Beim Abendessen saß ich ganz alleine an unserem Tisch. Angelina schien allem Anschein noch immer nicht von ihrem Date zurück zu sein und Emma und ihre Freundinnen sah ich auch nirgends im Essenssaal. Da beim Abendessen nicht immer alle anwesend waren, sorgte ich mich nicht um Emma. Sie war wahrscheinlich irgendwo mit ihren Freundinnen unterwegs.
,,Darf ich mich für heute zu dir setzten?"
Ich hob meinen Kopf und bemerkte Ariana, die mit ihrem Teller und Besteck vor mir stand und mich freundlich anlächelte. Mittlerweile hatte ich es mit den ganzen Namen echt darauf. Das musste ich schon zugeben. Mit ihren Bambi-Augen, welche so ziemlich die gleiche Größe hatten, wie die von Emma und langen, braunen Haaren, welche ihr bis unter den Po reichten, sah sie ziemlich süß und unschuldig aus. Ob sie es im Endeffekt war, wusste ich nicht. Dafür kannte ich sie nicht gut genug. Oder besser gesagt kaum.
,,Ja, klar. Setzt dich ruhig", gleichgültig zuckte ich mit den Schultern.
,,Danke". Mit einem breiten Lächeln setzte sie sich auf den Stuhl schräg links von mir, auf welchem normalerweise Emma immer saß. ,,Bin heute nämlich auch alleine zum Abendessen gekommen und fühle mich etwas unwohl. Ich dachte mir, vielleicht würde es dir genauso ergehen. Vor allem da Angelina nun raus ist und Emma sich neue Freundinnen gefunden hat", meinte sie und fing währenddessen an zu essen.
Ich stockte in meiner Bewegung. ,,Woher hast du die Information, dass Angelina raus ist?", fragte ich beunruhigt. 'Das konnte nicht sein. Das hätte ich doch mitbekommen'
,,Du hast es noch nicht gehört?", ungläubig klimperte sie mit ihren Wimpern. ,,Brandon ist schon lange von dem Date mit ihr zurückgekommen und befindet sich gerade auf einem anderen mit Lydia. Angelina hat das Schloss seit dem nicht mehr betreten. Ist wohl nicht so gut zwischen den beiden gelaufen, wenn es sie schon nach dem ersten Date nach Hause geschickt hat"
Ich schluckte.
,,Entschuldige mich bitte", sagte ich mit innerlich aufkeimender Wut und stampfte aus dem Essenssaal. Das war's. Das war der letzte Tropfen gewesen, welcher das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. Er nahm mir meine einzige Verbündete, mit der ich jederzeit über alles sprechen konnte. Er nahm mir meine einzige Freundin hier und brachte sie Gott weiß wohin. Ich ballte meine Hände zu Fäusten während ich den Flur entlang schritt und versuchte meine Tränen zurückzuhalten. Wir wussten nicht, wo sie war. Wir wussten nicht, in welchen Verhältnissen sie sich befand. Wir wussten gar nichts. Mein Tränenschleier verschwamm, meine Sicht und viel zu spät bemerkte ich, wie jemand von der Ecke gelaufen kam, weshalb ich mit voller Wucht gegen ihn stieß.
Schnell fasste mich derjenige am Arm, damit ich mein Gleichgewicht wieder erlangen konnte und nicht zu Boden fiel. ,,Alles okay?". Besorgte hellbraune Augen scannten mich von oben bis unten. Es war der blonde Security-Mann, welcher mir zuvor die Anweisung gegeben hatte in den Keller zu Kayl zu gehen.
,,Ja", antwortete ich schnell mit dem Blick zu Boden und nickte. Es war mir äußerst unangenehm, dass er mich in so eine Verfassung sah, weshalb ich mich seinem Griff wieder entziehen und meinen Weg fortführen wollte, als ich etwas in meiner Handinnenfläche spürte. Ich sah nicht, was es war. Versteckte es nur in meiner Faust, damit die Kameras nichts davon mitbekamen. Mit einem kurzen Nicken ließ er mich schließlich los und lief an mir vorbei.
Angelina trägt einen Chip bei sich, mit dem wir sie orten konnten. Sie ist im Wald. Wir gehen sie nach meiner Schicht holen. Mach dir keine Sorgen. - Kayl
Las ich auf dem Stück Papier, nachdem ich es in meinem Badezimmer entfaltete hatte.
Erleichtert atmete ich auf. Da wo Angelina war, würden wir auch die anderen finden. Das war unsere Chance. Wir konnten dem allen hier endlich ein Ende setzten. Vorausgesetzt, wir würden es schaffen. Das Kayl mit dem Wort 'Wir' nicht auch mich meinte konnte ich mir schon denken, jedoch wollte ich nicht die ganze Nacht so untätig herumsitzen und bangen müssen, ob sie es letztendlich schaffen würden oder nicht. Ich würde in dieser Nacht kein Auge zu bekommen. Das war klar. Also beschloss ich mitzugehen. Eine weitere Person konnte schließlich nicht schaden. Um 22 Uhr war Schichtwechsel. Das wusste ich, da Kayl mich immer nach dieser Uhrzeit besuchen gekommen ist. Somit ließ sich daraus schließen, er würde sich erst frühestens nach 22 Uhr auf den Weg machen können. Jetzt musste ich nur noch einen Plan schmieden, bei welchem ich unbemerkt mein Zimmer verlassen konnte. Leider stellte sich das als schwieriger heraus, als ich gedacht hatte. In meinem Zimmer und außerhalb befanden sich einfach zu viele Kameras. Ohne Hilfe würde ich es niemals schaffen.

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Mister X
Mystère / ThrillerEine verlorene Wette, ein Casting, ein Mister X, eine Reality-Show. Eigentlich ganz harmlos...wenn man natürlich die mysteriösen Briefe, das Verschwinden der Kandidatinnen, die ganzen Security-Männer und das seltsame Verhalten der Veranstalter ignor...