Kapitel 15

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Karims Sicht

Sie schmiegte sich enger an meine Brust.Mein Herz began schneller zu schlagen.Sie sah so süß aus wenn sie schlief.Ihr Haar hing ihr leicht ins Gesicht und warf einen Schatten auf.Sie wirkte so friedlich,so glücklich.Etwas was sie im wachem Zustand nicht sein konnte.Nicht durfte.Dafür hatten meine tollen "Freunde" nun entgültig gesorgt.Sie hatte schon früher nicht viel gelacht,eigentlich nie.Immer ein ernstes Gesicht.Wenn sie sich freute,dann leise,stumm,für keiner Mann sichtbar.Nur ihre Augen fingen an,leicht zu strahlen.Nie so stark,dass man behaupten könnte,dass sie vollkommene Freude oder vollkommenes Glück empfinden würde.

Jedoch war es in letzter Zeit besser geworden.Sie hatte viel mehr gelacht,wenn wir zusammen waren.Und wenn man sie erst mal kannte,erkannte man,dass hinter ihrer Fassade viel mehr steckt,als das brave Mädchen von nebenan.Trotzdem hatte sie immer etwas trauriges,etwas verletztendes um sich.Wie ein Schleier,der nie abfiel,selbst wenn sie lachte.Ich kannte sie gerade einmal ein paar Tage,obwohl es mir vorkam wie eine Ewigkeit und so konnte ich natürlich nicht sagen,was dieser Schleier bedeutete.Leiden war definitiv ein großer Bestandteil,doch weswegen sie so leidete konnte ich nicht sagen.Noch nicht.Das Mobbing in der Schule war bestimmt ein Grund und doch konnte ich mir nicht vorstellen,dass,das alles war.

"Isch weiß wie sich allein sein anfühlt",flüsterte ich in die Stille hinein.Doch sie war schon eingeschlafen.Vielleicht war es besser so.Doch ich musste es einmal losgeworden sein.

Wie wiedersprüchlich es gewesen war,ihr zu sagen,dass sie stark sei,dass ich an sie glauben würden und,dass wir das zusammen durchziehen,obwohl ich doch selber meine Narben verstecken musste.Obwohl ich doch noch nicht mal selber an mich glaubte.Doch sie durfte es nicht erfahren.Keiner durfte es je erfahren.Meine Welt würde zusammen brechen und die Folgen wären unerträglich.Doch vielleicht verstand sie es,schließlich hatte ich sie einmal ebenfalls mit blauen Flecken erwischt.Vielleicht machte sie das selbe durch wie ich?Doch die Flecken hätten auch von ihrem Sturz im Flur gekommen sein.Als Matt ihr absichtlich ein Bein gestellt hatte.Schließlich war sie nach vorne gefallen.Es war nur verständlich,dass sich Hämathome gebildet hatten.

Ich sollte nicht darauf hoffen,dass es jemanden gab,der das Selbe durchmachte wie ich.Mich verstehen könnte.Doch zugleich würde ich  es keinem wünschen wollen.Es war die reinste Hölle!

Wenn es wärmer wurde,würde ich Probleme haben,die Narben zu verstecken.Jetzt,im Winter war das kein Problem.Vielleicht war er bis dahin aber wieder der "Alte"? Der alte Vater,der mir abends immer vorgelesen hatte und mir immer heimlich ein Eis gekauft hatte?Der Vater,der stolz auf seinen Sohn war,weil dieser sein erstes Tor geschossen hatte?Zu dem ich mit all meinen Problemen hatte kommen können und der mir immer die besten Ratschläge gegeben hatte?

Doch ich sollte mir nichts vormachen.Er würde sich nicht ändern.Er würde für immer das Monster bleiben,dass,das viele Geld aus ihm gemacht hatte.Das Monster,dass seine eigenen Frau und seinen Sohn schlug.Auf übelste misshandelt.Ich spürte wie sich meine Kehle zuzog.

Es hatte alles im Februar angefangen.Mein Vater war zum Firmenchef ernannt worden.Der Druck stieg natürlich.Damit auch der Stress.Am Anfang bemühte er sich,sich nichts anmerken zu lassen,doch er wurde immer gereizter.Eines Abends kam er nachhause.Ein großer Deal war geplatzt und er war am verzweifeln.Wütend auf sich selbst.An diesem Abend hatte er meine Mutter das erste mal geschlagen.Ich hatte sie schreien hören.

Das ging ab dann fast jeden Abend so.Anfangs hatte sie sich noch gewehrt,seine Befehle nicht befolgt,doch irgendwann hatte sie aufgegeben und sich ihm gefügt.Doch für meinen Vater war sie nie gut genug und er schlug sie immer weiter.Sie verließ das Haus nicht mehr,aus Angst die Nachbarn könnten Fragen stellen.

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