Teil 30

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Mina lag im Krankenbett und driftete langsam aus dem Schlaf. Ihr Herz schlug gleichmäßig ruhig in ihrer Brust und sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Bei jedem Schlag spürte sie, wie die dünne Goldkette um ihren Hals zitterte. Das kam ihr seltsam vor und sie schreckte auf.

Es musste bereits Vormittag gewesen sein, so hell wie die Sonne durch die Bullaugen schien. Die Zauberin kniff die Augen wieder zu, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnte. Dennoch musste sie feststellen, dass ihre Sicht anders war, als zuvor, denn alles war verschwommen, was weiter als einige Meter war. Sie erinnerte sich nur noch wage an den Kampf gegen Blackbeard. Ihr letzter Angriff hat nicht nur ihrem Gegner schwer zugesetzt, sondern auch ihr selbst, doch damit hatte sie irgendwie gerechnet.

Mühsam rutschte sie in ihrem Bett ein wenig hoch, um sich im Zimmer umzublicken. Dabei achtete sie darauf, Law nicht zu wecken, der auf dem Stuhl neben ihr saß und seinen Oberkörper und seinen Kopf auf ihr Bett gelehnt hatte. Ein leises Schnarchen verriet, dass er noch schlief.

„Ohne dich wäre ich nicht mehr hier", flüsterte sie in seine Richtung, doch so leise, dass sie ihn nicht weckte. Am liebsten wäre sie mit ihrer Hand durch seine weichen Haare gefahren, doch jede kleine Bewegung schmerzte, sodass sie es lieber sein ließ. Vor dem Zimmer hörte sie Schritte und die Tür ging langsam auf.

„Oi, Trafalgar", sprach eine ihre bekannte Stimme, doch sie klang nicht so stark wie sonst, „Gibt es Neuigkeiten?"

Marco trat ein und Mina stellte fest, dass sie ihn kaum erkennen konnte, da ihre Augen nicht richtig fokussierten. Erst als der Blonde ungläubig näher an ihr Krankenbett kam, sah sie ihn und seine einbandagierten Verletzungen.

„Lumina, du lebst!"
Ihr fehlten zunächst die Worte und sie konnte seine Freude nicht teilen, denn sie fühlte mehr körperliche Schmerz als jede andere Emotion.

„Nicht so laut. Law schläft noch", nuschelte sie zögerlich, „Und ja, ich lebe."

Ein tiefes Seufzten begleitete ihre Aussage. Marco stellte sich auf die andere Seite und lächelte, denn er hatte es nicht erwartet, von der Zauberin begrüßt zu werden.

„Du glaubst nicht, wie froh ich bin, dich zu sehen", sprach er nun deutlich leiser.

„Ich bin auch froh, am Leben zu sein", gestand sie, doch Marco hörte, wie halbherzig und kraftlos sie klang.

„Es tut mir Leid wegen allem, was passiert ist", setzte er an, doch wurde sofort von der Stimme der Zauberin unterbrochen.

„Damit brauchst du nicht anfangen", unterbrach sie ihn, „Egal, was geschah, ich habe jedes Risiko in Kauf genommen."

Marco hielt inne und Mina setzte sich ein wenig weiter auf, doch auch das war für sie anstrengend.

„Sag mir bitte nur, was danach geschehen ist. Ich habe an den Rest vom Kampf keine Erinnerungen."

Für einen Moment zögerte er, doch begann mit der wichtigsten Nachricht.

„Teach hat überlebt. Er stand nach deinem Angriff schnell wieder auf."

Dies allein war ein schwerer Schlag für sie, was ihr den Rest von Marcos Erzählung nicht leichter machte. Viele waren schwer verletzt worden, doch Law und die Crew haben alle bestens versorgt.

Mina seufzte nochmal schwer und legte einen Arm über ihre Augen, denn sie fühlte sich wie ein Versager. Wie konnte sie nur alles geben und trotzdem verlieren?

„Soll ich dich allein lassen?", fragte der Phönix ruhig.

„Ich denke schon", murmelte sie, „Ich muss das alles erstmal verdauen. Danke dir."

Er richtete seine Brille, stand auf und ging auf leisen Sohlen zur Tür. Währenddessen beobachtete ihn die Zauberin, wie er am Anfang für sie noch gut zu erkennen war, doch mit jedem Schritt von ihm, verschwamm seine Erscheinung.

„Und was musst du durchgemacht haben, dass du endlich länger als drei Stunden schläfst?"

Sie hatte sich zu Law gewandt, der noch immer schnarchte. Zärtlich strich sie ihm durch die zerzausten Haare und fuhr mit den Fingerspitzen über seine Kopfhaut.

„Kannst du bitte nie wieder damit aufhören", raunte der Chirurg, der aus seinem Schlummer erwacht ist.

„Kannst du bitte weiterschlafen?"

Law hob seinen Kopf und stützte sich vom Bett ab. Dabei streckte er sich, sodass lautes Knacken der Gelenke zu hören war.

„Ich bin ausgeschlafen", entgegnete er trocken. Seine Augenringe behaupteten das Gegenteil.

„Darf ich einen Kaffee haben?", fragte Mina, obwohl sie sich das Getränk lieber selbst holen würde, doch dafür fehlte ihr die Kraft, sowohl körperlich als auch mental.

Der Chirurg bejahte und reichte ihr nach wenigen Minuten die heiße Tasse. Während er an seinem eigenen Kaffee schlurfte, betrachtete er erneut das EKG, denn es nagte an ihm, dass er dieses Phänomen nicht erklären konnte.

„Bevor ich aufgewacht bin, habe ich ein Brennen in meiner Brust gefühlt", murmelte die Zauberin, da sie seine Gedanken erahnen konnte, „Das ist für mich unverständlich, denn ich habe mich durch meine Feuerfähigkeiten noch nie verbrannt."
Eigentlich sollte sich Mina über ihr schlagendes Herz freuen, doch es gelang ihr nicht, solang sie es nicht nachvollziehen konnte, wie es geschehen war.

Ihr Partner wurde hellhörig, doch er bremste seine Neugier.

„Ich werde dich untersuchen, wenn du mehr zu Kräften gekommen bist", erklärte er, „Dein Zustand ist stabil."

Es war Zeit zum Mittagessen und die Crew eilte in die Kombüse, um gemeinsam zu essen. Aus Gewohnheit hatte Law seinen Teller mit dem Essen mit auf seine Kajüte genommen, denn er hatte noch einige Bücher gefunden, die er durcharbeiten wollte, bevor er sich Minas Herz anschaute. Er hatte die Tür zu seiner Kajüte und zum Krankenzimmer offen gelassen, um jedes Geräusch mitzubekommen, denn er hatte der Zauberin strickte Ruhe angeordnet.

Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, um noch zu dösen, doch der sowieso schon angeschlagene Körper der Zauberin hatte andere Pläne. Ihr wurde plötzlich so warm, dass ihre Wangen knallrot wurden. Ein Schweißausbruch folgte dem Nächsten und ihr Bauch begann zu schmerzen. Nur kurz darauf wurde ihr so kalt, dass sie sich nur mit viel Mühe in ihre Decke wickeln konnte. Und diese zwei Zustände wechselten sich nacheinander ab, ohne ihr nur eine kurze Pause zu gönnen.

„Law", rief Mina total ausgelaugt, der sofort bemerkt hatte, dass ihre Stimme trocken klang. Während seine Schritte durch die Gänge hallten, überkam sie ein erneuter Hitzeschub, weshalb sie sich aufrichtete, damit die Luft des Raumes ihren Kopf und Oberkörper abkühlte.

„Wasser", keuchte sie, denn sie war nicht mehr in der Lage, ihre Bitte zu formulieren. Ihr Partner reichte ihr das Glas, was sie mit zitternden Händen ergriff, und legte seine Hand auf ihre Stirn, um festzustellen, ob sie fieberte, doch das war durch den Verband nicht einfach.

„Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?", fragte er.

Mina konnte nur mit den Achseln zucken, denn sie erinnerte sich nicht mehr daran. Ihre roten Wangen wurden zunehmen blasser und als der Chirurg einen leichten Grünschimmer ausmachen konnte, fackelte er nicht lange und griff neben sich, um ihr Glas Wasser gegen einen Eimer zu tauschen. Keine Sekunde zu spät, denn einen Augenblick später drehte sich Minas Magen um. Während sie sich übergab, hielt Law ihr die strähnigen Haare und ging in seinem Kopf durch, welches Mittel ihre Beschwerden lindern könnte.

„Leider kann Übelkeit als Nebenwirkungen bei den starken Schmerzmitteln, die du bekommen hast, auftreten", erklärte er, nahm ihr den Eimer wieder ab und strich seiner Partnerin über den Rücken, „Ich habe dir schon ein magenschonendes Medikament dazu gegeben, doch du bist schon zu lange nüchtern. Ich organisiere dir etwas zu essen."

„Geb mir 'ne Minute", schnaufte Mina, die nun wieder kalte Füße bekam, während sich unter ihrem Verband am Kopf die Wärme sammelte, „Kann ich den abnehmen? Ich hab Kopfschmerzen."

„Vorübergehend ja", antwortete Law und half ihr dabei, denn in ihren Fingerspitzen hatte sie nicht so viel Gefühl, sodass es ihr nur schwer fallen konnte. Tatsächlich brachte es ihr ein wenig Erlösung und sie ließ sich zurück ins Kissen fallen.

Unravel (eine One Piece FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt