Teil 12

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Mit einem lauten Schlag fiel Minas Kajütentür ins Schloss. Vor Wut und Adrenalin zitterte sie am gesamten Körper, doch fühlte sich gleichzeitig so kraftlos, dass sie sich gegen die Tür lehnte und zu Boden gleiten ließ. Sie zog ihre Beine näher an ihren Oberkörper und verharrte für Minuten in dieser Position, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten. Der Raum kam ihr das erste Mal viel höher vor, wodurch sie sich nur kleiner fühlte. Ihre Augen huschten von links nach rechts, von oben nach unten, denn sie konnten nichts zu lange fixieren. Die Gedanken in ihrem Kopf waren so laut, dass ihre Schläfen schmerzten.

„Sollten wir nach ihr sehen? Mina sah eben so erschrocken aus", hörte sie Shachi, der gerade durch den Flur ging und dessen Stimme voll Sorge war. Jemand war bei ihm gewesen. Das erkannte die Rothaarige an den weiteren Schritten, doch sie konnte nicht schätzen, wer es war.

„Lasst sie in Ruhe." Sie erkannte Laws Stimme, die weiter weg zu sein schien. „Keiner Betritt ihre Kajüte."

„Captain!" Eine weibliche Stimme rief nach ihm. Es musste sich daher um Ikkaku handeln, „Ich muss mit dir reden!"

„Ich weiß", antwortete der Chirurg knapp, „Ich versorge noch Jean Bart Verletzungen. In 10 Minuten bin ich bei dir."

Schon bald herrschte wieder Stille im U-Boot. Mina hatte sich nicht bewegt, während sie den Stimmen im Gang gelauscht hatte. Durch das Bullauge strahlte die warme Sonne, was bedeutete, dass sie sich wieder über Wasser befand. Tief in ihrem Inneren wuchs das Bedürfnis nach Nikotin, sodass sie sich nach vorne lehnte, um an ihren Rucksack zu greifen, der neben ihrem Bett stand, doch ein plötzlich auftauchender Schmerz durchzuckte ihre linke Schulter. Instinktiv griff Mina an die stechende Stelle und fühlte daraufhin Nässe an ihren Fingerspitzen. Es war Blut, denn an ihrer Schulter befand sich ein Schnitt, der ungefähr so lang wie ihre Hand war. Sie musste sich die Wunde vorhin im Kampf geholt haben, doch in ihrem Rausch hatte sie die Schmerzen nicht gespürt. Und obwohl es nur ein oberflächlicher Kratzer war, musste er desinfiziert werden.

Mina griff mit der anderen Hand nach ihren Rauchutensilien und lauschte noch einen Moment in den Gang hinein, bevor sie aus ihrer Kajüte trat. Es ärgerte sie schon sehr, dass sie nicht direkt den Weg rauf auf das Deck einschlagen konnte, sondern erst zum OP-Saal schleichen musste. Das Letzte, was sie jetzt noch brauchen könnte, wäre ein Gespräch mit jemandem aus der Crew. Alles, aber das nicht.

Zu ihrem Glück begegnete sie niemandem und lugte vorsichtig in den Saal. Sie erinnerte sich an Law, der noch Jean Bart verarzten wollte, doch anscheinend nicht hier, denn der Raum war leer. Vorsichtig öffnete sie die Aufbewahrungsschränke voller verschiedenster Medizin und fand noch allerlei möglichen Instrumente, Fläschchen und Tabletten, was sie nach kurzer Zeit fast zur Verzweiflung brachte, denn Mina war überfordert. Bei jeder Packung musste sie sich stark konzentrieren, die Zeilen nach und nach zu lesen. Besonders dann, wenn die Packung viel beschriftet war. Buchstaben waren ihr schon als kleines Kind ein Rätsel und es war ihr schleierhaft, wie man mit Schrift besser kommunizieren konnte, als mit Sprache. Mal ein Satz, mal ein Wort, aber bitte nicht mehr.

Mina war es unendlich peinlich, aber ja: sie konnte schlecht lesen und schreiben.

Stöhnend legte sie eine weitere Schachtel zurück in den Schrank.

„Zum Kotzen. Warum müssen Buchstaben alle gleich aussehen? Ich frag Law nachher...", brummte sie ungeduldig und ließ die Schultern hängen, was ihr wieder leichte Schmerzen bereitete.

„Was schnüffelst du hier rum!?"

Die Zauberin erschreckte sich vor Ikkakus harten Worten, die sie ihr voller Skepsis entgegen schmetterte. Bei ihrer Suche nach dem Desinfektionsmittel hatte sie gar nicht bemerkt, dass sie ebenfalls in den Saal gekommen war. Ein tiefes Knurren entglitt ihrer Kehle, denn eine Diskussion mit der weiteren Frau der Heart Piraten würde ihre sowieso schon schlechte Laune nicht heben.

„Was ist dein verdammtes Problem, Ikkaku?", fragte sie direkt und wollte nicht so wütend klingen, doch sie scheiterte auf ganzer Linie.

„Was mein Problem ist?", wiederholte die Braunhaarige schnippisch, doch war darauf bedacht, nicht lauter zu werden, „Mein Problem ist, dass du den Captain um den Finger wickelst und dann machst, was du willst!"

Mina fühlte sich ein wenig überrumpelt, doch versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Ihre Zähne malten aufeinander vor Anspannung, doch das war gut, denn so sagte sie nichts und schwieg für einen Moment, bevor sie ihre Antwort formulierte, doch soweit kam es nicht.

„Ich weiß, dass zwischen dir und dem Captain mehr läuft. Und ich vertraue dir nicht."

„Was zwischen mir und Law läuft, geht dich nichts an", entgegnete Mina und hielt Ikkakus stechendem, hochnäsigen Blick stand.

„Mag sein, aber es geht mich sehr wohl was an, wenn dein Vater ein Vize-Admiral der Marine ist."

Die Worte trafen die Zauberin mit einer Wucht, die sie fast von den Füßen haute.

„Jean Bart hat erzählt, was auf dem Schiff geschehen ist. Wie kann einer von uns sicher sein, dass du uns nicht im nächsten Kampf in den Rücken fällst?"

Minas Mund war innerhalb kürzester Zeit staubtrocken. Ihre Beine fühlten sich an wie Pudding. Hatte sie nun wirklich durch diese dumme Situation ihre neu gewonnenen Freunde verloren? Sie hatte mit den anderen noch nicht gesprochen und darum noch keine Möglichkeit gehabt, sich zu rechtfertigen.

„Ich würde niemals einem aus der Crew in den Rücken fallen, denn ich weiß, dass ihr Law wichtig seid", sprach sie und verkrampfte ihre Schultern nur noch mehr.

Ikkaku knurrte zwischen zusammengepressten Zähnen und, wenn Blicke töten könnten, wären beide Frauen auf der Stelle tot umgefallen.

„Meine Damen, was geht hier vor sich?"

Law trat mit fragendem Blick über die Türschwelle in den Saal und konnte die Anspannung förmlich in der Luft fassen. Seine wachen grauen Augen trafen Minas, die sich jetzt nach seiner Nähe sehnte, doch sie wollte zuallererst von Ikkaku und dem Streit weg.

„Ich lass euch allein", murmelte die Rothaarige und eilte aus dem Saal, während sie ihre Rauchutensilien fester umschloss. Mit gesenktem Kopf lief sie an Law vorbei, der sie für einen Moment fest hielt.

„Wohin gehst du?" Er klang besorgt und wirkte in seinem ganzen Auftreten so sanft Mina gegenüber, was Ikkaku mit einem Schnauben kommentierte.

„Auf's Deck."

„Gut. Ich komm nachher zu dir", antwortete er und ließ sie los.

Mina nickte kurz, ging weiter und schloss die Tür hinter sich.

„Hey, du bist verletzt!"

Vor Schreck zuckte die Rothaarige zusammen, als sie Bepos Stimme hinter sich vernahm, der ihren Schnitt an der Schulter entdeckt hatte.

„Es ist nicht so schlimm, wie es vielleicht aussieht", beschwichtigte sie sofort und setzte ein halbherziges Grinsen auf.

„Aber, aber... es sollte sich nicht entzünden", murmelte der Eisbär fürsorglich.

„Na gut. Kannst du mir helfen, die Wunde zu versorgen? Ich hab keinen Plan, wo Desinfektionsmittel und Pflaster sind."

Bepo zeigte auf die Tür, durch welche Mina vor kurzem hinaus gegangen war.

„Eigentlich genau da."

Genau da sollten wir jetzt nicht rein", meinte die junge Frau, „Ikkaku will mit Law unter vier Augen reden. Da sollten wir jetzt nicht rein platzen."

„Hm, wir haben bestimmt noch was im Lager", grübelte er und legte den Kopf schief.

„Wie wär's, wenn wir uns in paar Minuten auf den Deck treffen? Es tut mir Leid, dass ich dich jetzt so abwimmle, aber ich brauch wirklich dringend eine Kippe."

Der Mink lächelte verständnisvoll, was Mina wirklich beruhigte.

„Ich hol die Sachen und bin dann bei dir."

„Danke Bepo", seufzte sie und wendete sich von ihm ab, um endlich an die frische Luft zu gelangen. 

Unravel (eine One Piece FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt