Während ich am Frisiertisch saß und mir Theo meine Haare zurück gelte, konnte ich an nichts anderes denken als an Brandons Worte.
Ich will Mira……dass, du das Spiel zu Ende spielst.
‘Das Spiel zu Ende spielen. Wenn ich nur wüsste, wie das gehen soll. Ich drehte ja jetzt schon fast durch. Und nun konnte ich nicht mal mehr mit Kayl darüber reden. Man darf uns nicht mehr gemeinsam zu Gesicht bekommen. Außerdem muss Kayl aufhören zu schnüffeln. Die Drohung von Brandon war klar und deutlich. Ich hoffe Kayl würde sich zurückhalten‘
,,Du bist heute aber sehr gesprächig“, scherzte Theo und lachte etwas.
,,Tut mir leid. Ich bin nur müde“. Ich stand vom Stuhl auf. ,,Zeig mir mein Kleid“, sagte ich jetzt etwas motivierter.
,,So ist’s besser“, sagte er und schob die Puppe mit dem Kleid ins Ankleidezimmer.
Eigentlich war mir ganz egal, was ich tragen werde. Brandon würde mich auch in einem Kartoffelsack weiter in die nächste Runde lassen.
Das Kleid, welches Theo für die Zeremonie kreiert hatte, war rot, bodenlang und mit einem Beinschlitz. Dazu war es enganliegend und trägerlos. Im Gegensatz du den ganzen vorherigen Kleidern ziemlich gewöhnlich.
,,Ich habe mir gedacht, dass wir das Outfit mit ganze viel Schmuck aufpeppen“, überlegte Theo und wartete auf meine Reaktion.
,,Das würde mir gefallen“, sagte ich und setzte ein Lächeln auf.
‘Ob er wusste, was hier vor sich geht? Oder wissen es alle außer uns Kandidatinnen? Aber dann müsste es Kayl doch auch wissen, oder? Vielleicht spielt er ja nur seine Rolle in diesem Spiel.
Aber warum sollte Brandon dann wollen, dass ich ihn auf kürzerer Leine hielt?
Also wusste es doch nicht‘
So viele Fragen, auf die ich einfach keine Antworten fand. Ich zweifelte mittlerweile an alles und jedem. Vielleicht wusste ja einfach alle davon Bescheid und nur ich werde im Dunkeln gelassen.
Ich war so kurz davor, durchzudrehen.
Ich brauchte ein Handy. Eine Internetverbindung. Einfach irgendetwas um mich mit jemandem außerhalb in Verbindung zu setzen, der mich hier herausholen konnte.
Aber wie?
,,Das wird schon nicht dein letzter Abend hier im Schloss sein, Mira. Mach dir da gar keinen Kopf“, sagte Theo und sog mir ein silbernes Armkettchen an. Er interpretierte meine Stimmung völlig falsch, doch in diesem Moment war es gut so. Dass ich ihn auch noch in Gefahr bringen könnte, wenn er anfangen würde zu merken, dass sich meine Stimmung auf etwas völlig anderes bezieht, fehlt mir noch.
,,Ja“, hauchte ich nur und blickte in den Spiegel. Meine Zeit ist noch nicht gekommen. Das hat mir Brandon schon deutlich gemacht.
,,Na komm“. Theo hielt mir seinen Arm hin, um mich wie vor jeder Zeremonie vor den Versammlungsraum zu führen.
Dort zählte einer hinter der Kamera den Countdown von fünf herunter und die Tür sprang auf.
Emotionslos stellte ich mich zu den andren. Von der Seite bemerkte ich die verwunderten Blicke von Angelina und Emma.
‘Ah, stimmt ja. Wir hatten uns eigentlich gestern voneinander verabschiedet‘
Brandon kam nach mir durch die Doppeltür und stellte sich wie immer vor uns, zu dem Beistelltisch mit den roten Rosen.
Langsam nahm er eine von ihnen in die Hand.
,,Wisst ihr. Ich hatte heute keine Lust, die Zeremonie klassisch zu durchführen“. Er drehte die Rose zwischen seinen Fingern. Mir fiel auf, dass er das immer dann tat, wenn er überlegte.
,,Also habe ich mir etwas anderes überlegt“. Nun sah er auf. ,,Ich werde jede einzelne von euch gleich zu mir rufen und ein kurzes Gespräch führen“
Ich sah, wie viele der Kandidatinnen daraufhin strahlen und sich sichtlich darauf freuten.
‘Wenn ihr nur wüsste, was für ein krankes Spiel er hier treibt‘, dachte ich und griff nach einem Glas Champagner.
,,Baley, würdest du als erste mit mir kommen?“
Baley hackte sich bei ihm ein und zusammen verließen sie den Saal.
Kurz darauf vernahm ich Schritte, die direkt auf mich zusteuerten. ,,Hast du es dir doch noch anders überlegt?“
,,So zu sagen“, antwortete ich Angelina und trank mein Glas in einem Zug leer.
‘Ich musste dringen mit Kayl reden, nur wie stelle ich das an? Brandon wusste mittlerweile von unseren Badezimmertreffen. Das war keine Option mehr.‘
,,Ich bin verwirrt. Bleibst du jetzt oder gehst du heute Abend?“, fragte Emma und runzelte die Stirn.
,,Ich bleibe“, sagte ich seufzend. ,,Brandon hat mich heute Morgen überredet nicht zu gehen“, erklärte ich. Dass er mich eigentlich mit seinen Drohungen aufgehalten hat, ließ ich bewusst weg.
Ich sah zu Angelina und plötzlich bekam ich eine Idee. Kurz sah ich mich nach den Kameras um, die zum Glück weiter weg standen und die anderen Kandidatinnen im Visier hatten.
,,Brandon hat mir erzählt, dass du viel Zeit mit Kayl verbringst“, sagte ich leise und stellte mich näher zu ihr.
,,Ich hätte noch mehr Zeit mit ihm verbracht, hättest du uns auf dem Ball nicht dazwischen gefunkt“.
‘Oh, da war wohl jemand doch noch ziemlich sauer auf mich. Gestern beim Frühstückstisch hat sie es jedenfalls nicht zeigen wollen. Vielleicht aber auch nur, weil ich gehen wollte und ihre Turteleien nicht mehr stören könnte'
Ich ignorierte ihre Aussage.
,,Könntest du ihn fragen, ob er weiß, wo sich unsere Handys befinden? Und eventuell, ob er mir meins bringen könnte?“, flüsterte ich.
Mit verschränkten Armen stand sie da. ,,Wieso fragst du ihn nicht selbst?“
Ich verdrehte meine Augen. ,,Ich habe dir gerade einen Grund dazu gegeben Kayl nochmal in dein Zimmer einladen zu können und du lehnst ab?“
,,Wieso glaubst du, dass er nicht freiwillig zu mir kommen würde?“
,,Okay, Stopp. Was wird das hier?“, unterbrach uns Emma und sah uns abwechselnd an.
Ich seufzte. ‘Das führt gerade in eine ganz falsche Richtung. Versuchen wir es mal anders.‘
,,Du hast mehr Kontakt zu ihm als ich. Wenn ich ihn fragen würde, wird er eher ablehnen“, sagte ich schließlich und sah sie bittend an.
Schnaufend sah sie kurz zur Seite und dann wieder zu mir. ,,Ja, okay. Ich mach’s“, sagte sie ergeben. Erleichtert atmete ich aus.
‘Gut, dann konnten wir jetzt wenigstens über Angelina miteinander kommunizieren‘
,,Wofür brachst du es überhaupt? Ist es wegen deines Hundes ?“, fragte Emma.
,,Ja, ich kann nicht mehr länger warten. Ich muss jetzt wissen, wie es ihm geht“, log ich.
Verstehend nickte sie.
,,Emma würdest du mit mir mitkommen?“, hörten wir Brandon rufen und sofort setzte Emma ein breites Lächeln auf und lief auf ihn zu.
Emma war nicht verliebt. Ich glaube noch nicht einmal das Brandon ihr sympathisch ist. Ich denke eher, dass sie auf seinen Status aus ist, der sie in die Welt der Stars befördern würde, wenn er sich für sie entscheidet. Gut möglich, dass sie mir und Angelina gegenüber auch nur eine Rolle spielt. Sie war ja schließlich Schauspielerin.
,,Willst du dich den gar nicht bei mir entschuldigen?“, unterbrach mich Angelina in meinem Gedankengang und ließ mich mit ihren Worten innerlich aufstöhnen.
‘Warum konnte sie es nicht einfach vergessen? So ein schreckliches Verbrechen meinerseits war es jetzt auch wieder nicht. Und entschuldigen wollte ich mich deswegen erst recht nicht. Es tut mir nämlich nicht leid. Aber andererseits wollte ich unbedingt wissen, ob Kayl ihr etwas erzählt hat. Und dafür mussten wir uns zu aller erst wieder versöhnen‘
,,Hör zu….“, fing ich an und strich meine Haare nach hinten. ,,Während ich mit Brandon getanzt habe, habe ich ständig zu euch beiden rübergeschaut, weil ihr so süß zusammen aussaht“.
‘Okay, guter Anfang, Mira. Mach weiter so‘
,,Brandon hat es gestört und nur deswegen hat er zu Kayl gesagt, dass er seine Arbeit wieder nachgehen soll. Damit ich nicht mehr abgelenkt bin“. Ich sah ihr in die Augen. ,,Es war nur unbewusst meine Schuld und hatte gar keinen bösen Hintergrund“
‘Willkommen in der Welt der Lügen, Mira. Zurzeit sind es eindeutig viel zu viele‘
Plötzlich schlug Angelina mich am Arm. ,,Warum hast du das nicht schon früher gesagt?! Ich habe mir also völlig umsonst einen Kopf gemacht. Man, ich dachte schon, du willst mir Kayl ausspannen“, sagte sie böse.
Ich strich mir über meinen Arm. ‘Irgendwie tat das gerade schon echt weh‘
,,Jetzt weißt du es ja“
Sie verdrehte daraufhin nur ihre Augen.
,,Wie weit ist es eigentlich schon mit euch? Kann man euch schon ein Pärchen nennen?“, fragte ich und wippte mit meinen Augenbrauen auf und ab.
,,Mmm…“. Sie sah kurz auf den Boden und dann wieder auf. ,,Kann das noch ein Geheimnis bleiben?“
‘Ich hatte wirklich ein Talent dafür, Leute dazu zu bringen, mir nie wirklich auf meine Fragen zu antworten‘
,,Natürlich“, lächelte ich. ‘Was den auch sonst‘
Brandon kam kurz darauf wieder in den Saal und holte Angelina zu sich. Da ich wusste, dass sie die Nummer sieben ist und Brandon, wie es aussah, nach der Reihenfolge aufrief, hatte ich noch eine Weile zu warten und griff nach meinem nächsten Champagnerglas.
‘Waren heute Morgen im Wald eigentlich Kameras anwesend?‘
Ich hatte mich mittlerweile so daran gewöhnt, dass ich diese gar nicht mehr wahrnahm.
‘Wenn sie da waren, dann müssten sie doch unser Gespräch aufgenommen haben und würden es dann ausstrahlen, oder?‘
Nach kurzem Überlegen wurde klar. ‘Nein, Brandon würde das nicht zulassen‘
Eine Kandidatin nach der anderen wurden abgeholt und es wurde immer leerer im Saal. Gelangweilt sah ich zur Uhr. Wie ich es doch hasste zu warten.
,,Ich habe vorher euer Gespräch mit angehört. Du willst an dein Handy?“
,,Falsch gehört“, sagte ich und nippte an meinem Glas.
Sie lachte leicht. ,,Ich würde es an deiner Stelle lassen. Jeder, der hier gegen die Regeln verstößt oder irgendetwas hinterfragt, wird von der Limousine geholt. Und glaub mir, sie fährt dich nicht nach Hause.“
Ich runzelte die Stirn. ,,Was weißt du davon?“
,,Oh, will da jetzt doch jemand mit mir reden?“, spottete sie.
,,Du kommst nicht ohne Grund gerade zu mir, also rede“, sagte ich mit Nachdruck. ‘Konnte nicht wenigstens eine Person hier im Schloss mit mir Klartext reden verdammt?!‘
,,Nicht hier“
Ich sah zu ihr runter. Sie war etwas kleiner als ich und hatte lange, wellige braune Haare.
,,Zweiter Stock, vierte Tür links. Komm nach deinem Gespräch mit Brandon“
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Mister X
Mystery / ThrillerEine verlorene Wette, ein Casting, ein Mister X, eine Reality-Show. Eigentlich ganz harmlos...wenn man natürlich die mysteriösen Briefe, das Verschwinden der Kandidatinnen, die ganzen Security-Männer und das seltsame Verhalten der Veranstalter ignor...