36.

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"Ich kann aber nicht mehr.", aufgebracht versetzt der dunkelhaarige Mann den klapprigen Bett einen herzhaften Tritt.
Einige Splitter des brüchige Holzes fliegen durch die Luft.

Hier sind wir also wieder.
Wieder in Hogwarts, wieder mitten drinnen.
Die Ruhe von Elterwater liegt schon eine Woche zurück, eine Woche, in der ich so glücklich war, wie schon lange nicht mehr.

Aber hier warten auch die altbekannten Probleme wieder auf mich.
"Sirius...", beschwichtigend hebe ich meine Hände. "Wenn du etwas überstürzt, landest du garantiert wieder in Askaban und ich glaube nicht, dass dir das gefallen würde."

Immernoch etwas mürrisch fährt er sich durch die verfilzten Haare.
"Aber ich kann doch nicht ewig warten!"

Eigentlich ist alles noch ein wenig komplizierter geworden, seitdem Remus auch von Sirius weiß.
Er hat mich gebeten, es erst mal nicht gegenüber Sirius zu erwähnen, viel zu unsicher und verwirrt hat ihn der Gedanke, dass Peter noch am Leben sein könnte.
Kann man es uhn verübeln?

Trotzdem arbeiten wir zusammen.
Remus und ich.
Ein seltsames, aber mehr als gutes Gefühl.
Und Sirius hat keine Ahnung, dass einer seiner alten Freunde auf seiner Seite steht.

"Wenn der richtige Moment kommt, dann werde ich dir auch gerne helfen, aber fürs erste solltest du dich ruhig verhalten."

"Ruhig verhalten.", seine Augen zucken kurz zu mir, bevor sich sich wieder in der Ferne verlieren. "Ich soll mich ruhig verhalten, wenn die Gerechtigkeit doch so nahe ist?"

"Exakt.", so sehr ich mir auch wünsche ihn in Freiheit zu sehen, müssen wir doch noch warten.
Wie lange weiß ich nicht.
Aber nur ein Fehltritt würde ausreichen um alles zu ruinieren.

Sirius kneift kurz die Augen zusammen,  als wäre er vom Mondlicht geblendet.
"Es ist nur so schwer."

Ich will gar nicht wissen, wie es sich angefühlt haben muss, jahrelang in Askaban festzusitzen und zu allem Überfluss auch noch von der gesamten Zaubererwelt gehasst zu werden.

Er will Gerechtigkeit.
Aber was bedeutet Gerechtigkeit?

"Du willst ihn töten, oder?"
Zum ersten Mal spreche ich die Vermutung aus, die ich schon viel zu lange mit mir trage.
Wenn Sirius Peter angesicht zu angesicht gegenübersteht kann ich mir nicht vorstellen, dass er sich zurückhalten wird.

Der Mann wirft mir einen kurzen Blick von der Seite zu, bevor er seinen Kopf senkt und langsam nickt.
"Ja."

"Du weißt, dass du danach kein Leben mehr haben wirst."
Mit einem Mal fühlt sich meine Brust ganz eng an.
Wenn auch Remus...
Nein.
"Mörder kommen wieder nach Askaban. Was ist mit der Freiheit?"

"Ich will frei sein. Aber noch mehr will ich Gerechtigkeit.", aus seiner Stimme kann man all die Wut, all den Hass heraushören. "Wegen ihm saß ich jahrelang in Askaban. Und noch schlimmer. Wegen ihm sind James und Lilly gestorben. Er hat mir mehr als nur zwöf Jahre meines Lebens genommen."

"Ich werde dir nicht helfen, einen Menschen zu töten.", stelle ich klar. So sehr ich seinen auch Hass verstehe, das Leben eines anderen will ich nicht auf dem Gewissen haben. Auch wenn es das Leben eines Verräters ist.
"Wenn du ihn wirklich bestrafen willst, dann übergibst du ihn den Dementoren."

In mir keimt die Furcht, dass Remus genauso fühlt, dass er bereit wäre, Peter zu töten.
Dann würde ich beide verlieren, Sirius und Remus.
Und das ist nichts, das ich jemals erleben möchte.

"Ich werde ihn töten. Das ist Gerechtigkeit.", eine eisige Kälte schwingt in seinen Worten mit, die keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit lässt.

Aprupt stehe ich auf.
Die Hütte kommt mir mit einem Mal so klein und beengend vor.
Wird hier ein Mensch sein Leben lassen?
"Du stürzt dich selbst ins Verderben."

"Das ist mir egal.", auch seine Augen haben den sonst so wachen Glanz verloren.
Stumpf und ausdruckslos sieht er aus dem Fenster, hinaus in die Freiheit, die er niemals erreichen wird.
"Ich habe nichts zu verlieren."

Nichts?
Wirklich nichts?
"Wenn das so ist...", verletzt wende ich mich zum gehen. "Ich werde dir nicht helfen, dein Leben zu ruinieren."

Er Antwortet mir nicht.

Auf keinen Fall werde es riskieren, Remus, Sirius und mich selbst ins Unglück zu stürzen.

An der Tür mache ich noch einmal kurz Halt.
"Vielleicht bist du wirklich ein Monster."
Lauter als nötig schlage ich die Tür hinter mir zu.

Hoffentlich kommt er wieder zu Sinnen.
Er darf Peter hassen, hat er doch allen Grund dazu, aber in seinen Hass vergisst er sich selbst.

Das wird noch ein böses Ende nehmen.

Die Frau im Mond (Remus Lupin FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt