Kap. 18

56 5 2
                                    

Donnerstag, 24. Dezember 2020

Dass der Tag durchaus schlimmer werden konnte, realisierte ich im Laufe der nächsten Stunde.

Anfangs blieb ich im Bett liegen, beschäftigte mich mit meinem Handy und telefonierte noch einmal in Ruhe mit Taehyung und Serephina. Es tat gut mit ihnen zu reden, auch wenn wir nicht im selben Raum waren, aber es reichte, um meine Stimmung um Einiges zu heben. Doch nachdem sie auflegten, weil sie erst einmal auspacken mussten und sich nach dem langen Flug ausruhen wollten, befiel mich eine so durchdringende Langeweile, dass ich mir tatsächlich wünschte, Milan würde sich mit mir beschäftigen, anstatt mit seinem Laptop.

Über meine eigenen Gedanken entsetzt, konzentrierte ich mich stattdessen auf das, was ich auch hier machen konnte. Viel blieb nicht übrig, sodass ich bald zu Milan in den Wohn- und Essbereich zurückkehrte und mich dort nach einer Beschäftigung umsah. Wie auf Kommando knurrte mein Magen und machte mich darauf aufmerksam, dass ich seit gestern Nachtmittag nichts mehr gegessen hatte. Ich warf einen kurzen Blick auf Milan, der immer noch ganz in seinen Laptop vertieft war, und seufzte leise, bevor ich zum Kühlschrank lief und nachsah, was da überhaupt drin war. Ich war nicht wirklich überrascht, als mir gähnende Leere entgegensah.

"Milan? Wo hast du etwas zu essen?", fragte ich und ließ die Kühlschranktür wieder zufallen. Echt schade eigentlich, da hatte man so einen neuen und hochwertigen Kühlschrank und benutzte ihn nicht einmal.

"Nirgendwo.", erwiderte Milan abgelenkt und leicht genervt. War es jetzt wirklich so schlimm gewesen, dass ich eine Frage gestellt hatte?

"Nicht einmal Müsli oder...oder Äpfel oder so?", fragte ich ungläubig und lehnte mich enttäuscht an den Tresen. Wie konnte man denn kein Essen im Haus haben?

"Nein, Hope, und jetzt sei still.", zischte Milan verärgert und warf mir einen bösen Blick zu, bevor er sich wieder auf das konzentrierte, was auch immer er da machte.

Ich verkniff mir einen sarkastischen Kommentar und verschränkte ebenfalls wütend die Arme. Wieso musste ich unbedingt mit ihm in dieser Wohnung eingesperrt sein?

"Ich habe aber Hunger.", motzte ich schließlich. Mir war bewusst, dass ich mich wie ein kleines Kind anhörte, mich plagten aber Langeweile und Hunger und Milan war der einzige Mensch weit und breit.

Ich beobachtete, wie er erstarrte und dann den Laptop zuklappte. Langsam stand er auf und drehte sich zu mir um, ein mörderischer Ausdruck in den Augen.

"Weißt du, Hope, wie egal mir das ist? Ich glaube wir sollten ein paar Regeln festlegen. Eigentlich sind es nur drei: Sprich nicht mit mir, fass mich nicht an und halt dich aus meinen Angelegenheiten raus, verstanden?", Milan hob fragend eine Augenbraue. "Und wenn du unbedingt meine Aufmerksamkeit willst, dann warte, bis ich den Papierkram erledigt habe. Dann können wir gerne die Zeit zusammen totschlagen.", fügte er süßlich hinzu.

Ich verzog angewidert das Gesicht. Alleine sein Ton sagte ganz genau, dass mir seine Art des Zeitvertreibs nicht gefallen würde.

"Nein, danke, ich verzichte. Auf deine Regeln und auf dein Angebot.", erwiderte ich ungerührt.

Milan kniff seine Augen zusammen und funkelte mich an, doch bevor er etwas sagen konnte, fügte ich hinzu: "Was für Papierkram? Vielleicht kann ich etwas davon machen."

Ich war an einem Punkt angelangt, an dem mir jede Art von Beschäftigung lieber war, als nur rumzusitzen und zu warten. Ich musste mich sowohl von meinem leeren Magen als auch von den Geschehnissen des Tages ablenken, egal wie.

"Ganz bestimmt nicht.", antwortete Milan sofort verächtlich und verschränkte die Arme. "Davon verstehst du nichts."

"Wollen wir wetten?", schoss ich herausgefordert zurück. Sein abfälliger Tonfall ging mir gegen den Strich und seine Annahme, dass ich das nicht konnte, sowieso.

My best friend's sister - m.yg.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt