Teil 34

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„Aber ich kann das nicht! Ivy, ich bin zu schwach. Ich kann nicht gegen ihn kämpfen!", rief Mina, die beinahe über den Baumstamm gestolpert war, auf dem sie zuvor noch gesessen hatte. Die pure Panik überkam sie und ihre Beine bewegten sich, ohne dass sie es wollte. „Es tut mir Leid", keuchte die Zauberin und rennt ins Unterholz. Mit trommelnden Pfoten rennt der Wolf an der alten Frau vorbei, an welcher er kein Interesse zeigte.

„Verfluche mich, Havanna, aber dein Kind wird über sich hinaus wachsen müssen, wenn es weiter auf der Grand Line überleben möchte", murmelte Ivy.

Minas Körper war nicht auf einen so plötzlichen Sprint vorbereitet. Nach nur wenigen Metern brannte ihre Lunge und sie spürte jede Verletzungen nur noch mehr. Der unebene Waldboden voller Äste und Dornensträucher zerrte an ihren Kräften und es war ein Wunder für sie, dass Ace' Erscheinung sie nicht nach wenigen Galoppsprüngen eingeholt hatte. Tiefes Knurren verleitete sie dazu, einen Blick nach hinten zu werfen, keine Sekunde zu spät, denn die spitzen Zähne waren ihr bereits gefährlich nah. Es schnellte vor, um Mina nochmal zu packen, wie es schon mal geschehen war, doch die Zauberin machte einen weiten Satz, verlor das Gleichgewicht, weshalb sie sich instinktiv abrollte. Beim Abrollen zog ein gewaltiges Stechen durch ihr operiertes Schlüsselbein und nahm ihr für einen Moment die Luft, sodass ihr schwummrig wurde. Dennoch stand sie wieder auf und suchte Schutz hinter einem Felsbrocken, der sie genügend verdeckte. Ihr war klar, dass der Wolf wusste, wo sie sich befinde, doch für eine längere Flucht war ihr Zustand von Anfang an zu schlecht. Um sie herum befanden sich nur Bäume und Büsche. Wie weit sie bis zum Lager der Piraten bräuchte, wusste sie auch nicht. Schmerzerfüllt legte sie ihre Hand auf die stechende Stelle, während sie weiter um Atem rang. Über sich hörte sie das Kratzen der Krallen auf dem Felsen. Ob sie noch einen Biss überleben würde?

„Shambles!"

Die Kiefer der Wolfes schnappten ins Leere und Mina fand sich in den Armen ihres Partners wieder. Ihre Hände waren in seinen Hoodie gekrallt und sie traute sich erst nach eine Weile die Augen zu öffnen. Vom Rennen und der unerwarteten Teleportation war ihr schlecht.

„Gutes Timing", keuchte sie und spürte seinen rasenden Herzschlag.

„Hätte besser sein können", entgegnete Law, der sie ebenfalls fest bei sich hielt. Gemeinsam kauerten sie in einem Dickicht an einer steilen Böschung, die sich in einigen Metern Höhe über der Lichtung befand. Ein normales Erklimmen des Ortes war durch die Schräge kaum möglich, doch mit den Teufelskräfen des Chirurgen wurde dies ein gutes Versteck. Mina schaute sich um und war ein wenig beruhigt, nicht erneut fliehen zu müssen.

„Er wird unsere Spur irgendwann finden. Hier sind wir nicht lange sicher", merkte sie an und versuchte aufzustehen, doch schwarze Flecken tanzten in ihrem Sichtfeld. Law hielt sie zurück.

„Wir werden einen Weg finden. Ich bringe uns zurück zur Polar Tang."

„Warte", unterbrach sie ihn und hielt seine Hand fest, damit sich die blaue Kuppel wieder schloss, „Ich kann nicht von dieser Insel weg, solang ich weiß, dass er leidet."
„Bist du verrückt geworden?", sprach der Chirurg, der sich bei jedem Geräusch hektisch umschaute, „Es ist gefährlich und will dir an den Kragen. Unsere Kräfte reichen dafür nicht. Wir müssen weg."

„Law, das ist nicht irgendein Monster. Dieses Wesen ist Ace!"

Ihr Partner blickte sie verständnislos an und wollte sie weiter überzeugen, doch er ließ sie ausreden.

„Wenn Menschen sterben, kann ihre Seele zurück bleiben und eine neue Form finden. Sie können sich an Menschen binden, die sie geliebt haben. Mein Herz schlägt, weil Mama mich beschützt hat. Und nun muss ich Ace retten, wenn ich es schon nicht in Marineford konnte!"

Law biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kiefer schmerzten.

„Du begibst dich in Gefahr", zischte er leiser, „Du hast mir versprochen-"

„Ich weiß."

Sie schnitt ihm das Wort ab, sodass beide für einen Moment verstummten. Dies nutzte Mina, um sich einen Überblickter über die Situation zu verschaffen.

Leider sah sie nicht weit in die Ferne unterhalb und oberhalb des Dickichts, doch sie hörte kein befremdliches Geräusch oder fühlte kein Beben.

„Hast du einen Plan?", wollte Law schließlich wissen.

„Ist das nicht eher dein Ding?"

„Ja, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt, wenn ein Kampf sinnlos und eine Flucht keine Option ist."
Da konnte die Zauberin nicht widersprechen. Zum weiteren Nachdenken blieb den beiden keine Zeit.

„Er hat uns entdeckt!", rief der Chirurg, als unzählige Feuerbälle in deren Umgebung einschlugen und binnen Sekunden alles zum Brennen brachten. Eine Hitzeschwall rollte durch die Böschung und das Feuer fraß sich durch die Natur. Mina fing den Feuerball, der direkt auf sie zu kam und löste ihn auf. Dabei schmerzten ihre Hände nicht wegen der Verbrennung, sondern wegen dem geringen Einsatz ihrer Magie.

Sie schrie vor Schreck auf, als durch die Erschütterungen der Boden unter den Füßen wegrutschte und sie wieder hinab fiel. Funken, brennende Äste und Erde fielen gemeinsam mit ihr. Zwar landete sie auf einem mit Moos bewachsenen Fleck, doch der Aufprall war so stark, dass sie für einen Moment nicht wusste, wo oben und unten war. Das Atmen fiel ihr schwer und ihre Augen tränten durch den Rauch, weshalb sie alles nur noch verschwommener sah. Angst überkam sie, denn sie fühlte sich schutzlos ausgeliefert.

„Law?"

Eigentlich wollte sie nach ihren Partner rufen, doch ihr Ruf hörte sich jämmerlich an und wurde von einem Hustenanfall erstickt.

„Bin hier", antwortete er und schon kurz darauf spürte sie seine Hand auf ihrer gesunden Schulter. Die Zauberin hielt sich an seinem Unterarm fest und zog sich hoch, damit sie wieder stehen konnte.

„Bist du verletzt?", fragte sie besorgt.

„Noch nicht, aber deine Wunde können weiter aufgehen oder deine gebrochenen Knochen können verrutschen. Es wäre fatal, wenn du in deinem Zustand-"

Während ihr Partner sprach, hielt er ihre Hand behutsam fest, die noch in dünne Verbände gehüllt war. Dabei bemerkte er nicht, wie ein Windstoß die Flammen auflodern ließ und diese sie zu umkreisen begannen. Mina hörte ihm bereits nicht mehr zu, denn sie die Flammen fühlten sich anders an. Erst als das Feuer in die Höhe schoss und keine Flucht mehr möglich war, erkannte sie das kupferfarbene Fell und die scharfen Zähne, die für einen Wimpernschlag zu sehen waren. Mit einem lauten Knurren sprang die Erscheinung des Wolfes aus den Flammen. Die schwarzen Augen hatten Minas fixiert, doch die riesigen nach vorne gestreckten Pranken waren ebenfalls auf Law gerichtet. Ohne darüber nachzudenken packte die Zauberin ihren Partner am Oberarm, trat einen Schritt vor, damit er hinter ihr und somit vor dem Angriff geschützt war. Zum Ausweichen war es nun zu spät und Mina fühlte sich in den Moment zurück versetzt, als ihr die Erscheinung ihre schwere Verletzung zufügte, doch ihr Bauchgefühl wusste, dass es diesmal nicht so gut ausgehen würde, wenn sie sich erwischen ließ. Allerdings war heute einiges anders.

„Ich hab keine Angst vor dir!", schrie sie, „Ich weiß, dass du es bist, Ace! Und es tut mir Leid!"

Sie breitete die Arme aus, um Law abzuschirmen. Dabei ballte sie ihre Hände zu Fäusten und stampfte mit einem Fuß leicht auf den Boden, was dazu führte, dass sie mehr Magie entfesselte, als sie gedacht hatte. Ein Feuersturm umgab sie, der höher war, als die meisten Baumkronen. Er tobte und fetzte über sie hinweg, sodass beide Schwierigkeiten hatten, stehen zu bleiben. Die Gestalt des Wolfes zerfiel mit der Schuld, die sie seit Marineford verspürte, und wurde in den Sturm gezogen, der mit jeder kalten Windböe angestachelt wurde. In der Ferne ertönte ein Klirren, als ob hunderte Gläser zerbrachen, denn der Kristall am Ort der Macht brach auf und ließ die Seele frei, die er behütete. Mina nutzte ihre Kräfte unter Schmerzen, um Kontrolle über das Element zu erhalten, was ihr Stück für Stück gelang. Durch vorsichtige Handbewegungen brachte sie den Sturm dazu, immer weiter abzuklingen. Ein letzter Hitzeschwall traf sie, der grelle Funken mit sich brachte, die sich an sie schmiegten wie eine passende Jacke. Beim nächsten Atemzug inhalierte sie einen Teil der Funken, was ihren gesamten Körper erschütterte. Unter ihrer Haut schien alles zu brennen, als ob der Sturm in ihrer Brust weiter tobte. Das letzte, was sieh sah, bevor sie ihre Augen vor Schmerzen wieder zu kniff, war Laws entsetztes Gesicht.

Unravel (eine One Piece FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt