Kap. 38 - Special

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Yoongi's POV

Montag, 31. Mai 2021

Stumm folgte ich Tan, der eine wütende Hope hinter sich herzog, über den größtenteils verlassenen Schulparkplatz. Obwohl alles in mir verlangte, dem Mistkerl eine reinzuhauen, hielt ich mich zurück. Wenn ich jetzt auch noch reagierte, machte ich alles schlimmer...und das hier war ja schon meine Schuld. Hätte ich meine Gefühle besser versteckt, hätte sich Tan niemals für Hope interessiert und wir würden wie immer in der Cafeteria sitzen. Ich würde so tun, als wäre die Aufmerksamkeit der gesamten weiblichen Schülerschaft etwas, das ich immer noch begehrte.

Vor mir versuchte Hope ein weiteres Mal, sich von Tan loszureißen, nur um mit einem groben Ruck weitergezerrt zu werden. Ich biss die Zähne zusammen, als sie über ihre eigenen Füße stolperte und für einen Moment mit dem Gleichgewicht kämpfte. Glücklicherweise fing sie sich und lief weiter, denn ich fürchtete, dass Tan sie sogar über den Asphalt ziehen würde.

Vor seinem Auto blieben sie schließlich stehen und warteten in angespannter Stille, bis er die Türen entriegelt hatte.

"Steig ein.", verlangte er ruppig und stieß sie nach vorne, sodass sie gegen die Beifahrertür stolperte.

Als Hope über ihre Schulter zu Tan sah, meinte ich, einen Schimmer Unsicherheit in ihren Augen sehen zu können, der schnell von Hass verdeckt wurde.

"Das kannst du vergessen!", zischte sie wutentbrannt. Ihre Augen funkelten voller Abscheu, ein Blick, dessen Opfer ich schon öfter geworden war.

Tan schien nicht beeindruckt. Er baute sich vor ihr auf, sein ganzes Verhalten warnend, und fing sie mit seinen Armen zwischen sich und dem Auto.

"Steig ein.", wiederholte er mit bedrohlich ruhiger Stimme. Erneut flackerte in ihren Augen Nervosität auf. Endlich verstand ich, was das größte Problem war: sie hatte Angst in seinem Auto zu sitzen, von ihm gefahren zu werden. Ich hatte gehört, dass sie mit der Fahrschule angefangen hatte und erwartet, dass sie das nicht mehr stören würde, vielleicht traute sie Tan aber einfach zu wenig.

"Geht's noch langsamer?", mischte ich mich ein und versuchte meiner Stimme einen möglichst genervten Ton zu geben. Auf keinen Fall sollte Tan merken, wieso ich eingriff. Ich schob ihn zur Seite und griff nach Hopes Oberarmen. "Steig ein und ich gebe sie dir rein."

Ich nickte zur hinteren Tür und tat mein Bestes, desinteressiert zu wirken. Mit allem, was geschah, war Tan wohl abgelenkt genug und merkte nichts. Nach einem kurzen prüfenden Blick auf uns beide stieg er ein und rutschte über die Ledersitze, um neben sich Platz für Hope zu machen.

Ohne sie anzusehen schob ich sie nach hinten, bis sie nah genug war, dass Tan sie greifen und ins Auto ziehen konnte.

"Arschloch!", fauchte sie mich an, doch für einen kurzen Moment blitzte Erleichterung in ihren Augen auf. Etwas in mir machte Freudensprünge bei dem Gedanken, dass sie mir immer noch genug traute, um in meinem Auto mitzufahren, doch andererseits freute sie sich eher den Umständen entsprechend: wenn sie zwischen Tan und mir entscheiden musste, war ich wohl einfach das kleinere Übel.

Ich ließ die Tür zufallen und lief mit langsamen Schritten hinten um das Auto herum. Für wenige Sekunden konnte ich der Verzweiflung nachgeben, die meine Brust einengte, konnte mir vorstellen, wie ich Tan für das alles hier jeden einzelnen Knochen brechen würde. Als ich mich schließlich hinter das Lenkrad setzte, war mein Gesicht wieder zu einer ausdruckslosen Maske geworden.

"Mach die Kindersicherung an. Nicht, dass sie uns noch aus dem Wagen springt.", meinte Tan und lachte spöttisch. Im Rückspiegel sah ich, wie er ihre Wange tätschelte und sie daraufhin ausholte und nach ihm schlug. Ohne Probleme wich er aus, das hämische Grinsen war nicht von seinem Gesicht zu bekommen.

My best friend's sister - m.yg.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt