Kapitel 6 - Summer

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„Ivy!", rufe ich durch das Treppenhaus, kaum habe ich die Haustür aufgestoßen.

Es ist mir egal, dass Freitagabend ist und ich gerade Ivys ganze Nachbarschaft zusammenbrülle. Ich bin mir sicher, kurz vor einer Panikattacke zu stehen. Genau so muss es sich anfühlen.

Ich will einfach nicht glauben, dass das wirklich passiert ist. Dass ich mein gesamtes Leben mit einem unüberlegten Quickie auf einer Flughafentoilette ruiniert habe.

Das darf nicht wahr sein!

Ich nehme zwei Stufen auf einmal, versuche meinen rasenden Atem unter Kontrolle zu bekommen. Trotz meiner Bemühungen schnappe ich bereits im ersten Stockwerk keuchend nach Luft. Doch das hindert mich nicht daran mein lebenserschütterndes Problem durch das ganze Wohngebäude zu rufen.

Die Erkenntnis, was die Sache zwischen dem Piloten und mir ruiniert hat, hat mich vor knapp einer halben Stunde getroffen. Ich bin nach wie vor überfordert und muss schnellstmöglich mit meiner besten Freundin reden.

„Er hat...", keuche ich, während ich weiterhechte. „...mich ruiniert!"

Ich erreiche das zweite Stockwerk. Es ist fast geschafft.

„Wir hatten..." ich schnappe nach Luft. „... nur einmal..."

Luft!

„...Sex!"

Schon am Absatz der letzten Treppen, kann ich das Licht sehen, dass aus Ivys Wohnung stammen muss. Sie scheint die Tür geöffnet zu haben und mich zu hören. Allein diese Tatsache hilft mir schon ungemein, mich zumindest etwas zu beruhigen.

Deshalb nehme ich die letzten Stufen langsamer, damit ich genug Atem habe, um ihr die ganze Problematik zu beschreiben.

„Das kann doch nicht sein! Es war ein Quickie auf einer Flugenhafentoilette! Der Sex mit Asher ist immer gut gewesen. Nicht außergewöhnlich, aber solide und befriedigend."

Ich mache eine theatralische Pause.

„Jetzt ist er es nicht mehr!", quieke ich.

Meine Stimme überschlägt sich beinahe.

„Wie ist es möglich, dass ein einziger Orgasmus mein ganzes Leben ruiniert?", wimmere ich, als ich die Wohnungstür erreiche.

Niedergeschlagen schaue ich auf, in der Erwartung in Ivys mitfühlende blaue Augen zu blicken und mich von ihr und einer großen Portion Eis trösten zu lassen.

Doch was ich stattdessen sehe, reißt mir den Boden unter den Füßen weg. Statt Ivys blaue Iriden, strahlen mir bernsteinfarbene entgegen.

Mir klappt die Kinnlade herunter, während mein Kopf aufgrund von Reizüberflutung für einige Sekunden ausfällt.

Unmöglich!

Das muss ein Traum sein. Ich blinzle mehrmals und zwicke mir selbst mit den Fingernägeln in die Handfläche.

Bestimmt habe ich mich einfach nur geirrt, schließlich sehe ich seit einer Woche ständig sein Gesicht in meinem Kopf.

Doch als ich die Augen wieder aufschlage, ist es noch das gleiche bekannte Gesicht, das mir entgegenblickt. Das braunblonde Haar, die markanten Züge, die schmalen Lippen. Ich erinnere mich noch ganz genau daran, wie sie geschmeckt haben.

„Herr Gott, Summer! Was brüllst du denn so herum?"

Ivy erscheint in meinem Augenwinkel, aber ich kann meinen überrumpelten Blick einfach nicht von dem Mann vor mir nehmen.

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