20-Something-

273 27 11
                                    




Life isn't meant to be lived alone

―Adam Silvera/ They both die at the end

----------------------------------------------

Nachdem Mae die schmale Wendeltreppe runter gegangen ist, blieb sie mitten im Flur stehen. Langsam drehte sie sich nach links und blickte durch den Flur zur Eingangstür des Cafés. Sie könnte einfach gehen. Jetzt.

Mal was für mich

Ich will morgen ein Bild

Sie konnte förmlich Taddls tiefe Stimme hören. Etwas hielt sie fest. Etwas von dem Mae nicht wusste was es war, kämpfte  gegen ihre inneren Dämonen an und hielt sie fest. Sie spürte fast wie zwei unsichtbare Kräfte, in jeweils andere Richtungen, an ihr zerrten. Aufgeben wäre leichter. Sie müsste sich einfach fallen lassen. Fallen lassen in das tiefe schwarze Loch, das sich vor ein paar Wochen unter ihr aufgetan hat.

Gab es sowas wie Schicksal?

War es vielleicht einfach ihr Schicksal, ihre Bestimmung, sich ihrer inneren Stimmen hinzugeben und nur noch in einer  verschwommenen Fassade zu leben?

Konnte sie das Schicksal ändern?

Wenn die Antwort nein wäre, wäre es wahrscheinlich einfacher sich einfach fallen zu lassen und sich von der Dunkelheit, der Schwärze, nein- dem Nichts, aufziehen zu lassen.

Oder wird das Schicksal erst dann wahr, wird es erst dann zur Bedeutung, wenn man daran glaubt. Wenn man daran glaubt, von einer unsichtbaren mächtigen Kraft beherrscht zu werden und nichts, rein gar nichts gegen seine Vorbestimmung ausrichten zu können?

Was wenn das ihre Geschichte war?

Was wenn diese Geschichte schon zu Ende geschrieben wurde?

Was wenn sie nur eine dramatisch traurige Nebenhandlung in einem noch dramatischerem Roman war.

Was wenn sie dazu bestimmt ist sich selbst zu verlieren?

Ist es schon passiert? Kann sie was ändern? Kann sie ihre eigene Zukunft beeinflussen oder steht ihr Ende schon irgendwo geschrieben?

Hat sie überhaupt eine Wahl? Hat sie die Möglichkeit?

Mae fuhr ein Schauer über den Rücken, dann noch einer, welche eine ihrer weiteren Panikattacken vorbereitete und ankündigte. Ihre Hände fingen an zu zittern und sie ging langsam einen Schritt nach hinten, um nach dem Geländer der Wendeltreppe greifen zu können. Ihre Knie wurden weich und sie merkte, dass sie sich nicht mehr lange auf ihren Beinen halten konnte. Diese beiden Kräfte, Stimmen, Dämonen oder als was auch immer man sie bezeichnen wollte kreischten sich gegenseitig in ihrem Kopf an. Ließen ihr nicht die Zeit zu Atmen. Ließen ihr nicht die Zeit ihre Perspektive zu verändern. Ließen ihr nicht die Zeit nachzudenken. Nahmen ihr, ihr Augenlicht. Es wurde schwarz um sie herum. Die Stimmen wurden lauter. Mit wackligen Händen und Beinen ließ sich Mae langsam an der Wendeltreppe runter gleiten und nach und nach wurden die Stimmen leiser. Sie ließen ihr Platz sich zu erholen, zu atmen und wieder zu sehen. Maes Kopf schien wie ausgebrannt, Schweißperlen liefen langsam ihre Stirn herunter. Sie würde sich wundern hätte sie noch eine normale Körpertemperatur.

Und dann waren sie weg,-die Stimmen, ihre inneren Dämonen und das andere was für sie kämpfte, von dem Mae sich nicht erklären konnte was es war. Sie ließen sie alleine. Zwischen der Dunkelheit- dem Nichts und dem Licht am Ende des Tunnels.

Und Mae entschied sich zu kämpfen. Sie entschied sich dazu einen Scheiß auf das Schicksal zu geben. Und wenn sie sich tatsächlich in einer schon geschriebenen Geschichte befinden würde, dann würde sie mit all ihrer Kraft dafür kämpfen, die Buchstaben zu verändern. Sie wollte glücklich werden.

Am Freitag gegen 00:00 entschied Mae sich für das Licht am Ende des Tunnels.

Mae wusste nicht wie lange sie auf der Wendeltreppe im Café saß. Wie lange sie brauchte um wieder klar denken zu können. Wie lange sie brauchte um wieder die Kraft in ihren Beinen zu spüren und ihnen vertrauen konnte sie zu tragen. Wie lange ihr Körper brauchte um die Temperatur herunter zu fahren und das Zittern abzulegen. Sie griff nach ihrem Handy und öffnete den Chat mit T. Es war ein Reflex, ihre Finger bewegten sich von selber, genauso wie als sie direkt denn Anruf von ihm annahm ohne zu wissen was sie sagen wollte. Etwas in ihr war stärker geworden als ihre Instinkte. Die Instinkte die ihre Hände schwitzen ließen wenn sie mit Fremden reden muss. Die Instinkte die sie sich hinter der Kasse in der Buchhandlung verstecken lassen haben, als T rein kam. Die Instinkte die sich von Anfang an und auch noch bis jetzt, mit jeder Faser dagegen wehrten T kennenzulernen und eine Freundschaft aufzubauen.

Eine Freundschaft für die Ewigkeit.

Aber da war nun etwas dass sich dagegen werte, etwas was größer und mächtiger geworden war als ihre Inneren Dämonen. Vielleicht war es dasselbe etwas, was sie davon abhielt, ihre Reisetasche zu packen und zu verschwinden.

Und obwohl es mittlerweile schon halb eins war, las T direkt Maes Nachricht.

Mae: Was soll ich dir malen?

Taddl: Etwas was dich glücklich macht :)

Das war einfacher gesagt als getan. Etwas was Mae glücklich macht. Dass sie so lange darüber nachdenken musste machte sie trauriger, als sie es machen sollte.

Mae: Bitte T, es ist einfacher wenn du mir sagst was

Taddl: Okay okay

Ein paar Minuten später schickte er ihr ein Bild von einem kleinen süßen schwarzen Hund.

Mae: Ist das deiner?

Taddl: Unserer. Sie heißt Pipi.

Mae: Süß

Taddl: Du wirst sie bestimmt irgendwann kennenlernen :)

Pipi war klein, niedlich und wirkte ein bisschen wie eine kleine Königin. Als sie aufstand guckte sie nochmal  zu der Tür und Mae hätte schwören können, dass hinter ihr sie jemand anschob und Richtung Keller führte.

Mit einem tiefen Seufzer ließ Mae sich auf die Couch fallen. Fünf Pinsel in der Hand und Farbe mehr in ihrem Gesicht als auf der kleinen Leinwand. Es war eine Herausforderung einen schwarzen Hund realistisch zu malen.

Halb 5.

Eigentlich müsste sie gar nicht mehr schlafen, trotzdem wusch sie noch schnell die Pinsel aus und ließ sich, noch in ihren Klamotten in ihr Bett.

Her Name Was Mae - An Unforgettable SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt