Kapitel 12 - Landen

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Ich habe beschissen geschlafen. Richtig beschissen.

Das hat nicht daran gelegen, dass Summers Schlafsofa ungemütlich wäre oder mich etwas an der Wohnung stört.

Nein, es ist die schwarzhaarige sportliche Frau, die jetzt meine Mitbewohnerin ist, die mich wachgehalten hat. Allerdings nicht so, wie mein dämlicher Körper es sich gewünscht hätte.

Die Kombination aus zu viel Wein, diesen ganzen Details über Summers Sexleben und der knisternden Spannung, die sich zwischen uns aufgebaut hat, bevor sie in ihr Zimmer geflüchtet ist, sind es gewesen, die mich vom Schlafen abgehalten haben.

Das ist definitiv zu viel für den Teil meines Körpers gewesen, der mitten in der Pubertät hängen geblieben ist.

Frustriert stöhne ich auf, trete die Decke von meinem Körper und krame meine Sportklamotten aus dem Seesack. Es ist zwar erst halb sechs in der Früh, aber es ist aussichtslos, dass ich noch einmal in den Schlaf finde.

Zumindest nicht, wenn ich nicht...

Nein, wirst du nicht!

Diesen inneren Kampf habe ich in der vergangenen Nacht unzählige Male gekämpft. Aber ich habe meine Prinzipien. Summer ist schon tabu für mich, seit sich herausgestellt hat, dass sie die beste Freundin meiner kleinen Schwester ist. Jetzt, da wir Mitbewohner sind, erst recht.

Und da ist es absolut nicht hilfreich, wenn ich meine eigenen Hände auf Wanderschaft schicke, während ich ihr schmales Gesicht vor Augen habe.

Also muss ich auf andere Weise Dampf ablassen. Eine ausgedehnte Laufrunde mit anschließender kalter Dusche sollte für heute genügen, aber keine Ahnung, wie ich es in den kommenden zwei Monaten aushalten soll.

Summer ist jetzt quasi meine kleine Schwester! Also reiß dich zusammen!

Etwas zu energisch stecke ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und starte meine Playlist. Nachdem ich meine Schlüssel in die Hosentasche meiner Laufhose gesteckt habe, meine Sportschuhe in eine Hand nehme, um sie regelkonform erst im Flur anzuziehen, geht es auch schon los.

Vor der Haustür erwartet mich ein leichter Nieselregen, doch schon nach den ersten Minuten, spüre ich kaum mehr, wie er meine Kleidung beginnt zu durchnässen.

Da ich mich in State College nicht auskenne, verlaufe ich mich mehrere Male. Ivy hat mich zwar bei meinen bisher zwei Besuchen hier an alle möglichen Ecken geschleift, aber was ihre Sightseeing-Touren betrifft hat meine kleine Schwester wirklich ein Talent dafür, alles kreuz und quer abzulaufen, sodass sie selbst oft nicht mehr weiß, wo wir uns überhaupt befinden.

Aufgrund meiner Orientierungslosigkeit bin ich auch eine ganze Weile unterwegs und muss ein paar Mal Google Maps zu Rate ziehen, aber schließlich stehe ich nach knapp zwei Stunden mit einer Tüte Brötchen und Croissants vom nahgelegenen Bäcker in der Hand wieder vor dem Mehrfamilienhaus, in dessen Erdgeschoss sich Summers und Rachels Zuhause befindet.

Für die nächsten zwei Monate auch meines. Und deshalb habe ich beim Laufen einen Entschluss gefasst.

Diese Flirterei und der ständige Drang, Summer reizen zu müssen, um diese taffe schlagfertige Frau aus ihr heraus zu kitzeln, hat ab heute ein Ende. Was ich da gestern veranstaltet habe, ist selten dämlich gewesen. Ich schiebe es auf den Alkohol, auch, wenn ich nur ein paar Gläser Wein hatte.

Aber Summer und ich, das wird niemals wieder passieren und es ist höchste Zeit, dass ich mich wie der erwachsene Mann benehme, der ich eigentlich bin.

Naja, eher, der ich sein sollte.

Seufzend öffne ich das kleine Gartentor, durchquere den schmalen Vorgarten, streife mir die nassen Sportschuhe schon vor der Haustür von den Füßen und öffne diese wie auch die Wohnungstür, die nur drei Schritte dahinter liegt.

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