Teil 7

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Wenige Sonnenstrahlen drangen durch die Bullaugen der Polar Tang, doch es waren genug, um die Kajüte des Kapitäns zu erhellen. Mina musste sich eingestehen, dass sie bereits sehr lange nicht mehr so gut geschlafen hatte, also kuschelte sie ihren Kopf ins Kopfkissen und drückte sich näher an ihre Wärmequelle. Zuerst meinte sie, dass sie sich den klaren, gleichmäßigen Herzschlag nur einbilde, den sie leise neben sich vernahm; doch dann registrierte sie noch ein Schnarchen und ab dem Moment wusste sie: Hier stimmt was nicht.

Schlaftrunken blinzelte sie den Sand aus ihren Augen und erinnerte sich daran, was gestern Nacht geschehen war. Sie hatte ihren Vater wiedergesehen; jedes Wort hallte in ihren Ohren wieder und ein unbeschreiblich Zerrissenheit in ihrer Brust bildete sich. Sie verabscheute ihn dafür, dass er sie im Stich gelassen hat, und dennoch empfand sie für ihn etwas wie Liebe? Mina verstand ihre eigenen Gefühle nicht und krallte sich vor Wut im Bettlaken fest. Dabei wurde ihr klar, dass das Bettlaken kein Bettlaken war, sondern das Shirt von Law, der des Weiteren auch ihr Kopfkissen war. Wie ein Schlag ins Gesicht kamen auch die letzten Erinnerungen zurück. Sie hatte ihn gefragt, ob er sie beschütze und er hat es getan. Er ließ sie nicht mit ihren Gefühlen allein. Ein Segen für sie.

Der Mann an ihrer Seite schlief noch fest und seine sonst so harten Gesichtszüge waren nur ansatzweise zu erkennen. Während seine schwarzen Haare durcheinander in alle Himmelsrichtungen abstanden, wirkte er so friedlich, doch Minas Bauchgefühl verriet ihr, dass auch er sein Päckchen zu tragen hatte. Dies hatte er letzte Nacht auch angemerkt. Er hatte ihr etwas entgegen gebracht, was nicht jeder hätte tun können. Verständnis.

Obwohl beide die Vorgeschichte des jeweils anderen nicht kannten, stießen sie sich nicht ab, sondern zogen sich an. Law hätte sie nach all dem weg schicken können und Mina könnte spätestens jetzt aufstehen und gehen, doch sie wollte nicht. Im Gegenteil. Sie legte ihren Kopf wieder an seine Brust und lauschte seinem Herzschlag.

„Bitte lass mich bleiben", hauchte sie kaum hörbar zu sich selbst und begann erneut in den Schlaf zu driften, doch dann spürte sie seine Hand an ihrem Rücken und wie sie näher an ihn gedrückt wurde.

„Ich muss dir vertrauen können", sprach der Chirurg mit kratziger Stimme an, „Dafür musst du die Karten auf den Tisch legen."

Er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, seine Augen zu öffnen. Mina war bis vor kurzem überzeugt gewesen, er würde noch schlafen, doch sie hatte ihn gerade selbst gehört.

„Das werde ich", versprach sie murmelnd und hielt für einen Augenblick inne, „Das, was du gestern gesehen hast, waren meine magischen Fähigkeiten. Meine Zauber beziehen sich auf die Elemente Feuer und Luft. Sie funktionieren anders als Teufelskräfte. Was ist dir über Magie bekannt?"

Eine Weile dachte er über die Frage nach. Vorsichtig löste sich Mina aus Laws Griff und drehte sich auf den Bauch, um ihn mit müdem Blick und einem schiefen Grinsen anschauen zu können, denn sie wollte ihm aufmerksam zuhören.

„Magie und Zauberei war für mich lange Zeit nur ein Mythos. Ich habe zuvor noch nie jemanden kennengelernt, der die Kunst beherrscht. Wenn, dann nur Betrüger."

„Das wundert mich nicht. Ich kenne auch nur meine Mama, die außer mir selbst zaubern konnte. Es ist eine verdammt seltene Gabe, die zudem von Person zu Person unterschiedlich ist."

„Was wird passieren, wenn du ins Meer fällst?"

„Ich schwimme", antwortete sie schnell, „Denn ich bin nicht wie Teufelsfruchtnutzer verflucht. Meine Zauber haben einen anderen Nachteil. Wenn ich sie einmal ausgesprochen habe, kann ich sie nicht mehr zurück nehmen."

Mina stützte sich auf die Ellenbogen, um die Hände frei zu haben. Dabei tippte sie mit dem linken Zeigefinger auf die Knöchel der rechten Hand.

„Ein Zauber ist letztendlich nur ein Austausch und die Umwandlung von Energie. Wenn ich mich überschätze oder überfordere, brechen meine Knochen, weil die Magie sich ihre Kraft nehmen wird."

Der Chirurg hörte ihr gebannt zu und schaute ihr sie mit seinen sturmgrauen Augen ernst an.

„Verstanden, aber eine Sache noch. Was ist mit Bastille? Wie konnte er dich finden?"

„Ich vermute, das liegt daran." Sie zeigte ihm ihre dünne Goldkette, die sie um den Hals trug. Das Schmuckstück glänzte leicht trotz der wenigen Sonnenstrahlen. „Die Kette zuckte bereits einige Stunden zuvor. Wahrscheinlich hat Mama sie mit einem Zauber belegt, sodass sie ähnlich wie eine Vivre Card verhält. An Bastille konnte ich keine magische Kraft fühlen..."

Beim letzten Satz wurde Minas Stimme nach und nach kraftloser.

„... aber ich kenne ihn auch nicht. Und das ist gut so."

„Und du willst nichts mit ihm zu tun haben?"

„Nein." Ein energisches Kopfschütteln untermalte ihre Antwort. „Er hat mich und Mama verlassen. Er war nicht dabei, als mein Herz stehen blieb und sie ihr Leben für mich gab. Keine Sekunde war er Teil meiner Geschichte und jetzt soll er es auch nicht werden."

Es kostete sie viel Kraft, sich zusammen zu reißen und nicht wieder zu weinen.

„Er besaß allen Ernstes die Frechheit mich zu fragen, ob ich der Marine beitreten wolle. Die Marine, die mir Ace genommen hat."

Wenige Tränen fanden schließlich doch den Weg über ihre Wangen, doch Mina wischte sie sich eilig weg.

„Verdammte emotionale Inkontinenz. So oft, wie ich jetzt schon vor dir geflennt habe, komme ich mir richtig schwächlich vor", gestand sie und vergrub ihren Kopf im Kissen.

„Du bist ein Teil der Heart Piraten und damit bist du alles, aber nicht schwächlich", entgegnete Law und setzte sich auf, um sich aus dem Bett zu kämpfen.

Die Rothaarige traute ihren Ohren kaum.

„Wirklich?"

„Hörst du schlecht? Muss ich dich untersuchen?", scherzte der Captain und sammelte eine Vielzahl an leeren Kaffeetassen von seinem Schreibtisch, um sie in die Kombüse zu bringen.

„Warte."

Der Mann stoppte in seiner Bewegung. Auch Mina schälte sich aus der Decke und nahm Law einige Tassen ab, die beinahe drohten hinunter zu fallen.

„Danke."

„Schon gut, ich hab' zu danken. Für einfach alles", entgegnete sie und die Blicke der beiden trafen sich, um sich mit der gleichen guten Laune anzustrahlen. 

Unravel (eine One Piece FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt