7.

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Heute Nacht ist Vollmond.

Zeit für seinen Auftritt, Zeit zu singen.

Abwartend hocke ich auf meinen Fenstersims, sehe nach draußen in die Dunkelheit.

Lamgsam wäre es an der Zeit...

Der Mond steigt auf, rund und beinahe unnatürlich hell.

Ich schließe meine Augen, konzentriere mich auf meine Atmung und meinen langsamen, gleichmäßigen Herzschlag.

Man muss ganz genau hinhören, um sie zu hören.

Sie reden über nichts Wichtiges, über den Himmel und die Sonne, darüber, wie hell sie doch scheinen.

Zitternd atme ich aus.

Ich hasse es, alleine zu sein, niemanden zu haben, der mit einem den Stimmen lauscht.

Weiße Blumen.

Mein Name huscht einige Male über den Himmel, die Sterne trauern mit mir um unsere Familie.

Jasmin.

Ihre Stimmen sind leise, verhalten.
Wenigstens kennen sie mich.
Aber verstehen sie auch, wie es ist, alle verloren zu haben?
Immerhin haben sie einander.

Er singt.

Aprupt reiße ich meine Augen auf.

Ja.
Eine volle Stimme, ein lauter Ruf nach Freiheit.
Er ist es.

Remus singt.

Wo ist er?

Meine Augen huschen suchend durch die Dunkelheit, aber sehen kann ich ihn nicht.
Aber er singt immer lauter, schreit beinahe sein inneres heraus.

Auf einmal macht sich in mir der Wunsch breit, bei ihm zu sein.
Bei ihm zu sein, wenn er sich verwandelt, wenn er heult.
Aber er kennt ja noch nicht einmal meinen Namen.

Schwer schluckend fahre ich mir durch die Haare.
Was wäre, wenn er wüsste, wer ich bin?
Was wäre dann möglich?
Remus und Clarissa wird es nie geben.
Denn es gibt Clarissa nicht.
Das bin nicht ich.

Albus, warum habe ich auf dich gehört?
Warum konnte ich einfach nicht in meiner Hütte bleiben, in Frieden leben, in Frieden sterben?

Es ist noch nicht zu spät.
Noch kann ich zurückkehren, oder?

Langsam lasse ich mich von meiner Fensterbank gleiten.
Es gibt Sachen, die einfach nicht passieren dürfen.

Und dann schreit er wieder.
Diesmal hässlich, laut.
Es klingt wie lange Fingernägel auf einer Kreidetafel.
Ein Schauer läuft über meinen Rücken.

Hastig schlüpfe ich in ein paar Pantoffeln, schnappe mir meinen Zauberstab, den ich auf der Kommode abgelegt habe.

Ich muss hier weg.

Egal wohin, Hauptsache weg.

Vielleicht irgendwohin, wo ich endlich wieder Jasmin sein kann.

Zumindest für ein paar Minuten diese lästige Maske abnehmen können...

Eilig stürme ich aus meinem Zimmer, lasse die Tür hinter mir ins Schloss fallen.

Meine Schritte beschleunigen sich, je weiter ich die Treppe hinunter stürme.

Der Steinboden lässt meine Schritte durch die Gänge hallen, beinahe so, als wäre ich nicht alleine.

"Jasmin?"

So abrupt wie ich stehen bleibe, fliege ich über meine eigenen Füße, lande mitten auf meinen Gesicht.
"Ah, fuck..."

"Alles okay?"

Stöhnend rappel ich mich auf.  "Ja, geht schon. Hast du mich erschrocken, Sirius."

"..."

"Sirius!", es trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. Da steht er doch wirklich einfach so vor mir, sieht mich unschuldig an. "Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?! Herrgott was machst du hier?"

"Sh...!", nachdrücklich presst er einen Finger auf die Lippen. "Nicht so laut!"

"Willst du mich eigentlich verarschen?", fauche ich ihn etwas leiser an. "Willst du wieder nach Askaban oder was?!"

Der Mann sieht sich kurz um, nimmt mich dann beim Arm, zieht mich hinter eine Stature.
"Wespenstich.", flüstert Sirius leise.

Einen Moment Zweifel ich ernsthaft an seiner geistigen Verfassung, doch dann rückt die Stute etwas beiseite, gibt einen Geheimgang frei, in den ich von ihn gezogen werde.

Die Stature verschließt den Ausgang, sobald wir beide im dunklen Gang verschwunden sind.

"Okay, okay...", beschwichtigend hebt Sirius seine Hände. "Ich kann das Alles erklären."

Skeptisch verschränke ich meine Arme vor der Brust. "Das will ich auch schwer hoffen."

"Es ist so...", er macht einige wirre Handbewegungen in der Luft. "Wenn ich die Ratte, Pettigrew, finde, dann bin ich frei. Und die Ratte gehört Ronald Weasley. Ich suche das Schloss nach Möglichkeiten ab, an ihn ranzukommen."

Eher weniger überzeugt lehne ich mich gegen die kalte Steinwand. "Woher willst du es wissen?"

"Von Peter hat man nur einen einzigen Finger gefunden. Und die Ratte hat nur vier Zehen an einer Pfote.", versucht er es mir logisch zu erklären, scheitert aber. "Außerdem hab ich James nicht verraten und sie haben Peter ihn als Geheimniswahrer... egal. Peter lebt als Ratte. Es war im Tagespropheten, die Ratte auf der Schulter von dem Jungen."

Abwehrend hebe ich meine Hände im die Luft. "Ganz langsam. Du glaubst also, dass Peter all die Jahre bei den Weasleys gelebt hat?"

"Ja, ich weiß, das klingt verrückt... Ja. Ja das glaube ich."

Keine Ahnung, was ich davon halten soll.
Wer weiß, vielleicht hat Askaban ja seine Sinne geraubt...
Vielleicht ist er verrückt geworden.

"Jasmin, bitte.", beinahe flehend nimmt er meine Hand, sieht mir tief in die Augen. "Ich schwöre bei allen, was mir heilig ist... Peter. Lebt."

"Sirius, ich..."

"Nein, nein... Bitte. Glaub mir."

Ich entziehe mich seinen Griff, sehe weg.
Wenn ich doch nur an meinen See geblieben wäre.
"Okay...", ich atme tief durch. "Ich vertraue dir. Aber..."

Sein Körper scheint in sich zusammenzusacken. "Merlin sei Dank."

"Aber...", fahre ich unbeirrt fort. "Du verschwindest jetzt sofort aus dem Schloss. Es ist hier nicht sicher für dich."

"Ja... Ich weiß.", Sirius deutet den Gang entlang. "Ich gehe jetzt. Der Gang führt direkt in den Innenhof, von dort kann ich einfach wieder in die Hütte. Du nimmst am besten wieder den Weg zurück."

"Mach ich.", erschöpft schenke ich ihn ekn kleines Lächeln. "Pass auf dich auf, du Idiot."

Er nickt nur, macht sich dann auf den Weg, den Gang entlang.
Erst als seine Schritte verhallen, mache ich auch ich kehrt.

Mit einiger Kraftanstrengung schiebe ich die Statur zur Seite.

Gerade als sie den Eingang wieder verdeckt, leuchtet der Gang hell auf.

Snape.

Unsere Blicke treffen sich kurz.

Was denkt er gerade?

Stumm sieht er mich an.
Er ahnt etwas.
Er weiß, dass etwas nicht stimmt.

"Guten Abend, Professor Snape.", ganz unbedarft streiche ich mein Nachthemd glatt. "Haben Sie heute Wache?"

Der Mann starrt einige Augenblicke noch starr und stumm vor sich hin.
"In der Tat."
Dann macht er einfach kehrt, löscht seinen Zauberstab.

Unangenehmer Zeitgenosse.
Aber anscheinend auch ein durchaus intelligenter Mann.
Mit einen Riecher für Lügen.
Einen sehr großen Riecher.

Ich beeile mich, in den Turm zurückkehren.

Remus schweigt.



Die Frau im Mond (Remus Lupin FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt