Kapitel 41

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Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte und Karim mir versichert hatte, dass er immer für mich da sein würde hatte ich mich auf seinen Roller gesetzt und wir waren zur Schule gefahren. Auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, wie ich denn Tag überleben sollte. Mein ganzer Körper schmerzte wie die Hölle und mir wurde immer wieder schwindelig, doch ich probierte mir nichts anmerken zu lassen. Schließlich konnte ich nicht nachhause gehen. Da war meine Mutter und der konnte ich nicht mehr gegenüber treten. Ihre Worte hallten immer noch in meinem Kopf wieder

„Missgeburt. Es war ein Fehler dich je bekommen zu haben. Ich hätte dich abtreiben sollen. Du bist nur Ballast!"


Diese Worte trieben mir immer wieder aufs Neue die Tränen in die Augen, doch ich versuchte sie zu unterdrücken. Ich weinte viel zu oft vor Karim. Ich schmiegte mich eng an seinen Rücken, während der Fahrtwind eisig kalt um uns umher wehte. Zum Glück hatte ich jetzt eine warme Daunenjacke. Sonst wär ich glatt erfroren.


Er stellte seine Vespa in der Nähe von der Schule ab und half mir von meinem Sitz runterzukommen. Das machte er sonst nie, aber er hatte wohl bemerkt in was für einer schlechten körperlichen Verfassung ich war.

„Willst du heute wirklisch zur Schule gehen?", fragte er besorgt. „Du siehst überhaupt nischt gut aus!"

„Ja, ich bin mir sicher. Bleib einfach in meiner Nähe, dann passiert mir nichts", sagte ich matt. Meine Stimme klang vollkommen kraftlos, also ich setzte ein falsches Lächeln auf, um diese Tatsache zu überspielen.

„Das lässt sisch einrischten", meinte er verführerisch und küsste mich auf meine Stirn.


Die Schule war über Nacht mit Plakaten nur so zugekleistert worden. Überall hingen sie. Große, blaue Plakate mit der Aufschrift „Winterball! Kauft jetzt schon eure Karten!"

„Das hab ich ganz vergessen", murmelte ich vor mir hin. Der Winterball war wie jedes Jahr am letzten Schultag. Dieses Jahr war es der 20.12. Es war das Event an unserer Schule und so gut wie jeder ging dorthin. Außer mir. Ich war bisher noch nie dort gewesen. Zum einen, weil mich in den letzten Jahren nie ein Junge gefragt hatte, ob ich mit ihm dahin gehen möchte und zum anderen, weil ich auch keine Freunde gehabt hatte mit denen ich dahin hätte gehen können.


„Was hast du vergessen?", fragte Karim interessiert.

„Ach, nichts. Nur, dass bald ja dieser Winterball ist. Riesen Event hier, weißt du", antwortete ich.

„Hab isch schon von gehört. Melissa hat mir vor Monaten schon davon erzählt. Sie wollte unbedingt mit mir dahin gehen", sagte er gelassen.

„Oh", machte ich.

„Isch habe ihr gesagt, dass es wohl noch etwas früh sei um sich über sowas schon Gedanken zu machen. Aber wir, isch meine, wir könnte da ja vielleicht zusammen hingehen?", fragte er unsicher.

Mein Gesicht erstrahlte.

„Gerne", antwortete ich schüchtern.

„Dann ist das abgemacht!", sagte er fröhlich und legte seinen Arm, wie so oft schon, um meine Schulter. Ich wiederum legte zum ersten Mal meinen Arm um seine Taille, damit ich einen festeren Halt hatte. Ich merkte nämlich wie mir wieder schwindelig wurde.

„Alles in Ordnung?", fragte er direkt. Die Sorge, die in seiner Stimme mitklang, war nicht zu überhören.

„Jaa", sagte ich und probierter meiner Stimme einen festen Klang zu geben. Sein Gesicht verschwamm vor meinen Augen und ich spürte wie Übelkeit in mir hoch stieg.

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