unsere Lehrerin, drehte sich um und sagte mit lauter, fester Stimme:

"Ich werde gemobbt. Und das stört mich gewaltig."

Der Kopf unserer Klassenlehrerin fuhr mit einem Ruck herum und sie starrte den Blonden mit geschockt aufgerissenen Augen an.

Auch einige Schüler sahen ihn überrascht an, wieder andere abwartend und einige mit einer Mischung aus Angst und Wut.

Und ich war einfach nur geschockt. Darüber dass ich davon nie etwas mit bekommen hatte, darüber dass er niemandem davon erzählt hatte.

Während ich mir noch Gedanken machte, hielt Stegi vorne das Papier hoch und drehte es um. Es war nicht komplett voll geschrieben, von meinem Platz aus sah es eher wie eine Tabelle mit zwei Spalten aus, die der Blonde ausgefüllt hatte.

"Das ist eine Liste", erklärte Stegi, "mit allem was passiert ist." Dann drehte er das Blatt um und begann zu lesen:

"Am 07.09. hat mich Sebi geschubst und mir meine Bücher weg genommen.

Am 08.09. hat Fiona versucht, meine Schultasche anzuzünden.

Am 10.09. haben mich Felix und Sebi zusammen geschlagen, weil ich Fiona verpetzt hab.

Am 12.09. hat Fiona rum erzählt, ich hätte versucht, sie zu vergewaltigen.

Am 14.09. hat die Schulleitung mitbekommen was Fiona erzählt hat und ich hab einen Verweis bekommen.

Am 17.09. sind Sebi und Felix bei mir zu Hause aufgetaucht und wollten Geld haben.

Am 23.09. haben Basti und Felix versucht, mich zu verprügeln, weil ich nicht genug Geld hatte und ich bin weg gelaufen.

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