Ich wusste nicht, wie spät es war. Ich verlor jegliches Zeitgefühl.
'Wie lange war ich schon hier drin? 3, 5 oder 7 Stunden?'
Der Weinkeller war nur spärlich beleuchtet und langsam machte es mich verrückt hier noch länger zu verweilen.
Ich lief nun schon das vierte Mal zu dieser Tür und fing an dagegen zu hämmern.
Nun bereute ich es gewaltig, nicht auf mich aufmerksam gemacht zu haben als Thalila und Cole hier noch unten waren. Nachdem die beiden gegangen sind, kam keine einzige Menschenseele mehr hier runter.Ich stütze mich mit einer Hand an der Tür und ließ mein Kopf sinken. Das Abendessen müsste schon vergangen sein und nun würde mich keiner mehr suchen kommen.
Bei dem Gedanken fing mein Magen sofort an zu knurren. Außerdem musste ich mittlerweile dringend auf die Toilette.
Ich machte ein paar Schritte rückwärts und rieb an meinen Armen. Frieren tat ich nämlich auch noch. Mir kam allmählich schon der Gedanke, dass ich hier wohl oder übel die ganze Nacht verbringen müsste, doch als hätte ich es mir aufgrund meiner Sehnsucht nur eingebildet, hörte ich plötzlich schwere Schritte im Flur hinter der Tür.
Sofort huschte mein Blick wieder zur Tür.'Bitte las es keine Einbildung sein', flehte ich in Gedanken.
,,Ist da jemand?“, fragte ich laut und schlug gegen die Tür.
Die Schritte wurde schneller und waren nun viel besser zu hören, da sie immer näher kamen.
,,Mira?“. Ich erkannte seine Stimme.
,,Ja. Kannst du mich hier irgendwie rausholen ? Jemand fand es mega witzig mich hier einzusperren“, sagte ich letztes genervt und verdrehte meine Augen.
,,Geh von der Tür weg“, wies er mich auf und sogleich entfernte ich mich ein paar Schritte von der Tür. Er könnte meinetwegen gerne diese Türe hier auch aufbrechen. Ich wollte hier einfach nur noch raus.
Es klapperte etwas im Türschloss und ein paar Sekunden brauchte er noch bis er das Schloss endlich geknackt hatte und ich erleichtert aufatmen konnte.
Schwungvoll wurde die Tür aufgedrückt und grüne Augen blickten mir entgegen.
,,Gott sei Dank. Ich dachte schon, ich müsste hier heute die ganze Nacht verbringen“. An den Armen reibend verließ ich den Weinkeller und steuerte direkt auf die Treppe zu, damit ich schnellstmöglich wieder nach oben kam und mich etwas aufwärmen konnte.
,,Es ist Mila gewesen“, sagte er und schloss die Weinkellertür hinter mir.
Ich stockte am Treppengeländer und drehte mich zu ihm. ,,Woher weißt du das?“
,,Ich haben deine Freundinnen nach dem Abendessen zufällig reden hören. Beiden haben sich gewundert, wo du steckst. Bei Brandon konntest du nicht sein, weil dieser heute auch im Essenssaal zu Abend gegessen hat. Also habe ich die Kameras durchchecken lassen, um herauszufinden, wo du hin bist“.
Lange sah ich ihn an. Er war bestimmt nicht der einzige gewesen, der meine Abwesenheit bemerkt hat. Doch er war der einzige, der sofort nach mir gesucht hatte. Warum?
Wegen der komischen Gespräche zwischen Thalila und Cole ?
Apropos Gesprächen….
,,Wir müssen reden“
~
Ich stand mit nassen Haaren und einem Föhn in der Hand als ich ein Klopfen an meinem Badezimmerfenster ertönte.
Den Föhn legte ich wieder beiseite und steuerte auf das Fenster zu, um es zu öffnen und ihm Einlass zu gewähren.
Ohne viel Mühe sprang er durchs Fenster und schloss es hinter sich wieder.
,,Hast du die Aufnahmen gelöscht?“, erkundigte ich mich sogleich bei ihm.
Er setzte sich auf den Badewannenrand. ,,Ja. Ich habe alles herausgeschnitten, wo man dich in der Nähe des Keller sehen konnte“.
,,Gut“, ich nickte und lehnte mich ihm gegenüber am Waschbeckenrand an. ,,Die Reporter stellen so schon viel zu unangenehme Fragen. Wenn sie auch noch herausfinden, dass ich zur gleichen Zeit wie Thalila und Cole im Keller war und einer von beiden auch noch Wind davon bekommt, dass ich alles mitangehört habe….“, ich legte meine Hand auf die Stirn und schloss kurz meine Augen.
,,Was hast du mitbekommen?“, unterbrach er meinen Gedankengang und ließ mich wieder aufschauen.
,,Cole war sehr aufgewühlt. ‘Was wird er dann mit ihnen vorhaben, wenn er sie nicht nach Hause schickt?‘, hat er Thalila gefragt und gemeint, dass wenn das alles hier in eine kriminelle Richtung geht, er raus ist“, besorgt sah ich ihm in die Augen. ,,Es geht definitiv um uns Kandidatinnen. Morgen ist ja schon die Entscheidung für den ersten Rauswurf, nicht wahr?“.
Er überlegte und wandte den Blick von mir ab. 'Was wusste er? Und wieso sagt er mir nichts?'
Einer seiner braunen Strähnen löste sich und fiel ihm auf die Stirn. Sofort fuhr er sich durch die Haare, um diese wieder an Ort und Stelle zu bringen.
,,Sag schon“, forderte ich ihn auf und runzelte die Stirn. Wenn er was wusste, dann sollte er es mir gefälligst auch sagen. Aber er machte keine Anstalt es zu tun und sah mich einfach weiterhin nicht an.
Frustriert drehte ich mich um und lehnte mich mit den Händen am Waschbeckenrand an, während ich nun in den Spiegel sah.
,,Du sagtest, ich sei der Mittelpunkt des Ganzen“, aus dem Augenwinkel bemerkte ich wie er den Kopf zu mir drehte. ,,Was soll das heißen?“, flüsterte ich und hoffte er würde mit mir nun endlich Klartext reden.
Langsam stand er auf, behielt mich jedoch immer noch im Auge. Er schien wieder zu überlegen. Das sah man daran, dass er seine Zähne kurz zusammenbiss.,,In fast jedem Kontext zwischen Cole und Thalila fällt dein Name. Ich bekomme meist nur Wortfetzen mit, aber was ich am zweiten Tag schon klar und deutlich mitbekommen hab ist, dass Cole sich sehr komisch verhält. Er scheint sehr unzufrieden zu sein“
,,Denkst du nicht, dass wir da ein Drama draus machen, wo es vielleicht gar keins gibt?“, ich drehte mich wieder zu ihm und verschränkte meine Arme. ,,Was, wenn wir alles nur falsch verstehen und Cole einfach nur doch keine Lust mehr hat hier mitzumachen. Und dass mein Name in ihren Gesprächen fällt, könnte auch nur daran liegen, dass ich Brandon womöglich einfach nur am meisten gefalle. Denken wir doch mal rational. Hier wird alles und jeder aufgenommen. Morgen wird es vor allem auch noch eine live Übertragung geben. Da wird keine Kandidatin einfach so vor Augen aller verschwinden.“ Nachdem ich meine Gedanken nun ausgesprochen hatte, fand ich diese Situation plötzlich sowas von lächerlich, dass ich kurz auflachte und den Kopf schüttelte.
,,Wir haben beide so eine blühende Fantasie“, sagte ich und konnte nicht fassen, was wir beide gerade taten.
,,Vielleicht hast du recht“. Nun sah er zu Boden.
Ich hob meine Mundwinkel an. ,,Wie heißt du eigentlich?“
,,Kayl“, sagte er und sah mir wieder in die Augen.
,,Mira“,sagte auch ich und streckte ihm meine Hand entgegen. Aufgrund des ganzen ausgedachten Dramas, hatten wir gar keine Zeit uns richtig kennenzulernen.
,,Ich weiß“. Er schüttele meine Hand.
,,Ich nicht“. Mein Lächeln wurde breiter, ein leichtes Zucken an seinem Mundwinkel vernahm ich auch.'Oh, Emotionen'
,,Danke, dass du mich aus dem Weinkeller vorhin befreit hast. Wärst du nicht gewesen, wäre ich wohl immer noch dort“, ich zog meine Hand wieder aus seiner und lehnte mich erneut gegen das Waschbecken.
,,Das ist meine Arbeit. Dafür bin ich hier“, er steuerte auf das Fenster zu.
,,Ist es auch deine Arbeit zu uns in die Badezimmer zu klettern?“, zog ich ihn auf und grinste.
,,Vielleicht“, kurz sah er mich wie gewohnt emotionslos an. ,,Vielleicht aber auch nicht.“
Nach diesem Satz drehte er sich zum Fenster und verschwand in der Dunkelheit.
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Mister X
Mystery / ThrillerEine verlorene Wette, ein Casting, ein Mister X, eine Reality-Show. Eigentlich ganz harmlos...wenn man natürlich die mysteriösen Briefe, das Verschwinden der Kandidatinnen, die ganzen Security-Männer und das seltsame Verhalten der Veranstalter ignor...