6-Encounter-

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I can't change the direction of the wind, but I can adjust my sails to always reach my destination ― Jimmy Dean
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Betty ging die Wendeltreppe herunter und Mae folgte ihr, an einer Tür die sie noch nicht kannte machte sie halt. Sie öffnet die Tür und eine weitere Treppe führte nach unten. Mae folgte ihr weiter und Betty machte unten ein schwaches Licht an.

„Hier ist das Lager vom Café, Mehl, Zucker und so weiter" Sie deutete auf die Regale an der Seite. „Und hier-" Betty stoppte vor einer weiteren Tür. „Hier war ich schon ewig nicht mehr" Sie flüsterte nur noch und drückte die Türklinke nach unten.

Ein rascher Griff an die rechte Wand und Licht erfüllte den großen Raum. Betty stellte sich so hin dass Mae an ihr vorbei konnte. Mae hielt den Atem an und eine Gänsehaut, die sie schon lange nicht mehr gespürt hatte, breitete sich auf ihren Körper aus. Ihr Mund klappte auf und sie sah sich langsam um. Am Ende des Raumes kam etwas Tageslicht herein, von kleinen Fenstern, die ganz oben an der Wand waren. Hätten sich wegen dem Unwetter nicht graue riesige Wolken vor die Sonne geschoben, würde die vor den Fenstern stehende Staffelei von den Strahlen der Abendsonne beschienen werden. Neben der Staffelei stand ein beweglicher quadratischer Tisch, an dem Farben und Papier hangen und auf dem in drei Behältern Pinsel standen. An einer anderen Wand standen zwei große Regale, eins mit fertigen Gemälden und ein anderes mit den verschiedensten, noch nicht benutzten Leinwänden, in unterschiedlichen Größen und Formen. Auf der anderen Seite stand ein riesiger Schreibtisch auf dem verstreut viele verschiedene Skizzen lagen und verteilt Blei- und Buntstifte, sowie Feinliner und Lineale und Geodreiecke. Ein gemütlich aussehendes Sofa stand auch noch im Raum und in der Ecke daneben waren weitere Staffeleien angelehnt und überall an den Wänden waren Kunstwerke von dem Mann von Betty aufgehängt worden.

„Das ist, Das ist einfach unglaublich" Mae ging noch mit ein paar Schritten in die Mitte des Raumes und drehte sich einmal um. „Dein Mann ist ja vollkommen in seiner Leidenschaft aufgegangen" Betty nickt ihr zustimmend zu.

„Als er noch gelebt hat und hier unten täglich gemalt hat, war der ganze Raum voller Inspiration und Energie, aber seit dem er nicht mehr da ist" Ihre Stimme brach und Betty versuchte sich ein Schluchzen zu unterdrücken.

Maes gerade noch faszinierter Gesichtsausdruck wich und wurde zu einem sanften, mit leidigem. Sie ging auf Betty zu legte eine Hand auf ihre Schulter und umarmte sie kurz.

„Es tut mir so leid, er muss ein wunderbarer Mann gewesen sein" Betty nickte.

„Alles gut Kindchen, er hätte dich mit Sicherheit gemocht" Mae wurde etwas rot aber Betty nickte nur weiter und fuhr fort. „So wie du im Café täglich seine Bilder betrachtest, wie deine Augen gefunkelt haben, als ich dir erzählt habe dass es seine Bilder sind und wie du dich hier in seinem Atelier verhältst, kannst du nur eine Künstlerin sein"

Mae wusste gar nicht wie sie reagieren sollte. Sie hatte in den letzten Wochen keinen einzigen Pinsel in der Hand gehabt und trotzdem erkannte Betty ihre Passion? Wie? Diese Frau überrascht sie immer wieder aufs Neue. Es stimmte, Mae liebte oder zumindest hat das Malen geliebt. Sie mochte es ihre Gefühle auf einer Leinwand zu verewigen, sie konnte sich Stunden damit beschäftigen.

„Und ich glaube mein Mann würde sich freuen, wenn hier mal wieder jemand Schwung in die Bude bringt und die Inspiration und Energie zurück holt" Mae blickte ungläubig zu Betty und schüttelte ganz langsam den Kopf.

„Das, Das kann ich nicht-" wollte Mae gerade einwenden, aber Betty unterbrach sie.

„Ich kann doch sogar förmlich spüren, wie deine Hände zittern und sich am liebsten einen Pinsel schnappen würden. Mae, ich würde mich freuen, würde jemand hier unten wieder arbeiten"

„Das ist- Wow, danke. Ich bin überwältigt" Mae stotterte etwas und Betty musste daraufhin schmunzeln.

„Nimm dir die Zeit die du brauchst Mädchen, ich werde mich jetzt mal an die Rechnungsberichte setzten, wenn du was brauchst, ich bin oben im Café."

Mae nickte noch etwas überrascht, musste sich erstmal sammeln und schneller als sie gucken konnte stand sie alleine, in diesem wunderschönem Atelier. Atelier war bei weitem nicht untertrieben. Bettys Mann hatte unglaublich viele Materialien. Mae fühlte sich als wäre sie in dem Traum Zimmer von ihrem 7-jährigem Ich.

Langsam ging sie auf das Regal, mit den neuen Leinwänden zu und suchte sich eine mittelgroße aus, die gut auf die Staffelei passen würde. Mae suchte sich passende Farben raus- Sie wusste schon genau was sie malen wollte. Auf ihrem Handy suchte sie ein Foto raus was sie in den letzten Tagen geschossen hatte und stellte hier Handy passend auf. Mit einem Bleistift, den sich Mae von dem Schreibtisch genommen hatte, zeichnete sie die Umrisse vor. Etwas später griff sie zur Farbe und mischte sich passende Töne an. Im Hintergrund ließ sie ihre Spotify Playlist spielen und sang teilwiese mit. Ein dauerhaftes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Sie hatte es vermisst- so sehr. Immer mehr weiche Pinselstriche kamen auf die Leinwand und das Bild nahm Form an.

In ihrem Gesicht war auch schon die ein oder andere Farbe gelandet, wie auch immer sie das hinbekommen hatte, als sie sich dazu entschied eine kurze Pause einzulegen. Mae hatte noch Pinselseife gefunden und machte sich mit ihr und den Pinseln nach oben um sie im Café auszuwaschen.

Sie wollte gerade um die Ecke gehen und die Tür hinter sich schließen als sie mit einer Person zusammenstieß.

„Oh fuck" die ganzen Pinsel fielen auf den Boden und ein paar rollten unter eine Kommode. „Scheiße, scheiße, scheiße"

„Sorry,das-" ertönte eine männliche Stimme, was auch immer die hier im Café machte.

„Halt die Klappe und hilf mir lieber" antwortete Mae genervt. Sie und ihr gegenüber, der sich jetzt auch hingehockt hatte, sammelten die Pinsel schnell auf. Ihr fielen direkt seine Hände auf. Sie waren tätowiert, beide, und das nicht gerade wenig. Mae hielt inne und betrachtete die verschiedenen Tätowierungen. Sie schüttelte schnell ihren Kopf und stand auf. Der Mann gab ihr die Pinsel und Mae vergewisserte sich, dass der Boden sauber war und keine Farbe zu sehen war. Glück gehabt. Ihre Hände berührten sich kurz und es fühlte sich an als würde ein kurzer Blitz durch ihren Körper zucken, was sie gekonnt überspielte. Sie sah auf und ihre Giftgrünen Augen trafen auf Saphirblaue. Sie wusste ziemlich genau, dass sie genervt aussah, hatte aber auch nicht vor das zu ändern. Sie musterte ihn. Er hatte nicht nur Tattoos auf den Händen sondern auch im Gesicht und auf seinem Hals. Sie versuchte das Wort unter seinem Auge zu entziffern, scheiterte aber kläglich. Er sah überrascht aus? Verwundert? Er starrte sie an. Oh wie sie es hasste angestarrt zu werden. Mae zuckte mit dem Kopf nach vorne und öffnete ihre Augen etwas weiter, um ihm klar zu machen was er da gerade tat. Er wurde etwas rot, setzte aber schnell wieder einen ernsten Gesichtsausdruck auf. Sein Blick glitt von ihrem Gesicht auf ihren Hoodie. Sie zog die Augenbrauen zusammen und guckte verwirrt. Dann blickte sie selber an sich herunter und sah einen Farbfleck auf ihrem Oberteil. Mae schnappte nach Luft, guckte zur Seite und krampfte mit ihren Fingern um die Pinsel, sodass ihre Fingerknochen schon weiß hervortraten. Na toll.

„Du das tut mir wirklich-" Mae unterbrach ihn sofort und sah ein Grinsen auf seinen Lippen was sie noch wütender machte. Fand er das etwa lustig?

„Spar es dir, du kannst es eh nicht ändern. Halt deine verdammte Klappe und hau ab und sich darüber lustig zu machen passt gerade absolut nicht zur Situation, ich könnt heulen"

„Brauchst du ein Taschentuch" fragte er sie und grinste noch mehr.

„HaHaHa für den Komiker hat's dann wohl doch nicht gereicht und jetzt verschwinde" Sie hob ihre freie Hand nach oben und wehte sie weg, als Zeichen dass er jetzt endlich abziehen sollte und guckte auf den Boden.

Sie sah wie sich seine Beine von ihr weg bewegten, da stoppte sie ihn nochmal.

„Warte" sie guckte nach oben traf wieder auf diese blauen Augen „Was machst du hier eigentlich?" 

Her Name Was Mae - An Unforgettable SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt