Kapitel 59

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Karims Sicht:

Benommen wachte ich auf. Meine Augen hielt ich jedoch noch geschlossen, ich hatte keine Kraft sie zu öffnen. Der wunderbare Schwebezustand, in dem ich mich befunden hatte, hörte plötzlich auf. Das Erste, was ich wahrnahm, war mein schmerzender Körper. Jede einzelne Stelle brannte wie die Hölle. Die Schmerzen waren kaum auszuhalten und am liebsten wäre ich auf der Stelle wieder eingeschlafen oder in Ohnmacht gefallen, nur um diese Schmerzen loszuwerden. Das Nächste was ich wahrnahm, war ein leise Schluchzen. Ich wollte meine Augen öffnen, um zu sehen wer da so heftig weinte, doch ich schaffte es einfach nicht. Zu groß waren meine Schmerzen und meine Erschöpfung. Vorsichtig probierte ich mich zu bewegen. Doch auch dies klappte nicht. Die Befehle, mich zu bewegen, kamen zwar bei meinem Gehirn an, doch mein Körper führte sie nicht aus. Panik stieg in mir auf. Das durfte nicht sein! Wie konnte es so weit kommen. Was war passiert?

Sofort fiel mir wieder mein Vater ein. Schnell probierte ich den Gedanken an ihn zu vertreiben. Ich würde definitiv Alpträume bekommen. Das hieß, falls ich mich je wieder bewegen konnte. Aber eins war klar, mein Vater war nun endgültig für mich gestorben. So etwas war einfach unverzeihlich selbst wenn er seine Gründe gehabt hatte.

„Karim", schluchzte da die Person über mir. Ich erkannte sofort ihre Stimme. Clarissa. Doch was tat sie hier? Was war passiert, während ich mich in diesem komischen Schwebezustand befanden hatte? Wann war sie hier aufgetaucht? Und wo war überhaupt mein Vater? Dunkel erinnerte ich mich noch an eine Gestallt, die sich zwischen mich und meinen Vater gedrängt hatte. War das Clarissa gewesen?

„Karim", schluchzte sie erneut. „Bitte wach auf. Bitte!"

Sie klang so verzweifelt und traurig, dass ich sie am liebsten sofort in die Arme geschlossen hätte, um ihren Kummer zu stillen.

„Ich brauche dich! Ohne dich schaff ich das alles nicht! Ohne dich macht mein Leben endgültig keine Sinn mehr!", schniefte sie.

Diese Worte stachen sich in meinen Herz ein, wie unzählige Nadelstiche.

Ich konnte es nicht ertragen sie so traurig und hoffnungslos zu hören. Auch konnte ich ihre Worte nicht ertragen. Krampfhaft versuchte ich meine Augen zu öffnen. Erst wollte es mir mal wieder nicht gelingen, doch dann schaffte ich es endlich! Blinzelnd schlug ich meine Augenlider auf. Ich musste mich erst noch an das grelle Licht meiner Deckenlampe gewöhnen.

Schließlich hatten sich meine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Bewegen konnte ich mich trotz jeglicher Anstrengungen aber immer noch nicht. Und so lang ich einfach nur ziemlich steif auf dem Boden. Über mir kniete Clarissa. Mein Kopf lag in ihrem Schoß. Sie trug nur einen BH. Wieso? Ihre Augen waren vom Weinen rot gerändert und ihre Wangen sahen ziemlich nass aus.

„Oh Karim", hauchte sie glücklich und brach erneut in Tränen aus. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht!" brachte sie undeutlich hervor.

Ich wollte meinen Arm ausstrecken und ihr die Tränen von den Wangen streichen, doch mein Körper wollte einfach nicht!
„Mir geht es gut", murmelte ich matt, obwohl das eine glatte Lüge war. Mir schmerzte immer noch alles. Mein Stimme hörte sich seltsam schwach an.

„Red doch keinen Scheiß!", schluchzte sie. „Du siehst schlimm aus! Du blutest und du kannst dich kaum bewegen!", zählte sie die unübersehbaren Fakten auf.

„Wein nischt wegen mir! Bitte", hauchte ich. Meine Augen waren kurz davor wieder zu zufallen.

Sie brachte ein kleines Lächeln zustande und wischte sich die Tränen von den Wangen.

„Soll ich dir einen Krankenwagen rufen?", fragte sie leise.

„Nein", flüsterte ich. „Keinen Arzt. Zu kompliziert." Wie sollte ich meine Verletzungen erklären? Konnte ich die Sache mit meinem Vater erzählen? Was würde dann passieren?

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