Es ist komisch.
Man kann eine Person nicht leiden. Hasst sie womöglich aus tiefstem Herzen und wünscht sich nichts Sehnlicheres als sie nie wieder sehen zu müssen. Doch wenn es hart auf hart kommt und diese Person um ihr Leben kämpft, ist man gewillt zu helfen. Oder ist traurig, falls diese Person doch noch sterben sollte. Warum ist das so? Was genau erwacht da eigentlich in uns in Momenten wie diesen?,,Mira!". Emma kam angerannte und zog mich sogleich in eine feste Umarmung. Geistig abwesend, legte ich nur automatisch meine Arme um ihren kleinen Körper.
Liegt es vielleicht daran, dass wir Menschen Angst vor dem Tod haben? Angst vor der Ungewissheit? Der Dunkelheit, in welche man viel, wenn man starb?
Der Security-Mann, dem ich vorher gefolgt war, sah kurz zu uns beiden rüber und drehte seinen Kopf wieder von uns weg. Ließ uns Zeit.
Während Emma schon angefangen hat aus vollem Halse zu weinen, starrte ich nur emotionslos vor mich in den Flur.Womöglich aber ist es auch einfach nur unser menschlicher Instinkt, welcher in solchen Situationen zum Vorschein tritt. Der Kopf schaltet sich aus, die Gefühle für diese Person werden für kurze Zeit in eine Schublade gesperrt und nur der Körper versucht mit allen Mitteln dieser Person zu helfen. Ein Reflex.
Aus der Ecke sah ich, wie ein weiterer Security-Mann mit einem zerstreuten, fast schon erschrockenen Blick angerannt kam. Als er Emma bemerkte, atmete er hörbar aus und verlangsamte seinen Schritt. Er hatte sie wohl für eine kurze Zeit aus den Augen verloren oder sie ist ihm entflohen.
Ich erwachte erst aus meiner Starre, als Emma ihre Heulattake so langsam wieder in den Griff bekam und die Security-Männer uns aufforderten weiter zu gehen. Sofort ergriff Emma alarmierend meine Hand, um zu signalisieren, dass sie von mir nicht getrennt werden wollte. Die Security-Männer sagten nichts dazu. Somit liefen ich und Emma Hand in Hand den beiden in schwarze Uniform gekleideten Männern hinterher.Es war still im Schloss. Es war wie ausgestorben.
,,Ausgestorben", ein Wort, welches wir oft und ohne Bedenken verwenden. Es ist nur eine Metapher für die Leere oder die Stille. Eigentlich harmlos, sollte man es nicht wörtlich nehmen.
Keine Menschenseele begegnete uns, als wir durch die Flure liefen. Es gab nur noch uns beiden. Mich und Emma. Alle anderen waren schon weg.
'Ob sie noch leben?'. Ich biss mir bei diesem Gedanken auf die Innenseite meiner Wange. Verbot mir so zu denken.
'Sie leben und ich werde nicht zu spät kommen. Ich werde es rechtzeitig schaffen. Ich muss.'Einzig und allein unsere lauten Schritte brachten etwas Leben ins Schloss, begleitet von Emmas leisen Schniefen.
Wir wurden in mein Zimmer geführt. Die Türe hinter uns fiel daraufhin nicht nur ins Schloss, sondern wurde auch noch zugesperrt. Ein 'Klick' und es hallten erneut die schweren Schritte der beiden Security-Männer durch den Flur. Sie entfernten sich.Sogleich fing Emma erneut lauthals an zu weinen und fiel auf die Knie. ,,Ich will nicht sterben", nuschelte sie in ihre Hände, mit welchen sie ihr Gesicht bedeckte.
,,Beruhig dich Emma", sagte ich abwesend und sah nicht mal zu ihr runter. Die Sonne, welche ich durch die Balkontüre beobachten konnte, stand hoch am wolkenlosen Himmel. Sie kündigte uns einen warmen und sonnigen Tag an.
,,Emma, das reicht". Ich setzte mich direkt vor ihr auf die Hocke, als mir ihr Geheule nach einiger Zeit auf die Nerven ging. ,,Das hilft uns nicht weiter. Reiß dich zusammen".
Emma dachte jedoch gar nicht daran, aufzuhören. Stattdessen wurde ihr Schluchzen immer abgehakter. Sie steigerte sich immer mehr hinein und ich hatte die Sorge, sie würde zusammenbrechen, sollte es so weiter gehen.,,Emma!", sagte ich nun lauter und packte sie an den Schultern, um sie etwas durchzuschütteln. Ihr Verhalten machte mir Angst, zumal ich überhaupt nicht wusste, was ich zu tun hatte, sollte sie plötzlich aufgrund Hyperventilation ihr Bewusstsein verlieren.
Sie stockte für einen kurzen Moment unerwartet und hob den Kopf, sodass sie direkt in meine Augen sah.
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Mister X
Mystery / ThrillerEine verlorene Wette, ein Casting, ein Mister X, eine Reality-Show. Eigentlich ganz harmlos...wenn man natürlich die mysteriösen Briefe, das Verschwinden der Kandidatinnen, die ganzen Security-Männer und das seltsame Verhalten der Veranstalter ignor...