Teil 4

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Unruhig wälzte sich Mina in ihrem Bett hin und her. Sie war endlos genervt, denn es war wieder eine dieser Nächte, in denen sie kaum Schlaf fand. Vor einer Stunde war sie aus ihrem leichten Schlaf geschreckt, nachdem sie von Albträumen geplagt worden war, die von Ace handelten, wie er Mina immer wieder Vorwürfe machte, warum sie ihn auf Marineford nicht gerettet hatte.

„Warum warst du nicht da? Wir könnten heute zu zweit über's Meer segeln, wenn du nicht so verdammt langsam gewesen wärst! Du hast gesagt, wir sind Freunde!"

Die Rothaarige wusste, dass Ace ihr zu Lebzeiten niemals solche Worte an den Kopf geworfen hätte. Es waren ihre Vorwürfe und sie schaffte es einfach nicht, sich zu verzeihen. An Ace' Grab hat sie unzählige Tränen vergossen. Ein Tag, 24 Stunden war sie zu spät gewesen. Sie war nicht rechtzeitig in Marineford gewesen.

Mit zittrigen Beinen erhob sie sich vom Bett. Die Hoffnung auf Schlaf hatte sie aufgegeben, also griff sie nach einem schwarzen Pulli, der auf dem Rücken eine weiße Flamme aufgedruckt hatte, und schlich sich hinaus auf das Deck. Bepo meinte, dass der Logport einen Tag brauchen werde, bis man die nächste Insel ansteuern könne, also war die Crew dazu verdammt gewesen, zu warten. Die Insel, die sie erreicht hatten, war unbewohnt. Einige Meter hinter dem Sandstrand befand sich ein Waldstück, welches die Crew am nächsten Tag erkunden wollte.

Der Mond schien hell auf das Deck der Polar Tang. Shachi hatte die Nachtwache übernommen und war gegen den Mast gelehnt. Sein Kopf nickte in unregelmäßigen Abständen nach vorne, denn er war bereits müde.

„Geh schlafen. Ich übernehme", sagte Mina mit kratziger Stimme und überwand die wenigen Meter, um sich neben Shachi gegen den Mast zu lehnen.

Der Pirat schrak auf und war fast über seine eigenen Füße gestolpert.

„Ich schlafe nicht!", versuchte er sich noch zu verteidigen.

„Das ist mir klar, aber ich werde diese Nacht definitiv keine Auge mehr zu machen, also kannst du dich hinlegen. Ich pass auf."

Shachi blinzelte ungläubig. Er hatte die Kraftlosigkeit in ihren Worten deutlich gehört, jedoch war er auch unfassbar müde und daher dankbar, dass sie ihn von seiner Wache ablöste. Mit steifen Gelenken stieß er sich vom Mast ab und wollte gerade die Treppen nehmen, die ihn zu seiner Kajüte führten, als er kurz inne hielt.

„Geht es dir gut, Mina?", fragte er besorgt.

Die junge Frau hatte diese Frage nicht erwartet und wusste nicht, was sie antworten sollte.

„Wenn es dir nicht gut gehen sollte, dann kannst du mit Law reden. Ihm ist es wichtig, wie es uns allen hier geht. Bestimmt hat er auch Tabletten, die er dir geben kann."

Mina war überwältigt und für einen kurzen Moment sprachlos. Shachi wollte ihr helfen.

„Danke dir. Ich werde Morgen mit unserem Doktor sprechen", sagte die sanfter, „Schlaf gut."

Er schenkte ihr noch ein warmes Lächeln und schlurfte daraufhin zu seiner Kajüte. Mina war immer noch gegen den Mast gelehnt und ließ die Ruhe der Nacht auf sich wirken. Die kühle Luft in ihrer Lunge machte sie wach und mit einer schnellen Handbewegung beschwor sie eine kleine Flamme, die das Deck erhellte. Verträumt blickte die Rothaarige in das Feuer, welches über ihrem Kopf schwebte.

Ob sie es verstehen werden, dass meine Fähigkeiten keine Teufelskräfte sind, sondern Magie? Dachte sie nach und erinnerte sie dabei an das Gespräch mit Law am Mittag. Ob er es wirklich verstanden hätte, wenn sie ihm erklärt hätte, dass ihr Herz seit Jahren nicht mehr schlägt?!

Die wenigstens wussten von ihren gesundheitlichen Macken, doch sie fühlte sich verpflichtet, es zumindest Law zu erzählen. Er sollte es wissen, denn er würde bald ihr Captain sein. Oder?

Ihre Gedanken drehten endlose Runden in ihrem Kopf. Entweder waren es Albträume, die sie plagten, oder Zweifel. Leise stimmte sie ein Lied an, um die Dämonen in ihrem Kopf zu verscheuchen:

„Wer weiß, was das Meer versteckt

Und wieviel Zeit vergeht, bis man ein Wunder entdeckt?

Wer weiß, was der Tag uns bringt

Bis die Sonne am Abend in den Wellen versinkt?

Wer kennt diesen endlosen Weg

Durch die unendliche See, die kein Geheimnis verrät

Und wer weiß, wie unsere Suche noch weiter geht?"

Die Liebe zu diesem Lied gab ihr die Kraft, nicht zu weinen. Es war Ace' Lieblingslied gewesen und sie hat es das erste Mal gesungen, als sie zu zweit von ihrer Heimatinsel aufbrachen. Es waren wunderschöne Erinnerungen, die vor ihrem inneren Auge zu sehen waren.

„Irgendwann, wenn sich die Wellen teilen,

Legst du an nach vielen hundert Meilen.

Neues Land liegt dann vor dir und das ist das Ziel!"

Mina verstummte sofort, als sie ein Schiff in der Ferne erblickte, und ließ ihr kleines Feuer verschwinden.

„Ein Spähschiff der Marine. Verdammt", knurrte sie und wollte gerade auf dem Absatz Kehrt machen, um den Rest der Mannschaft zu wecken, als sie sich doch dazu entschied, zu warten.

„Spähschiffe haben keine Kanonen und sind verdammt klein. Wenn sie es mit uns aufnehmen wollen, dann sind sie von allen guten Geistern verlassen", grübelte sie weiter und ließ die Marine nicht aus den Augen.

Das kleine Schiffchen ankerte mehrere hundert Meter von der Polar Tang entfernt. Im Mondschein konnte Mina erkennen, dass ein großer Mann von Board ging, den Strand betrat und nun auf sie zu schritt. Sie sprang über die Reling und landete mit ihren Sandalen im Sand. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass dieser Mann wegen ihr da war, weshalb sie sich ihm alleine stellen wollte. Ihr Verstand sagte ihr, dass Law ihr für ihren Alleingang den Kopf abreißen wird. Verständlich.

Plötzlich begann die dünne Goldkette um ihren Hals leicht zu zucken. Mina griff sofort nach der Kette. Ihre Muskeln verspannten sich und sie kam von dem Gedanken nicht los, dass etwas an dieser Situation nicht stimmte. Mit kraftvollen Schritten ging sie dem Fremden entgegen, damit die Heart Piraten nichts mitbekämen, und die Silhouette des Mannes wurde deutlicher. Er war ungefähr drei Meter groß und trug einen schwarzen Anzug mit einem blauen Hemd. Über seinen Schultern hing ein weißer Mantel und er trug eine Maske, welche zwei große Hörner besitzt, die von wilden, langen, weinroten Haaren umrahmt wurde.

„Kein Schritt näher", drohte Mina und macht einen Ausfallschritt nach vorne. Der Mann der Marine blieb mit genügend Abstand vor ihr stehen und hob beschwichtigend die Hände.

„Ich will nicht kämpfen. Ich will reden", sprach er mit tiefer, kratziger Stimme.

Die junge Frau knirschte mit den Zähnen, denn sie konnte durch die Maske keinerlei Mimik ihres Gegenüber erkennen, und das gefiel ihr nicht. Erneut zuckte die Kette an ihrem Hals und der Mann vor ihr breitete seine Arme zu einer einladenden Geste aus.

„Es ist schön dich zu sehen, Wolf D. Lumina."

Minas Blut gefror in ihren Adern.

„Woher kennst du meinen Namen?!"

Unravel (eine One Piece FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt