Nachdem sie aus dem Auto von Sidney ausgestiegen war, ging Veronica in ihr kleines Haus und Zeus rannte ihr entgegen, um sie freudig willkommen zu heißen.
„Hallo, mein Baby", sagte sie und streichelte das Tier. „Wie geht es dem Liebling des Hauses? Hast du mich vermisst?"
„Bist du das, Veronica?"
„Ja, Mama, ich bin wieder da", antwortete sie.
Franchesca, die eine abgetragene Schürze anhatte, kam aus der Küche. Sie hatte tiefe Ringe unter ihren schönen grünen Augen.
„Wo warst du? Ich habe dich den ganzen Nachmittag versucht anzurufen."
„Ich habe mit Sidney trainiert und nicht aufs Handy geschaut, außerdem..."
„Außerdem, Veronica, möchte ich keine bösen Überraschungen mit schlechten Noten am Ende des ersten Halbjahres, darüber hatten wir schon gesprochen."
„Aber Mama, so schlimm ist es doch gar nicht."
„Nichts aber, dieses Jahr musst du dich auf das Lernen und auf die Schule konzentrieren."
„Wie all die anderen Jahre", murmelte Veronica mit genervtem Tonfall und streichelte Zeus weiter.
„Sei vorsichtig mit deinen Worten, mein Kind", sagte Franchesca, gab ihr einen Kuss auf jede Wange und nahm sie lange in den Arm. „."
Veronicas Magen knurrte und sie bekam Appetit, als sie das Essen roch, das ihre Mutter für sie gekocht hatte.
„Setz dich hin, ich bringe es dir."
Veronica setzte sich an den kleinen Esstisch, der voll war mit Rechnungen und Unterlagen, und machte sich Platz.
„Hör mal", sagte ihre Mutter, als sie wiederkam und die drei Gerichte auf den Tisch stellte.
„Dankeschön Mama."
„Ich habe schlechte Nachrichten, mein Kind", sagte Franchesca und strich ihrer Tochter übers Haar.
„Sag schon."
Veronica hasste schlechte Nachrichten, aber vor allem die von ihrer Mutter. Es ging immer um Geld und sie fühlte sich deswegen ungeheuer hilflos, weil sie nichts dagegen tun konnte, oder zumindest hinderte ihre Mutter sie daran.
„Wir können die Raten für das Haus nicht mehr an die Bank bezahlen."
„Siehst du? Ich muss arbeiten..."
„Sie werden uns im Dezember das Haus wegnehmen, wenn wir die sieben Raten nicht aufbringen, die wir im Rückstand sind."
Veronica schluckte mühsam hinunter, was sie im Mund hatte. Das hatte gerade noch gefehlt, jetzt würden sie nicht einmal mehr einen Platz zum Leben haben. Verdammte Edelsteine, verdammte Bank, verdammt noch mal alles."
Ihre Mutter brach plötzlich in Tränen aus und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
„Das ist bloß ein Haus, Mama", brummte Veronica und rappelte sich mit jedem Bissen wieder auf, den sie aß.
„Es ist das Einzige, was wir haben", sagte Franchesca weinend. „Ich versuche seit über zehn Jahren das alles hier aufrechtzuhalten und jetzt... werden wir alles verlieren, wofür wir gearbeitet haben. Jeden Tag bin ich mehr davon überzeugt, dass alle in Uspiam recht haben, ich bin nichts weiter als eine Versagerin." Sie wollte sich die Tränen wegwischen, aber sie hörten einfach nicht auf.
Das zerriss Veronicas Herz in tausend Stücke. Nichts konnte ihr mehr wehtun, als ihre Mutter so zu sehen. Für sie war Franchesca die mutigste Frau in ganz Uspiam, sogar von der ganzen Welt. So jung eine Tochter aufzuziehen, allein und ohne Unterstützung, wäre für niemanden eine leichte Aufgabe gewesen, aber ihre Mutter hatte es geschafft.
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Die Edelsteine von Uspiam
FantasyApril, Konrad, Sidney und Veronica sind vier Jugendliche, die in einem beschaulichen Städtchen mitten in einem riesigen Waldreservat leben, in dem nie etwas Aufregendes passiert. Wenigstens bis zu jenem Tag, als die vier Freunde mitten auf der einsa...