Kapitel 5

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Ich wachte früh am Morgen auf.Es war Mittwoch.Mir kam der gestrige Tag in Erinnerung.Dachdem meine Mutter abgehauen war,bin ich irgendwann eingeschlafen.

Ich strich mit durch die Haare und stand auf.Leise ging ich ins Bad und bekam einen riesen Schock,als ich mein Spiegelbild erblickte.Mein Gesicht war übersät mit blauer Flecken,manche gefährlich nah am Auge.Hatte sie mich so dolle geschlagen?Ich erinnerte mich wieder an die Schmerzen die ich gehabt habe,die ich teilweise immer noch haben.Die Hämathome waren berechtigt.Ich hätte nie gedacht,dass meine Mutter so stark zuschlagen kann.

Auf alle Fälle konnte ich so definitiv nicht in die Schule gehen.Was würden die wohl alle denken?Herrausreden konnte man sich wohl kaum,dass hieß ich blieb die restliche Woche zuhause.Ich verließ das Bad wieder und ging das Telefon suchen.Auf meinem Weg kam ich an dem Zimmer meiner Mutter vorbei,die Tür war offen und ich schaute kurz hinein.Es war leer.Ich ging in die Küche und dann ins Wohnzimmer.Sie war nicht da.Das war mal wieder typisch für sie,sobald es das kleinste Problem gab,haute sie ab.

Ich wählte die Nummer der Schule.

"Schmitz-Ebert-Gymnasium sie sprechen mit Sekretärin Angelika Sonnenfeld,was kann ich für sie tun?"

"Guten Tag,Frau Gießinger mein Name.Ich würde meine Tochter,Clarissa Gießinger,gerne krank melden.Sie hat hohes Fieber und eine starke Erkältung.Der Arzt meint,sie solle den Rest der Woche zuhause im Bett verbringen,"sagte ich mit verstellter Stimme.

"In welche Klasse geht ihre Tochter denn,Frau Gießinger?"

"In die 10a und es wäre sehr nett,wenn sie ihr den verpasste Schulstoff per E-mail zusenden,damit sie nicht all zu viel wiederholen muss."

"Aber sicher doch,ich notiere es mir gleich.Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag,auf Wiedersehen."

"Auf Wiedersehen."

Geschafft.Und das ohne Verdacht zu erregen.Das hieß ich konnte jetzt entspannen.Bei meiner Arbeit würde ich später anrufen.Mein Magen fing an zu knurren.Ich hatte Hunger!Und da heute mein Gehalt,ja ich bekam diesen immer Mitte des Monats,auf mein Konto überwiesen worden war,beschloss ich direkt einkaufen zu gehen.

Ich zog mir schnell vernünftige Klamotten an,schnappte mir meinen Schlüssel und meine Tasche und los ging es.Der Supermarkt lag nur fünf Minuten entfernt und so schlenderte ich gemütlich dahin.Ich musste nur aufpassen,dass mich niemand sieht.

"Clarissa?",ich hörte wie jemand meinen Namen sagte.Ich stand gerade in der Käse-Abteilung und überlegte welchen Käse ich nehmen sollte.Mir rutschte das Herz in die Hose verdammt.Ich schaute auf,Karim stand dirket neben mir.

"Hey,was für ein Zufall das wir uns hier sehen",sagte er mit seinem unglaublich süßen französischen Akkzent."Bist du auch auf dem Weg zur Schule?"

"Hey.Also eigentlich nicht.Mir gehts nicht sonderlich gut und da bleibe ich lieber zuhause.Wir hatten nur kaum etwas zu essen mehr und deshalb besorg ich kurz was."

"Dir gehts nischt gut?"Er guckte etwas schuldbewusst zu Boden.

"Ja,ich bin erkältet,habe Kopfschmerzen,Fieber und so weiter."

Sein Gesicht nahm einen erleichterten Ausdruck an."Achso,isch dachte es wäre wegen diesen Sachen,die momentan so in der Schule passieren."

Er war an "diesen Sachen",oder besser gesagt an "diesem Mobbing",doch selbst beteiligt,also wozu das Ganze hier?Hatte er Schuldgefühle bekommen?Wohl kaum.Wie er mich ankotzte!

"Ich muss jetzt aber auch mal weiter",sagte ich und ignorierte seine letzte Bemerkung.Ich wollte an ihm vorbei gehen.

Er hielt mich am Arm zurück."Warte bitte noch kurz,isch muss dir noch was wichtiges sagen."

"Sorry ich möchte jetzt wirklich nur noch ins Bett",und dann ließ ich ihn einfach stehen und ging in Richtung Kasse.Mich interessierte es nicht,was er noch zu sagen hatte.Er ist und blieb ein komplettes Arschloch ,ein komplett gut aussehendes Arschloch.

Ich bezahlte meine Einkäufe an der Kasse und ging nachhause.Ich freute mich schon auf ein leckeres Brötchen mit Marmelade und einen heißen Tee dazu.Hoffentlich war meine Mutter nicht schon wieder da,dass würde mir die Stimmung richtig vermiesen.

Zuhause angekommen,zog ich meine alten,zerflederten Chucks aus und hängte meine Lederjacke an einen Hacken."Hallo",rief ich durch die Wohnung.Keine Antwort,perfekt,dachte ich mir.In der Küche holte ich einen Teller aus der Spülmaschine und fing an mir mein Brötchen zu schmieren.

Ein paar Minuten später saß ich schon mit dem Teller,einer Tasse voll Tee und einem Buch in meinem Bett und began zu essen.Mhhh war das lecker.

Ich hörte wie die Haustür aufging."Clarissa?Bist du zuhause?"

Shit meine Mutter,ich aß schnell das letzte Stück von meinem Brötchen auf und überlegte fieberhaft was ich tun sollte.Ich wollte sie nicht sehen.ich hatte Angst vor ihr!Sie klopfte an meine Zimmertür und trat ein.

"Wie ich sehe warst du einkaufen,gut gemacht",sie war nüchtern,sonst würde sie mich nicht loben.

"Ja"

"Wieso bist du nicht in der Schule?"

"Geht schlecht mit dem fast blauen Auge und den restlichen Hämathomen,oder?"

"Du hast recht.Die Leute würden nur fragen stellen.So hast du aber immerhin genug Zeit,die Wohnung schön aufzuräumen.Ich gehe jetzt nämlich ins Bett."

Und damit ging sie.Ich schaute ihr perplex nach.Kein "Es tut mir so unendlich Leid,es wird nie wieder vorkommen".Sie hat noch nicht mal Bedauerung gezeigt.Ich konnte es nicht fassen.Wie konnte ein Mensch so sein?

Aus Angst,dass sie wieder wütend werden würde,fing ich mit dem putzen an.Um 21:00 Uhr,war alles tip top aufgeräumt und saubert.Sogar das Schlafzimmer meiner Mutter.Ich machte mir noch schnell Abendessen,eine Scheibe Brot mit Käse,und ging dann zu Bett.

Plötzlich musste ich an Karim denken.An seine unglaublich schönen Augen,seinen süßen Akkzent und seinen verletzten Blick,als ich ihn heute einfach so stehen gelassen habe.Moment Mal,verletzt?!Wieso hatte er verletzt ausgeschaut?Wahrscheinlich,weil sein Ego es nicht ertragen konnte,einfach so ignoriert zu werden.Aber egal ich musste ihn nämlich so schnell wie möglich aus meinem Kopf verbannen.Ich konnte es mir nicht leisten,mir gedanken um einen Jungen zu machen,dafür war mein Leben zu kompliziert.

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