Kapitel 4

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Die Nachbeben wurden immer schwächer und verschwanden schließlich. Die Villa war schon mehrmals von den Feuerwehrleuten überprüft worden und befand sich nicht mehr in Gefahr. Dorothea ruhte sich in ihrem Zimmer aus, Daven und Iliria kümmerten sich um sie.

Die letzten Sonnenstrahlen drangen durch die blankpolierten Fenster von Aprils Zimmer, die seit dem ersten Beben ausgesprochen nervös war.

„Ist es möglich, dass sich solch ein starkes Erdbeben auf so einen kleinen Ort konzentriert?", fragte sie, während sie ihre frisch gewaschene Wäsche in die Schubladen ihrer rustikalen Kommode räumte.

„Ich weiß nicht", antwortete Veronica und spielte dabei mit einer frisch geernteten Lijo. „Wenn du es nicht weißt, dann weiß ich es erst recht nicht."

„Laut Internet ist es unmöglich", sagte Konrad und schaute von seinem Handydisplay auf. „Im Grunde genommen steht da, dass eine tellurische Bewegung in einem Hypozentrum entsteht und sich darüber das Epizentrum befindet, was der Punkt an der Erdoberfläche ist, von dem aus sich die Wellen ausbreiten und die Erde bewegen.

„Warum hat dann niemand in ganz Uspiam außer uns etwas gespürt?", fragte Sidney, kratzte sich am Kopf und betrachtete das Erinnerungsfoto, dass bei April an der Wand hing.


„Sie könnten lügen", antwortete Veronica und knabberte an ihrer Lijo.

„Warum sollten uns die Feuerwehrleute anlügen?", fragte Konrad und zog eine Augenbraue hoch.

Veronica wollte etwas erwidern, fand aber nicht die rechten Worte und Schweigen erfüllte den Raum.

Als April mit ihrer Arbeit fertig war, ging sie zum Fenster mit der Absicht, es zu schließen, weil der kalte Wind hereinwehte. Ihre Augen schweiften über die Plantagen in die Ferne zum Ozean, der von der Sonne beschienen wurde, die immer weiter versank, und der Geruch der frischen Luft drang in ihre Nase.

„Wir müssen gehen", sagte sie, ohne den Blick abzuwenden.

„Nein."

„Doch, wir müssen, Vero", beharrte April.

„Nein."

„Stimmt's, wir müssen gehen, Sid?"

Der Junge grinste nur und sprang zum Fenster, um auch hinaus zum Meer zu sehen.

„Natürlich müssen wir", pflichtete er ihr bei, ohne nachzudenken.

„Ich will nicht", sagte Veronica, legte die Lijo weg und verschränkte die Arme.

Die drei richteten ihre Blicke auf Konrad, der überlegte, wen er unterstützen sollte. Sidney und April liebten den Strand abgöttisch und er nicht besonders, aber er liebte es, Zeit mit seinen Freunden zu verbringen, ganz egal wo.

„Kommt schon, Leute", drängte April und nahm Veronica und Konrad bei den Händen. „Es ist unser letzter gemeinsamer Sommertag, morgen fährt Sid nach Lima und übermorgen fahre ich nach Barcelona, wir können ihn nicht eingesperrt hier drinnen vergeuden."

„Ich fühle mich überhaupt nicht eingesperrt", hielt Veronica dagegen. „Dein Zuhause ist eine komplette Welt."

Veronica wusste nicht so recht, warum sie nicht auf die Bitte ihrer Freundin einging. Vielleicht war sie zu faul zum Strand zu laufen und dann wieder zurück oder vielleicht wollte sie ihr einfach nur nicht recht geben.

„Schon gut, in Ordnung", sagte Konrad und stand auf. „Wir dürfen den letzten Sommerabend nicht verschwenden, richtig?"

April lief zu Konrad und umarmte ihn vor Dankbarkeit.

Die Edelsteine von UspiamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt