Kapitel 54

8K 329 83
                                    

Erschöpft schlug ich mein Augen auf. Wo war ich? Mein Blick huschte umher und ich realisierte, dass ich mal wieder im Krankenzimmer war. Was war passiert? Ich rieb mir meinen pochenden Kopf, als mir die Szene im Flur wieder einfiel. Oh nein! Am liebsten würde ich gleich wieder einschlafen, damit ich meine Gedanken entfliehen konnte. Es war so demütigend gewesen und dann war ich, glaube ich komplett ausgerastet. Ich konnte mich nicht mehr an jede Kleinigkeit erinnern, doch ich hatte gebrüllt. Viel gebrüllt.Eine warme Hand griff nach meiner Eiskalten. 

 „Karim", hauchte ich, als ich neben mich blickte. 

„Chérie. Wie geht es dir?", fragte er besorgt. 

„Besser", murmelte ich und richtete mich langsam auf. 

Karim war sofort zur Stelle und half mir, mich aufzusetzen.„Gehts", fragte er noch eine Spur besorgter, als ich müde gegen die Wand lehnte. 

Ich nickte. „Ja, alles in Ordnung." 

„Was ist passiert? Isch habe nur die Hälfte mitbekommen", meinte er mitfühlend.Sofort strömten wieder die schrecklichen Erinnerungen der vergangenen Stunde auf mich ein. 

„Ich kann noch nicht darüber reden Karim", gestand ich leise. 

„Kein Problem", sagte er. „Es tut mir leid, dass isch erst so spät kam. Aber isch wurde aufgehalten."„Was wollte Matt eigentlich?", fragte ich um vom Thema abzulenken.„Er hat gesagt, isch solle misch von dir verhalten, weil Nils etwas von dir will", knurrte Karin wütend. In seinen Augen flackerte Hass auf. So hatte ich ihn noch nie gesehen.„Matt hat misch im Klassenraum eingesperrt, damit isch nischt zu dir konnte." 

„Was?!", keuchte ich. Das konnte nicht wahr sein. Wer war so krank und machte so etwas?! 

„Lukas hat mich im Endeffekt befreit. Ihm tut das alles sehr leid", erklärte Karim. „Er war eben noch hier und hat sich entschuldigt. Als du dich geregt hast, ist er gegangen. Er wollte disch nischt erschrecke." 

„Nett von ihm", flüsterte ich matt. „Wo ist eigentlich diese Krankenschwester, sollte die nicht hier sein?", fiel mir plötzlich ein. 

„Sie holt Frau Knöpfer", sagte Karim mürrisch. „Sie ist der Auffassung, dass du mal mit ihr reden solltest, wegen deinem Anfall heute." 

Aus seiner Miene konnte ich schließen, dass er das gar nicht gut hieß. 

„Ich will nicht mit der reden", sagte ich bockig. 

„Isch weiß, chérie, aber es gibt keinen anderen Ausweg. Vielleicht kann sie dir wirklisch helfen." 

„Das glaube ich kaum, aber na gut", stimmte ich trotzig zu und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Meine Wange brannte immer noch und mein Kopf pochte unangenehm. Es war immer wieder erstaunlich wie fest jemand zuschlagen konnte. Bestimmt leuchtet mein Wange auch noch in einem netten rot.Einige Minuten später, in denen Karim und dich nicht viel gesagt hatten, betrat Frau Knöpfer zusammen mit der Krankenschwester den Raum. 

„Hallo Clarissa", begrüßte mich unsere Vertrauenslehrerin. 

„Hallo", antwortete ich knapp.„Karim, wärst du so lieb und wartest mit Frau Schmidt draußen in ihrem Büro, bis wir hier fertig sind?" 

So hieß die Schwester also. Frau Schmidt. Was für ein ordinärer Name!Karims Gesichtsausdruck wechselte von erleichtert und froh zu missmutig und genervt.„Natürlisch", antwortete er und zauberte ein gefälschtes Lächeln auf sein Gesicht. 

„Bis gleich chérie", fügte er hinzu und küsste mich flüchtig auf den Mund. 

„Ciao, Schatz" ,hauchte ich und widmete mich Frau Knöpfer die auf dem Stuhl, auf dem zuvor Karim gesessen hatte, Platz nahm. Karim huschte aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. 

AlleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt