12.

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Er sollte Recht behalten.

Aus einem schönen Samstagmorgen wurde ein stürmischer Nachmittag.

Mit einen Blick mach draußen ziehe ich mir meinen dicken Mantel über.
Es sieht nach Regen aus...

Meinen Zauberstab und den Geldbeutel stecke ich mir in die Manteltasche.

Unwillkürlich erwische ich mich dabei, wie meine Gedanken wieder zu diesen einen Tag auschweifen, an dem dieser eine junge Zauberer sich an meinen Tisch setzte.

Nein.

Ich will jetzt nicht in Selbstmitleid versinken.
Kurzentschlossen verlasse ich meine Gemächer, haste die Treppen runter.

Einige Schüler machen sich auch gerade auf den Weg aus dem Schloss hinaus, ein paar kommen sogar schon wieder, die Taschen voll mit Süßigkeiten.

Es macht mich beinahe neidisch.
Ist bestimmt eine tolle Erfahrung, auf eine Zauberschule zu gehen.

Remus steht schon wartend im Innenhof, wird von einigen Schülern freundlich gegrüßt.
Seinen Kragen hat er gegen den Wind hochgestellt und hat zum Glück keine schief sitzende Krawatte an.

"Hey!", rufe ich ihn durch den heulenden Wind hindurch zu.

Seine Augen hellen sich etwas auf, als ich über den glatten Stein des Innenhofes auf ihn zu schlender.
"Bin ich zu spät?"

Er zuckt mit den Schulter. "Keine Ahnung. Ich bin auch gerade erst gekommen. Wollen wir?"
Einladend nickt er in Richtung des Weges, der direkt ins Dorf führt.

Will ich?

"Klar.", der Wind weht immer heftiger, als wir den Strom von Schülern folgen.
Mittlerweile bin ich froh, mir den dickeren Mantel angezogen zu haben.

"Wohin willst du gehen?", er kneift seine hellen Augen schützend gegen den Wind zusammen.

Die ersten Geschäfte kommen in unsere Sichtweite und damit auch die Erinnerungen.

"Keine Ahnung. Irgendwohin, wo es warm ist.", fröstelnd reibe ich meine kalten Hände aneinander. Handschuhe wären keine schlechte Idee gewesen.

Sein Atem lässt kleine Wölkchen in die Luft aufsteigen.
Es ist doch gerade erst Anfang Herbst, warum ist es schon so verdammt kalt?
"Wie wäre es, wenn wir erst zu Derwisch und Banges gehen, dann vielleicht in den Drei Besen. Ich war seit Jahren nicht mehr dort."

Drei Besen.
Mein Herz schlägt wieder schneller, als es sollte.
Wie gerne ich diese Kneipe hassen würde...

Tapfer nicke ich. "Okay."

"Alles gut?"
Anscheinend merkt man mir an, dass ich gerade nicht so recht weiß, was ich fühlen soll.

"Ja, klar.", peinlich berührt sehe ich weg. Jetzt nicht einen auf dramatisch machen, ich schaff das schon. "Mir frieren nur gleich meine Hände ab."

Gelogen ist es nicht, gefühlt wird es von Sekunde zu Sekunde kälter.

"Hm..."
Ehe ich mich versehe, nimmt er meine Hände zwischen seine.
Sie sind warm, der Griff vorsichtig, beinahe zurückhaltend.
Doch nur wenige rasend schnelle Herzschläge später ist die angenehme Wärme wieder verschwunden.
"Du hast recht. Kalt wie ein Eisklumpen. Wir sollten uns beeilen."

Seit vierzehn Jahren war ich nicht mehr in Hogsmeade.
Und es hat sich kein bisschen verändert.
Zu meiner Überraschung finde ich sogar noch den Weg zu Derwisch und Banges ohne Probleme.

Sobald  wir das Geschäft betreten, umfängt mich eine wohlige Wärme.

Es riecht staubig und nach den Bonbons, die auf den Tresen stehen.

Remus sieht lächelnd zu mir hinab. Seine Wangen sind von der Kälte gerötet.
"Besser?"

"Um einiges."

"Wie kann ich Ihnen helfen?", ein drolliger kleiner Mann erscheint hinter den Tresen.
Sein Rücken ist krumm, die Haare grau, aber seine Augen scheinen so wach wie eh und je.

Mr. Banges, der selbe alte Mann, wie noch vor vierzehn Jahren.
Dennoch bezweifle ich, dass er sich nich an mich erinnert, immerhin war ich nicht oft in diesen Geschäft.

"Meine Taschenuhr.", kurzerhand zieht Remus eine gold glänzende Uhr aus seinen Mantel.
Irre ich mich, oder habe ich da Papier Rascheln hören?

"Lassen Sie mal sehen...", der Mann nimmt den Gegenstand entgegen, betrachtet ihn für ein paar Sekunden. Dann richtet er seinen Blick wieder auf uns. "Kann man reparieren. Eine Woche, zwei Sickel."

Während der Professor seine Geldbörse aus seiner Manteltasche kramt, sehe ich mich neugierig im Geschäft um.

Nein, es hat sich wirklich nichts verändert...
Dieselben Regale, dieselben Schränke, wahrscheinlich auch noch die selben klebrigen Karamellbonbons, die auf den Tresen stehen.

"Kann ich dann nächste Woche einfach vorbeikommen?"

Grummelig steckt der Inhaber die Silbermünzen weg. "Ja."

"Vielen Dank.", fragend sieht er zu mir.
"Brauchst du noch was?"

"Nein, alles gut.", ein letzten skeptischen Blick auf die Bonbons. Nein, ich brauche nichts.

Er hält mir die Tür offen, als wir wieder in die eisige Kälte hinaustreten.

"Schnell zum Drei Besen. Sonst erfrieren wir noch.", scherzt er, nicht wissend, wie elendig ich mich gerade fühle.

Der Gang zum Drei Besen kommt mir unendlich lang und doch viel zu kurz vor.

Das alte Holzschnitt baumelt über den Eingang, schaaukelt leicht im Wind.

Es war Früglingsanfang, als ich hierher kam und auf ihn traf.
Das Gejohle seiner Freunde hat ihn kein bisschen geschert, als er zu meinen Tisch kam.

"Clarissa?"

Er hat nur gelächelt.
Er hat für mich alles aufgegeben.
Auch sein Leben.

"Hey, Clarissa!"

"Hm?", aus meinen Gedanken gerissen sehe ich erschrocken auf, direkt in ein paar besorgte Augen.

"Bist du dir sicher, dass es dir gut geht? Du siehst etwas blass aus..."

"Nein, nein. Keine Sorge."
Meine Hand zittert etwas, als ich die Tür aufstoße.
Wat die Tür schon immer so schwer?

Beinahe unnatürliche Hitze und Lärm empfängt mich.
Überwältigt bleibe ich stehen.

Es ist wie damals.

Die Stühle, die Tische, die Schüler.

Alles das selbe.

Wo bist du, Gabriel?

Lachst du gerade mit deinen Freunden, machst du Scherze über euren übergewichtigen Hauslehrer?

Ein Arm legt sich um meine Hüfte, bugsiert mich langsam, aber bestimmt zu einen Tisch ganz in der Ecke.

Hier ist es etwas ruhiger.

Remus setzt sich ums Eck neben mich.
"Dir geht es nicht gut, oder?"

Mein Blick fällt auf den einen Tisch.
Der Tisch, an den ich damals saß.
Ganz unschuldig steht er mitten im Raum.

"Mir geht es gut. Wirklich.", presse ich hervor, weiß aber noch im selben Moment, dass er es mir nicht glauben wird.

"Okay... Wie wärs damit.", versöhnend winkt er eine Kellnerin ran. "Wir bestellen uns jetzt was Warmes zu trinken und dann erzählst du mir, was los ist."

"Es ist nichts-"

"Sh, das will ich nicht hören. Du sitzt da wie ein Häufchen Elend, das kann ich mir ja nicht einfach so mit ansehen.", etwas Freundlicher zur Kellnerin gewand sagt er: "Zwei Butterbier bitte. Warm."


Die Frau im Mond (Remus Lupin FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt