Kapitel 50

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„AHHHH!!!", schrie ich und saß kerzengerade im Bett. 

Mein Herz pochte laut und ich atmete schnell ein und aus. 

„Was ist los", fragte eine panische Stimme neben mir. 

„Alptraum", keuchte ich. 

Mein Atem beruhigte sich langsam und ich sank zurück in meine Kissen. Karim, der sich bei meinem Schrei ebenfalls aufgerichtet hatte, machte es mir nach und zog mich dann behutsam in seine Arme. Mein Rücken presste sich an seinen Oberkörper und ich umfasste seine Hände, die unterhalb meines Bauchnabels lagen. 

„Alles ist gut", flüsterte er, als er bemerkte wie ich zitterte. 

Seine Arme zogen mich fester an sich. Ich spürte wie seine Körperwärme langsam auf mich überging und ich mich anfing zu entspannen. Es war nur ein Traum gewesen. 

„Magst du mir von deinem Traum erzählen?", fragte er sanft.Unter normalen Umständen hätte ich jetzt meinen Kopf geschüttelt und seine Frage verneint, doch er wusste eh schon all meine Geheimnisse, also konnte ich ihm auch von meinen Träumen erzählen. 

„Es war dunkel", fing ich an. „Ich konnte nichts sehen, doch wusste ich das noch jemand anderes da war. Wo ich war wusste ich auch nicht. Dann erschien ein Licht, ich wusste nicht woher es kam und ich sah meine Mutter. Sie stand mir gegenüber. Ihr Gesicht war voller Hass. Sie hat gesagt alles wäre meine Schuld. Dass ich ihr Leben versaut hätte. Sie hat mich beschimpft, mich verflucht. Dann hat sie angefangen mich zu schlagen. Erst war es nur ihre Hand, dann ihre Faust und schließlich hat sie alle möglichen Gegenstände auf mich geworfen. Ich hab nicht gesehen, woher sie diese Sachen nahm. Teller, Vasen, Stühle. Ich bin zu wimmernd Boden gegangen. Dann hatte sie einen Stock in der Hand und hat ihn auf mich nieder sausen lassen. Immer und immer wieder. Ich habe mich unter ihr hin und her gewunden. Mir die Seele aus dem Leib geschrien. Sie hat geschrien, dass sie mich hasst und dann bin ich aufgewacht", erzählte ich ängstlich.

Langsam drehte ich mich um, um in seine Gesicht blicken zu können. 

„Es war nur ein Traum", flüsterte er. „Das ist nischt wirklisch passiert. Du brauchst keine Angst haben", sagte er sanft und schaute mir dabei in die Augen. 

„Es könnte aber Realität werden", sagte ich leise. 

Er lächelte traurig. „Isch weiß. Aber isch werde das nischt zulassen. Isch werde dich vor ihr beschützen!" 

„Aber wie willst du das tun?", fragte ich verzweifelt. 

„Du wirst jetzt erstmal hier wohnen, bis wir uns was überlegt haben", meinte er ruhig. 

Seine Augen blickten mich traurig und schmerzvoll an. Ich erinnerte mich wieder an den gestrigen Tag. Seine Narben leuchteten hell auf seinem nackten Oberkörper. Er hatte nur in Boxershorts geschlafen.Immer wenn ich ihn ansah, empfand ich so großes Mitleid. Was er durchleben musste, war so viel schlimmer, als das, was meine Mutter mir antat. Wie taktlos es von mir gewesen war über so einen Traum zu sprechen, obwohl ich doch hätte wissen müssen, welche Erinnerungen das bei ihm hervorrufen würde! Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein?! 

„Es tut mir leid! Ich hätte dir nicht von diesem Traum erzählen sollen. Ich habe nicht daran gedacht, was das für Erinnerungen in dir hoch rufen würde. Es war dumm von mir", flüsterte ich leise und strich ihm über seine makellose Wange. 

„Non, es war rischtig von dir, mir davon zu erzählen. So kann isch dir helfen. Meine Probleme sind im Moment egal", meinte er leise. 

„Nein!", widersprach ich. „Deine Probleme sind genauso schlimm! Schlimmer als meine!" 

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