Die Frau im Mond (Remus Lupin FF)

2.

Reinigungskraft hin oder her, für die Schüler muss man professionell aussehen. Die steife, dunkle Robe schwingt mir um die schmalen Knöchel, als ich mein Zimmer verlasse.

Orientierungslos eile ich durch die Gänge.

Draußen zieht die Sonne sich zurück, gewährt den Mond zu scheinen.
In wenigen Minuten müssten die Schüler eintreffen.
Bis dahin sollte ich in der großen Halle sein.
Blöd nur, dass mir niemand mal erklärt hat, wie ich dahin komme.
Die Wände sind aus nackten Stein, erleuchtet durch Fackeln.

"Verlaufen?"
Vor mir schält sich eine silbrige Gestalt aus der Wand.
Er strahlt selbst etwas Licht aus, fast wie eine eigene kleine Sonne. "Ja. Ich muss zu großen Halle."
"Ich weiß.", elegant lüftet der Mann seinen Hut. "Sir Nicolas, zu Ihren Diensten."
"Clarissa Gunn.", seltsam, diesen Namen auszusprechen. Denn es ist nicht meiner. "Die Freude ist ganz meinerseits. Könnten Sie mich zur Halle bringen?"
"Sehr gerne. Sind Sie neu hier?", gemächlich schwebt der durchsichtige Herr die Hallen entlang.
"Ja. Reinigungskraft.", es kommt mir nur schwer über die Lippen. Was mache ich überhaupt hier?

Die Gänge sehen alle gleich aus.
Ich werde mich hier oft verlaufen.

"Da sind Sie ja endlich!"
Erschrocken fahre ich zusammen. Verdammt, ich muss mich wirklich am andere Menschen gewöhnen. "Was?!"
"Miss Gunn. Man sucht nach Ihnen.", ein Hüne von einen Mann steht direkt vor mir.

Wie konnte ich ihn nur übersehen? Anscheinend vernichtet Isolation den Blick für das Offensichtliche.

"Ich habe mich verlaufen, Verzeihung. Sir Nicolas hat mir ausgeholfen.", dankbar nicke ich den Toten zu. "So gut kenne ich mich hier noch nicht aus."
"So geht es allen an ihren ersten Tag.", lachend deutet der große Herr, ihn zu folgen. "Ich bin Hagrid. Einfach nur Hagrid. Wildhüter und Lehrer für Pflege magischer Geschöpfe."

In seinen kleinen Käferaugen funkelt aufrichtiger Stolz.
Stolz, auf seine Tiere, seine Arbeit.
Ein offener, ehrlicher Herr, mit einen Herz, das wohl selbst für einen Riesen zu groß wäre.

"Beeilen Wir uns lieber. Ich hab die Erstklässler schon bei McGonagall abgeliefert, es sollte jeden Moment losgehen."
Seine Schritte beschleunigen sich.
Im anbetracht der Tatsache, dass ich ihn kaum bis zur Brust reiche, muss ich beinahe rennen, um mit ihn Schritt zu halten.
Aber es lohnt sich.

Es riecht nach Essen, Gelächter füllt die Luft.
Der Mann stößt kräftig die Türen auf.
Stille.
Die Blicke drehen sich zu uns.
Hunderte neugierige Gesichter Mustern mich, Tuscheln.

Sie fragen sich bestimmt, wer diese Gestalt ist, die neben den Woldhüter so klein und verloren aussehen muss.
Seid gegrüßt.
Ich bin eure neue Reinigungskraft.

"Ah, Hagrid, Miss Gunn!", Dumbledore erhebt sich von seinen Sitz in der Mitte einer langen Tafel. "Spät, aber noch rechtzeitig."
Minerva nickt mir stumm zu. Ein Grß zwischen zwei alten Bekannten, die sich zu lange nicht gesehen haben.
Ich erwieder den Gruß.

Die Schüler fangen wieder ihre Gespräche an.
Ungeschickt drücke ich mich durch die Bankreihen, bis vor zur langen Tafel.
Mein Platz ist ganz am Ende.
Natürlich.
Ich bin nur eine Reinigungskraft.

Schnellen Schrittes schreite ich den Tisch entlang, kann die mehr oder weniger interessierten Blicke des Kollegiums auf mir spüren.
Wir wurden einander noch nicht vorgestellt.

Stop.

Aprupt halte ich inne, falle fast vorne über.

Stop.

Eine leise Stimme flüstert mir unverständliche Worte ins Ohr.

Nein. Nicht mir.

Den Mond.

Wer singt dem Mond ein Lied?

Eine tiefe, grollende Stimme.
Ganz unscheinbar sitzt er da.
Mit braunen Haar, blasser Haut, die von toefen Narben gezeichnet ist.
Die Kleidung sieht weder ordentlich noch schäbig aus, die Krawatte sitzt etwas schief.
Sein Blickt hebt sich, trifft auf meinen.
Er singt, laut, ganz laut.

"Geht es Ihnen gut?", er hat eine warme Stimme, warme Augen.
Automatisch zuckt mein Blick zu Albus.
Ein schwaches schütteln seines Kopfes reicht aus. Ich muss schweigen.
"Alles gut. Danke der Nachfrage.", ich setze mich wieder in Bewegung, setze mich auf meinen Stuhl.

Ein Mondsänger als Lehrer.

Dumbledore, was tust du nur?