Kapitel 31

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Konrad hörte nicht auf, Nacht für Nacht die Tafel voller Fakten zu analysieren, die er zuvor im Zimmer seiner Schwester aufgehängt hatte, immer mit der Unterstützung einer Tasse starken Kaffees.

Was Belmont untersuchte und ihnen nicht erzählen wollte, musste in all diesen Informationen sein, er musste einfach nur die Puzzleteile zusammenfügen, um herauszufinden, was es war. An diesem Abend – wie an allen anderen – starrte er auf die Tafel, als wollte er sie herausfordern und es dauerte nicht lange, bis seine Neuronen auf Hochtouren liefen. Die Nacht, in der sie die Edelsteine fanden, der Lastwagen, der Hirsch, das Verschwinden von Bernie Walker, die Hexen, die Aswangs, die Ujës, der Sashimi-Verkäufer, alles musste miteinander in Zusammenhang stehen. In den sauberen Straßen mit tausenden Bäumen auf den Gehsteigen und den gepflegten Gärten der Betonhäuser von Uspiam heckte jemand einen Plan aus.

Der Familienname Walker war ihm bekannt vorgekommen, aber er kam nicht darauf woher. Wenn er daran dachte, erinnerte er sich schließlich immer an einige Sätze aus „Das Parfüm" von Patrick Süskind und unweigerlich auch an das rotweinfarbene Haar von Dasha. Er musste aufhören, bei jeder Gelegenheit an sie zu denken, das raubte ihm Zeit und Konzentration.

Er ging auf den Dachboden, um zwischen den vielen Büchern in der Abteilung für deutsche Literatur nachzuschauen und fand schließlich den von ihm gesuchten Roman zwischen „Die Metamorphose" von Franz Kafka und „Tod in Venedig" von Thomas Mann. Vorsichtig nahm er „Das Parfüm" heraus und als er es öffnete, machte plötzlich alles einen Sinn.

Ein kleiner, vergessener Zeitungsfetzen kam zwischen den Seiten zum Vorschein, und brachte Konrads Erinnerungen zurück. Endlich wusste er, wo er den Familiennamen Walker gesehen hatte: Er erschien auf der Titelseite einer Ausgabe der einzigen Zeitung in Uspiam, Verum, die der Familie Okumura gehörte.

Die Zeitungsbesessenheit seines Vaters hatte zum ersten Mal in seinem Leben etwas Gutes. Er bewahrte genau hier auf dem Dachboden alle Verum-Exemplare auf.


Er hätte wissen müssen, dass Verum dieses wichtige Ereignis natürlich aufgezeichnet hatte, und sie hatten es zweimal getan. Bei seiner Suche fand er eine weitere, noch ältere Schlagzeile: Die Polizei erklärt Bernie Walker für vermisst.

Er richtete sich mit beiden Zeitungen in der Hand auf und als er auf die erste Stufe trat, um den Dachboden zu verlassen, hörte er ein Geräusch. Im ersten Stock wurden Gegenstände gewaltsam zerbrochen, Holz knackte und Porzellan zersprang.

Was konnte diese Geräusche verursachen? Sicherlich nichts Gutes. Vorsichtshalber ergriff Konrad den Baseballschläger in der Ecke seines Zimmers mit beiden Händen und legte die Zeitungen auf seinem Bett ab. Er ging langsam hinunter und versuchte keinen Mucks zu machen. Als er sich auf dem Treppenabsatz zum ersten Stock umdrehte, war er perplex. Ein pelziges, wildes Wesen, etwa so groß wie er, zerstörte alles und es sah nicht danach aus, als wollte es aufhören. Konrad verstand schon viel besser die Regeln der Welt, in der er sich jetzt befand. Es war Vollmond in dieser Nacht und ihm war klar, es konnte nur ein Werwolf sein.

Er analysierte die Situation. Er konnte nicht nach oben zurückgehen, denn wenn er sich auch nur ein bisschen bewegte, würde ihn das Monster mit Sicherheit sehen. Die Haustür war offen und das war seine einzige Chance. Er nahm den Schläger fest in die Hände und ging die wenigen noch fehlenden Stufen hinunter. Im gleichen Moment drehte der Werwolf seinen Kopf mit den großen, blutroten Augen und sprang auf ihn. Konrad schwang kraftvoll den Schläger und schaffte zu seiner Überraschung, ihm einen harten Schlag ins Gesicht zu versetzen. Das Monster brüllte, nur nicht vor Schmerz. Der Schlag hatte es wütend gemacht. Es hob die Arme und warf Konrad mit seinen starken Händen durch die Luft auf die andere Seite des Raumes, direkt neben den Kamin.

Die Edelsteine von UspiamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt