Teil 5

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Einen Moment zuvor...

Law saß an seinem Schreibtisch, der vom schwachen Licht einer Kerze beleuchtet wurde. Müde rieb er sich seine bereits roten Augen und löste seinen Blick von den Medizinbüchern und aktuellen Forschungszeitschriften. Er nutzte die Zeit und genoss die Ruhe, während seine Crew schlief, denn das U-Boot war selten still. In der Nacht hörte er nur das klackende Geräusch, wenn seine Kaffeetasse auf dem Tisch aufsetzte oder eine eine Seite umblätterte.

2:30 Uhr

Mina sang draußen auf dem Deck, wie es es einige Nächte zuvor auch schon getan hatte, und ihre schöne Stimme hallte bis zu ihm; ganz leise, doch laut genug, um ihn tief durchatmen zu lassen. Noch nie hatte er die Chance ergriffen, ihr zu sagen, wie schön er ihre Stimme und ihre Lieder findet. Dies wollte er unbedingt nachholen. Law hatte sich schon vor einer Weile eingestanden, dass er diese Frau mehr schätzte, als er jemals zugeben würde. Sie wurde innerhalb weniger Tage der Ruhepol zwischen den Chaoten, was normalerweise seine Aufgabe war.

Als sie ihn bei der letzten Untersuchung angeschnauzt hatte, hatte er sogar ein schlechtes Gewissen. Und es wurmte ihn immer noch, dass er nicht wusste, was mit ihr los war. Er war einfach froh, dass zwischen ihm und Mina wieder alles im Lot war, und insgeheim hoffte er, dass sie bei der Crew bliebe. Das würde sich morgen zeigen.

Etwas seltsames geschah. Die Stille riss ihn aus seinen Gedanken. Mina hatte aufgehört zu singen, obwohl das Lied noch nicht beendet schien. Er horchte noch einen Augenblick, doch sie stimmte es nicht erneut an. Der Chirurg seufzte enttäuscht und erhob sich von seinem Schreibtisch, um die wenigen Stunden Schlaf zu genießen, die ihm noch blieben. Schnell pustete er die Kerze aus und überwand die wenigen Schritte zu seinem Bett, in welches er sich hineinfallen ließ. Es knatschte leise und Law wälzte sich noch hin und her, doch trotz seiner Müdigkeit fand er nicht die richtige Position zum Einschlafen.

Er knurrte in sein Kopfkissen und endlich schien er in den Schlaf zu driften, als er hörte, wie jemand mit schnellen Schritten übers Deck huschte und anschließend im Sand neben der Polar Tang aufkam.

„Komisch", murmelte er und beschloss doch einen Blick nach draußen zu werfen. Als er an Deck stand, hörte er die fremde Stimme eines Mannes, die jegliche Müdigkeit von ihm riss.

„Woher kennst du meinen Namen!?", hörte er Mina wütend rufen und trat an die Reling. Vor seinem U-Boot standen sich Mina und Vizeadmiral Bastille gegenüber und Law konnte seinen Augen nicht trauen, denn die Ähnlichkeiten zwischen den beiden war unverkennbar. Natürlich war Minas Körperbau viel schmaler, als der des Vizeadmirals, doch sie war sehr muskulös durch ihr Training, ihr gesamtes Auftreten stand Bastilles in diesem Moment in nichts nach und die gleichen weinroten Haare wehten im leichten Wind.

„Ich kenne deinen Namen, da ich ihn dir gegeben habe", sprach Bastille in Ruhe und nun fiel auch bei Mina der Groschen. Ihre Hände begannen zu zittern und ihre Knie wurden weich. Für den Chirurgen war es erschreckend zu beobachten, wie die Fassade der jungen Frau bröckelte, obwohl sie in der Zeit, in der sie bei den Piraten gewesen ist, so unerschütterlich wirkte. Sie stand über den Dingen, doch nie weit entfernt, um den Bezug zu verlieren.

Schützend breitete Mina die Arme aus und murmelte leise wenige Worte, die Law aus der Ferne nicht verstehen konnte. Er zuckte zusammen, als sich ein Feuerschwall rechts und links von ihr bildete und die Polar Tang, und damit auch die Crew, vom Vizeadmiral trennte. Das Feuer knisterte und loderte bei jedem leichten Windstoß.

„Was willst du?", fragte Mina fauchend und gab dabei ihr bestes, stark zu klingen. Der Kloß in ihrem Hals erschwerte es ihr.

„Ich möchte dich fragen, wie es dir geht? Und wie es deiner Mutter geht?", Bastille trat einen Schritt auf sie zu und streckte seine große Hand nach vorne, „Mein Kind, ich habe dich seit deiner Geburt nicht mehr gesehen. Ich habe dich vermisst."

„Komm mir bloß nicht zu nahe!", drohte sie erneut und ließ mit einer lockeren Handbewegung die Flammen auflodern, „Du hast dich über 20 Jahre nicht um mich geschert. Wag es nicht, mir Gefühle vorzuheucheln."

Der Vizeadmiral möchte sich erklären, doch ihm bleiben die Worte im Hals stecken, denn, obwohl er verstehen konnte, dass seine Tochter abweisend war, verletzte es ihn. Es herrschte kurze Stille, bis Mina sie durchbrach, denn sie fühlte sich verpflichtet ihm zu sagen, was geschehen war.
„Mama ist tot", setzte sie an; ihre Stimme bebte, „Als Kind wurde mir gesagt, dass mein Herz zu schwach ist und früh aufhören wird zu schlagen. Es gibt eine Zauberformel, die es ermöglicht, dass man ohne Herzschlag weiter leben kann, wenn man das Leben eines anderen dafür opfert."

Bastille schluckte schwer.

„Als ich 17 Jahre alt war, blieb mein Herz für immer stehen. Mama sprach ihren letzten Zauber für mich. Das Blut in meinen Adern fließt wegen ihr weiter."

Tränen schossen Mina in die Augen und ein leichtes Schluchzen entwich ihr. Sie fühlte, wie sich ihr Brustkorb vor Trauer verkrampfte, doch sie kämpfte dagegen an.

„Mein bester Freund, der für mich wie ein Bruder war, wurde getötet. Und du besitzt die Dreistigkeit, vor mir aufzutauchen und zu fragen, wie es mir geht?!"

Auch Law erstarrte vor der Kraft ihrer wütenden Worte. Ihre Stimme, mit der Mina die schönsten Lieder sang, war durchtränkt von Schmerzen. Schmerzen, die er ihr mit Medikamenten nicht nehmen konnte.

Der große Mann räusperte sich und blickte beschämt zu Boden, „Mein Fehlen ist nicht zu entschuldigen. Ich wollte dich beschützen, damit du nicht zu einer Hexe werden mu-"

Mina bleckte die Zähne und sie streckte ihre Arme nach vorne, um dem Feuer an ihrer Seite den Befehl zu geben, vor zuschnallen. Schützend hob Bastille die Hände vor sein Gesicht und keuchte dabei erschrocken auf, doch die Flammen machten kurz vor ihm halt, ließen auf seiner Haut ein heißes Gefühl zurück, und weichen zurück an die Seite der Rothaarigen.

„Nenn mich nicht ‚Hexe'! Und Mama auch nicht!", schrie Mina voller Zorn, „Ich bin eine Zauberin und keine widerliche Hexe, die im Wald wohnt. Die magischen Künste sind ein Teil von mir."

Das Feuer loderte immer wieder auf und tanzte dynamisch im Wind.

„Es tut mir Leid, Lumina", setzte Bastille an und versuchte ein letztes Mal, einen Zugang zu seiner Tochter zu bekommen. Sie wollte ihn anschreien, dass seine Entschuldigung nichts wert sei, doch sie riss sich für einen Moment zusammen. Eigentlich wollte sie nur noch, dass er geht.

„Komm mit mir zur Marine. Solange auf dich kein Kopfgeld angesetzt ist, kann ich das machen", der Vizeadmiral hielt inne, „Wir können einen Neuanfang starten. Ich kann dich beschützen."

Mina fühlte ein starkes Stechen in ihrer Brust und zuckte zusammen. Ihr Vater sah, wie sie sich schmerzerfüllt an die Brust fasst, und eilte voller Sorge wenige Schritte auf sie zu, doch der Feuerzauber hielt ihn ab. Im Kopf der Frau herrschte grenzenloses Chaos. Sie verspürte eine starke Abneigung gegenüber ihrem Vater, doch sie fühlte auch seinen Schmerz und das Schlimmste war, dass sie sich paradoxerweise mit ihm verbunden fühlte. Eine Stimme in ihr schrie, dass sie endlich in seine Arme rennen sollte, damit er sie vor der Welt beschützen kann. Die andere Stimme schrie, dass sie ihn sofort in die Hölle schicken sollte. Beide Stimmen waren so laut, dass es in ihren Ohren schellte, ihr Kopf schmerzte.

Law hatte die ganze Szene stumm beobachtet und spürte den Kampf, den sie in ihrem Inneren austrug. Er konnte nicht mehr einschätzen, ob Mina ihn und die Crew verraten würde.

„Bitte geh", flüsterte die Rothaarige tonlos, „Die Marine ist deine Welt, aber nicht mein Schicksal."

Bastille wusste, dass er sie verloren hatte und eine Träne bahnte sich ihren Weg über sein Gesicht. 

Unravel (eine One Piece FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt