Kapitel 26

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,,Wo bist du gewesen?", fragte mich Theo gleich an der Türschwelle.
 
,,Ich habe heute Nacht bei Demi übernachtet“. Gähnend lief ich schon mal ins Ankleidezimmer und hörte, wie Theo mir folgte.
 
Wir haben uns gestern noch viel unterhalten im Turmzimmer. Demi hat mir erzählt, dass Vanessa, nachdem sie bei dem Date mit Brandon viele Fragen bezüglich der Earbuds und der Handys, die uns weggenommen wurden, gestellt hatte, rausgeschmissen wurde. Brandon hat zwar gemeint, dass es daran lag, dass sie einfach nicht sein Typ sei, doch sie vermutete dahinter etwas ganz anderes. Sie denk, er hätte sie rausgeworfen, weil sie sehr neugierig war und er sichtlich etwas verbirgt. Ihm war es einfach zu riskant gewesen, sie weiterhin hier zu behalten.
 
,,Was hast du heute so für mich auf Lager?“, fragte ich und setzte mich wie jeden Morgen auf den Drehstuhl vor dem Schminktisch.
 
,,Da du heute etwas Bequemeres brauchen wirst, habe ich diesmal eine Hose und flache Schuhe für dich“. Er sah mich über den Spiegel hinweg an und zwinkerte mir zu.
 
,,Was soll das heißen?“, fragte ich ihn skeptisch und hob eine Augenbraue an. ‘Bitte er meint kein Date mit Brandon‘
 
,,Das wirst du gleich beim Frühstück erfahren“.
 
‘Immer diese Geheimniskrämereien. Das war zum Ausrasten!‘
 
Elegant steckte er mir meine Haare nach oben und fixierte sie mit Haarnadeln und etwas Haarspray. Danach bekam ich eine beige Anzughose mit Halbschuhen in Leder und in der gleichen Farbe. Dazu kombinierte er ein bauchfreies Top.
 
,,Perfekt“, sagte Theo, nachdem ich die Sachen angezogen habe und mich vor ihm kurz drehte. ,,Ah, und bevor ich es vergesse…“, er streckte seinen Zeigefinger in die Höhe. ,,Einer der Security-Männer hat dir heute Morgen einen Blumenstrauß gebracht. Brandon gibt sich wohl große Mühe, um dein Herz zu erobern“. Er wippte mit den Augenbrauen auf und ab.
 
Ruckartig schoss mein Kopf zu ihm. ‘Hat er gerade Security-Mann gesagt?‘
 
,,Welcher Security-Mann?“. ‘Wenn es Kayl war, dann hat er mir vielleicht eine kleine Nachricht hinterlassen‘
 
,,Ist doch egal welcher Security-Mann. Geh und schau dir die wunderschönen Blumen von Brandon an!“.
 
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und lief sofort ins Schlafzimmer. Wenn Theo mir nicht sagen wollte, welcher der Security-Männer mir die Blumen gebracht hat, dann müsste ich wohl einfach selber nach einem Hinweis suchen müssen.
Den Blumenstrauß, welcher aus den verschiedensten Blumen bestand, fand ich sogleich auf der Kommode und nahm ihn in die Hand. Dann steuerte ich auf den Beistelltisch auf dem Balkon zu, weil ich wusste, dass sich dort immer eine Vase mit frischen Blumen befand. Die Blumen, die dort schon drin standen, legte ich auf die Seite und schüttete das Wasser über den Balkon in die Büsche aus. In die nun leere Vase stellte ich den Blumenstrauß von Brandon hinein.
 
,,Ich fülle mal frisches Wasser in die Vase“, sagte ich beim Vorbeigehen zu Theo und lief auf das Badezimmer zu. Mit einem kurzen Blick nach hinten, um sicherzugehen, dass Theo mir nicht folgte, stellte ich den Blumenstrauß auf den Boden und fing an darin herumzuwühlen.
Kaum zu übersehen war das kleine Kärtchen, welches sich ganz oben befand.
 
‘Die ist ganz sicher nicht von Kayl. Er würde es nicht so offensichtlich machen‘
 
Also legte ich das Kärtchen erst mal beiseite und wühlte weiter.
 
‘Komm schon. Irgendwo muss doch was sein‘
 
Doch nein. Ich fand nichts Weiteres im Blumenstrauß.
Enttäuscht setzte ich mich auf den Fußboden. Mein Blick wandere wieder zu dem Kärtchen und seufzend nahm ich es in die Hand.

Als Entschuldigung für mein Verhalten. Ich hoffe sie gefallen dir. - Brandon
 
‘Dachte er ernsthaft, dass er mit diesem Grünzeug alles wiedergutmachen konnte?!
 
Wütend warf ich das Kärtchen auf den Boden, zog den Blumenstrauß aus der Vase und riss ihn in Stücke.
 
‘Er droht mir mit Menschenleben und tut so als wäre es das normalste der Welt!‘
 
Ich fing an drauf herum zu hüpfen und es durch die Gegend zu kicken.
 
,,Mira, was ist denn mit dir los?“. Ein verwunderter Theo stand an der Badezimmertür und blickte mich mit offenem Mund an.
 
,,Nichts“, sagte ich etwas außer Atem und zog mir meine Hose wieder an Ort und Stelle, die bei meinem kleinen Wutausbruch verrutscht ist. ,,Ich mag nur keine Blumen“
 
 
~
 
 
,,Und? Wie sieht’s aus?“, fragte ich Angelina sofort, nachdem ich mich zu ihnen an den Esstisch gesetzt habe.
 
,,Ich habe ihn nicht gefunden“, seufzte sie. ,,Da er gestern den ganzen Tag nicht im Dienst war, dachte ich, er wäre für gestern Abend eingetragen worden, doch dem war nicht so. Er war nirgends aufzufinden“, sagte sie fast schon verzweifelt.
 
Mein Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich nach ihren ausgesprochenen Worten.
‘Was, wenn er weiter geschnüffelt hat und erwischt wurde?‘
 
Ich versuchte einen kühlen Kopf zu bewahren und noch nicht frühzeitig durchzudrehen.
‘Vielleicht hatte er gestern auch einfach frei, Mira. Beruhig dich‘
 
,,Guten Morgen euch allen“, begrüßte uns Thalila unerwartet und bekam unser aller Aufmerksamkeit.
 
,,Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für euch“, fing sie an. ,,Die schlechte zuerst. Heute den ganzen Tag über wird keine von euch ein Date mit Brandon haben, da er heute ein wichtiges Shooting hat und abwesend ist. Nun kommen wir aber zur guten Nachricht. Heute Abend wird er wieder da sein und eine von euch zum Abendessen ausführen. Und um ihm seine Entscheidung für eine von euch abzunehmen, da er heute seinen Kopf für das Shooting braucht, habe ich mir persönlich etwas überlegt. Überall im ganzen Schloss wurden für euch rote Rosen versteckt. Wer bis zum Abendessen die meisten von ihnen sammelt, wird von Brandon ausgeführt“.
 
Ein Stimmengewirr folgte und die Kandidatinnen fingen sofort alle an nacheinander aufzustehen und aus dem Saal zu laufen.
 
,,Na los, kommt schon! Die nehmen uns sonst noch alle Rosen weg“, sagte Emma aufgeregt und war schon auf dem Weg in den Flur.
 
Ich blickte zu Angelina, die genauso wie ich noch auf ihrem Stuhl saß.
 
,,Ich werde nach Kayl suchen gehen“, sagte sie nur uns stand seufzend auf.
 
Jetzt saß ich ganz alleine da.
Wie gern hätte ich Angelina einfach gleichtun wollen. Ich und er hatten uns seit dem Brief von Brandon nicht mehr gesehen und irgendwie machte ich mir Sorgen um ihn. Aber es war zu riskant. Ich wurde immer und überall beobachtet.
Apropos beobachtet.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie ein Security-Mann zu mir sah und leise etwas in sein Funkgerät sprach.
 
Wütend stand ich auf und lief aus dem Essensaal. Nun wusste Brandon wohl, dass ich keinerlei Interesse daran hatte nach den Rosen suchen zu gehen. Dies war mir jedoch völlig gleichgültig. Ich musste mir keine Mühe geben, um weiterhin hier verweilen zu dürfen. Außerdem wollte ich dieses Date mit ihm nicht. Er wäre dumm, wenn er dies nicht wissen würde oder etwas anderes von mir erwartet hätte.
 
Ich betrat mein Zimmer. Hier hatte ich wenigstens keine Anhängsel, die mir auf Schritt und Tritt folgten.
Mit meinem Rücken lehnte ich an die Tür.
 
‘So langsam wächst mir alles über den Kopf hinaus. Wenn das so weiter geht, dann würde ich noch einen Nervenzusammenbruch erleiden.‘

Ich ließ mein Blick durch das Zimmer wandern und blieb an meinem Bett hängen. Das zusammengefaltete Blatt Papier, welches auf meiner Bettdecke lag, entdeckte ich sofort und stöhnt innerlich auf.
Wütend stampfte ich darauf zu und entfaltete es.
 
‘Was hast du mir jetzt zu sagen, Arschloch‘

Guten Morgen, meine Schöne. Weißt du, ich habe mir schon gedacht, dass dich die Such nach den Rosen kein bisschen interessieren wird. Du bist manchmal so durchschaubar. Also habe ich mir überlegt, was ich dafür tun könnte, um es etwas interessanter für dich zu gestalten.
Dass Kayl seit gestern unauffindbar ist, ist kein Zufall.
Du hast bis heute Abend Zeit, die meisten Rosen zu finden, ansonsten wird es für Kayl ziemlich ungemütlich werden.
Die Zeit läuft.
- Mister X
 
Mein Herz raste. Mit zittriger Hand legte ich die Nachricht wieder aufs Bett und fuhr mir über die Haare.
Brandon wusste, wie er mich dazu bringt, das zu tun, was er wollte. Und scheiße, es funktionierte.
 
Mit schnellen Schritten verließ ich mein Zimmer. Hektisch lief ich zum Fenster, auf dem ich direkt in den Garten sehen konnte. In den Händen von ein paar Kandidatinnen hatte sich schon ein kleiner Rosenstrauß gebildet, der mein Herz noch schnell schlagen ließ als es eh schon schlug.
Je mehr sie sammelten, desto weniger blieb für mich übrig. Etwas gestresst fing ich an mich im Flur umzusehen.
Hinter einer der Statuen fand ich schließlich meine erste Rose. Im Gästeklo, meine Zweite. Doch danach, egal wo ich auch hinging, war keine Rose mehr aufzufinden.
 
Wütend biss ich meine Zähne zusammen. ‘Er konnte doch nicht von mir erwarten, dass ich mehr sammle als die anderen, wenn er doch wusste, dass ich viel später damit anfangen würde!‘
 
,,Wow, Mira. Du hast aber viele Rosen“, hörte ich Baleys spöttische Stimme hinter mir. ,,Gibt’s wohl diesmal kein Date für dich“
 
Eine Welle an Wut überkam mich plötzlich und ließ mich zu ihr umdrehen. Mein Griff um die Rosen verstärkte sich automatisch, sodass sich die Dornen der Rosen in meine Handinnenfläche bohrten.
 
,,Liegt dir wohl sehr auf der Seele, dass Brandon das Date mit dir abgesagt hatte, weil er lieber Zeit mit mir verbringen wollte. Oh, warte. Er hat dir an dem Tag ja gar nicht abgesagt, sondern dich einfach stehen gelassen“, konterte ich.
 
Ich war überhaupt nicht wütend auf sie. Mir war das Date und Brandon völlig egal gewesen. Sie war einfach nur zu falschen Zeit am falschen Ort.
 
,,Pass auf, was du sagst, Mira. Du legst dich gerade mit der falschen Person an“, sagte sie drohend und kam mir näher.
 
Das schüchterte mich in diesem Moment keinesfalls ein, denn ich war auf 180.
 
Ich warf ihr meine zwei Rosen vor die Füße. ,,Hier. Damit du dieses Mal auch wirklich dein Date bekommst“, meinte ich und wandte mich daraufhin von ihr ab.
Es hatte sowieso keinen Sinn mehr. Es war bereits nach Nachmittag und in zwei Stunden würde das Abendessen beginnen. In dieser Zeit hätte ich niemals mehr Rosen gesammelt, als die anderen.
 
Tränen der Wut überkamen mich. ‘Jetzt würde auch noch Kayl meinetwegen leiden müssen‘
 
Ich sah runter auf meine rechte Hand, die blutige Spuren aufwies. An einer Stelle steckte sogar noch ein Dorn. Mit langsamen Schritten lief ich in den Garten und steuerte auf den Brunnen zu.
 
‘Ich hatte doch von Anfang an keine Chance gehabt‘
 
Vorsichtig zog ich die Dorne aus meiner Handinnenfläche und kniete mich vor den Brunnen.
 
‘Warum hat er mich dann dennoch losgeschickt? Zum Spaß?‘
 
Ich tauchte meine Hände ins kühle Wasser, um das ganze Blut auszuwaschen.
 
Und dann schoss mein Kopf in die Höhe. ‘Es sei denn…..‘
 
Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und rannte zurück ins Schloss.
 
‘Er hätte mich nicht losgeschickt, wenn es völlig sinnlos wäre. Es sei denn die Rosen, die ich brauche um zu gewinnen, befinden sich an dem Ort, welchen nur ich kenne‘
 
Schnaufend erreichte ich den dritten Stock und eilte zur Statue.
 
‘Bitte lass mich richtig liegen‘, flehte ich in Gedanken. ‘Schließlich hätte er auch einfach nur ein Sadist sein können, der gern Menschen dabei zusah, wie sie durchdrehten, während sie versuchten eine Aufgabe zu lösen, die eigentlich unlösbar war.
 
Ich drückte die Statue ein Stück beiseite und quetschte mich durch den Spalt. Dann bestieg ich die Wendeltreppe. Oben angekommen, fiel ich erleichtert auf die Knie. Meine Vermutung hatte sich bestätigt.
Mitten im Turmzimmer stand ein Rosenstrauß aus mindestens fünfzehn Rosen.
Auf allen vieren kroch ich näher ran und entfaltete das Kärtchen, welches an den Rosenköpfen befestigt war.

Siehst du. Du kannst doch, wenn du willst.
- Mister X
 

Mister XWo Geschichten leben. Entdecke jetzt