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Ein wenig später traf er auch schon ein und lehnte sich genauso wie ich an das Geländer. Die Sonne schien schon unterzugehen, es war Dezember und in wenigen Tagen würden die Weihnachtsferien beginnen.
Ich fragte mich, was er nun sagen, oder zeigen würde.
„Draco?"
Draco hielt mir nur einen zerknüllten Zettel hin und ich nahm ihn entgegen, ehe ich ihn öffnete.

Draco,

Ich möchte, dass du sich dem Inquisitionskommando anschließt. Es ist zu deinem und unserem Besten. Wage es nicht, den Ruf der Malfoy-Familie zu zerstören, indem du dich mit Schlammblütern und Blutsverrätern abgibst.

Dein Vater.

Ziemlich trocken. Fast schon wie eine Drohung, ein Befehl.
Lucius Malfoy. Ich kannte Lucius Malfoy nicht, aber ich habe ihn einige Male gesehen, und er kam mir total unfreundlich rüber. Mr. Weasley sprach auch nie gut von ihm, daher mochte ich ihn nicht.

Ich gab Draco den Brief zurück. „Was...?"
„Als du mich gefragt hast, wie meine Ferien waren, habe ich dir nie geantwortet", sagte er und sah weg.
„Ja...?"
Eine Pause war da.
„Kann ich dir vertrauen?", platzte er dann heraus.
„Was? Klar kannst du."
Er atmete tief ein.

„Du hattest recht, man. Du hattest Recht. Ich weiß ganz genau, dass er zurück ist. V— Du-weißt-schon-wer. Und seit er zurück ist, verhält sich mein Vater so anders. Nicht einmal meine Mutter erkennt ihn wieder. Er war schon immer—autoritär— aber in letzter Zeit..."
Er hörte auf, zu reden.

Autoritär, das Wort hörte sich anders an, als es sollte. Ich war mir sicher, dass Lucius Malfoy nicht nur streng, sondern auch ganz schön angsteinflößend sein konnte. Konnte es sein, dass Draco sogar Angst vor ihm hatte?

————-

Avery sah den blassen Jungen von der Seite an. Sie überlegte, wie grausam Lucius Malfoy wohl sein musste, damit Draco Angst vor ihm bekam.
Hatte er überhaupt Angst? Vielleicht dachte sie auch zu viel nach.

Draco war erstaunt. Er hatte sich Avery geöffnet und wagte nicht, in ihre Augen zu sehen, weshalb er einfach nur in den Himmel blickte. Etwas in ihm hatte ihn dazu bewegt, ihr endlich zu sagen, was los war. Die Wahrheit war, dass er Angst vor seinem Vater hatte. Er schüchterte ihn ein, die Art, wie er redete, ging, und gestikulierte.
Wartet nur ab, bis mein Vater davon erfährt", ein Satz, den Draco immer aussprach, weil er unterbewusst dachte, dass auch die anderen Schüler Angst vor ihm hätten, auch, wenn er es niemals zugegeben hätte. Diese zogen diesen Satz allerdings immer ins Lächerliche, aber sie hatten auch nicht Lucius Malfoy als Vater.

Als Voldemort zurückgekehrt war, wurde Lucius Malfoy immer gestresster, nachdem er einen Auftrag von ihm bekam. Er hatte sogar einmal seinen Zauberstab gegen seinen Sohn erhoben und hätte ihm beinahe einen schwarzmagischen Fluch auf den Hals gejagt, hätte sich nicht Dracos Mutter dazwischengeworfen und ihren Ehemann entwaffnet.
Auch Narzissa Malfoy bekam Lucius Malfoys Stress zu spüren. Wortwörtlich.
Aber das wollte Draco Avery nicht sagen. Sein Stolz hielt ihn davon ab, auch, wenn er ihn am liebsten beiseitegeschubst hätte, aber es ging nunmal nicht.
Auch, wenn Avery die beste Freundin war, die er jemals hatte.
Und das war sie wahrscheinlich, weil sie sie selbst war und ihm offen ihre Meinung sagte, nicht, wie seine anderen Freunde.

-AVERY-

„Du weißt schon, dass du mich ansehen kannst, oder?", fragte ich.
Draco drehte sich um und blickte mir direkt in die Augen. Ich hatte vergessen, was für einen durchdringenden Blick er hatte. Es war, als würde er mir in die Seele schauen und ich schauderte, als ich das mir vertraute Kribbeln wieder spürte.
„Du vertraust mir?", fragte ich leise.
Was für eine Frage, dachte ich. Natürlich tut er das, oder?
Er nickte leicht.

YOU. AND. I. // DRACO MALFOY FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt