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-AVERY-

Millicent Bullstrode war nicht die einzige Person, die mich hasste. Als jemand, dem man von kleinauf beigebracht hatte, dass Mobber nur grässliche Neider waren, kannte ich auch den Grund. Sie war neidisch. Die Anderen Leute waren es wohl auch.

Aber da war noch etwas, denn aus purem Neid konnte man doch nicht gleich jemanden fertigmachen. Es musste an mir liegen, meinem Aussehen, meinem Charakter.
Vielleicht war ich tatsächlich der Auslöser für das Alles. Vielleicht war ich ja wertlos, erbärmlich, und all die anderen Sachen, die man mir so an den Kopf warf.

Der Gedanke klammerte sich an mich.
War ich das Alles wirklich?

Nachdem meine Freunde aus dem Krankenzelt gegangen waren, fühlte ich mich einfach nur...scheiße. Wirklich. Es gab kein anderes Wort dafür.
Ich fragte mich, ob Harry, Ron, Hermine und Draco ohne mich besser dran wären. Ob ich sie vielleicht einfach nur nervte. Ob Harry sich dafür schämte, mich als Schwester zu haben. Ob Ron und Hermine nur deshalb mit mir befreundet waren, weil sie es mussten. Und ob Draco in mir keine Freundin, sondern einfach nur eine Lehrerin sah.

Ich wollte nicht, dass mir die Tränen in die Augen kamen. Doch sie kamen nunmal. Ich hasste es zu weinen. Ich hasste es. Es ließ mich schwach fühlen. Wer weiß, vielleicht war ich ja auch schwach. Und wertlos. Und erbärmlich.

Hör auf. Das ist nicht wahr!

Woher willst du das wissen?

Ich weiß es. Du bist alles, aber nicht wertlos. Du bist...

Meine Motivationsgedanken hielten ebenfalls inne. Ich war ein Niemand. Würde ich nicht Potter heißen, würde ich hier garkeine Freunde haben. Sie schlugen sich doch nur mit meinem Charakter herum, weil sie es mussten, oder weil sie Mitleid mit mir hatten.

Ich spürte, dass mein Gesicht nass war. Das Krankenzelt war leer. Alle waren schon gegangen.
„Potter? Sie dürfen nun gehen", ertönte Madam Pomfreys Stimme.
„J-Ja Madam." Es war schwierig, die Schluchzer zu unterdrücken, um vernünftig Reden zu können.

Ich stand auf, schnappte einen der beiden Handspiegel, die neben mir auf der Kommode lagen und wischte meine Tränen weg. Ich fächelte mir mit der Hand Luft zu, damit mein Gesicht trocknete, blickte nach oben, um die Tränen zurückzuhalten. Einige Minuten später lächelte ich versucht vor dem Spiegel, achtete darauf, dass es echt aussah. Ich musste ein paarmal üben, um es hinzubekommen. Mit diesem aufgesetzten Lächeln verließ ich das Krankenzelt und tat so, als wären keine Zwischenfälle gewesen.

Es waren immer noch einpaar Leute da und so musste ich das Lächeln weiterhin aufsetzen. Ich wünschte, es wäre schon Abend, dann könnte ich einfach in meine Bettdecke hineinheulen und niemand würde es mitbekommen.
Ich wollte an einen Ort, an dem mich niemand stören konnte. An dem mich niemand finden konnte, nicht einmal die Karte des Rumtreibers.
Mir kam der Astronomieturm in den Sinn. Doch die Idee verwarf ich. Draco hielt sich dort immer auf und las oder machte andere Sachen. Auf ihn wollte ich gerade verzichten, auch, wenn er mir womöglich das Leben gerettet hatte.
Ich wollte niemanden um mich herum.

Ich ging ziellos durch das Schloss, ging Treppen hoch und runter, suchte nach Orten, die keiner kannte.
Auf einmal sah ich, wie in der Wand, an der ich gerade vorbeilief, eine Tür erschien. Ich öffnete sie unsicher und schloss sie leise hinter mir.
Der Raum war wie für mich gemacht. Da war eine gemütliche Couch und eine Decke, einige Bücher lagen etwas unordentlich verstreut. Er war klein und gemütlich. Und neben der Couch war ein kleiner Tisch, auf dem ein dampfender, nach Früchten riechender Tee stand. Und Schokolade.
Als würde dieser Raum wissen, was ich wollte.

Ich verbrachte meine Zeit in diesem Raum umd verlor diese aus den Augen. Ich blätterte in den Büchern herum, las das Erste und dann das Zweite. Aß die Schokolade. Und schlief dann schließlich einfach auf der Couch ein. Als ich aufwachte, brauchte ich dringend die Uhrzeit. Ich hatte vergessen, wie lange ich schon hier war. Der Raum schien das zu merken, denn eine nicht-tickende Uhr erschien auf dem kleinen Tisch. Dieser Raum schien ein Gedächtnis zu haben. Ich sah, dass wir fünf Uhr nachmittags hatten und zwang mich, von diesem einzigartigen Raum zu verabschieden.

YOU. AND. I. // DRACO MALFOY FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt