Kap. 17

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Donnerstag, 24. Dezember 2020

Am nächsten Morgen erwartete mich eine eher unangenehme Überraschung.

So leise wie möglich schälte ich mich aus dem Bett, um Milan nicht zu wecken, schnappte mir mein Handy und verschwand in seinem begehbaren Schrank. Natürlich hatte niemand an Kleidung für mich gedacht und das Ballkleid noch einmal anzuziehen war keine Option. Erschöpft ließ ich mich nur in Unterwäsche auf einen der kleinen Hocker fallen und fuhr mir gähnend mit den Fingern durch die Haare. Dank der Hochsteckfrisur waren sie immer noch gelockt und bauschten sich in einem reinsten Wirrwarr um meinen Kopf. Ich hatte jetzt schon Angst vor dem Kämmen.

Um erst einmal wach zu werden, schaltete ich meinen Flugmodus aus und checkte meine Nachrichten. Taehyung hatte mich an Serephinas baldige Ankunft erinnert und mir regelrecht befohlen, davor zu Hause zu sein. Außerdem hatte ich eine weitere Nachricht von...Yoongi.

Mit gerunzelter Stirn ging ich auf den lange zuvor geleerten Chat und entdeckte einen Link mit seinem persönlichen Kommentar: Rache ist süß. Sofort klickte ich auf den blauen Schriftzug und erkannte mit ungutem Gefühl das online Portal einer Zeitschrift. Was hatte Yoongi nur getan? Hatte ich ihn gestern Abend wirklich so wütend gemacht mit meiner kleinen Aktion? Offensichtlich schon. Als ein Video auf meinem Bildschirm erschien, stellte ich schnell die Lautstärke etwas höher und versuchte herauszufinden, was ich mir gerade ansah. Ich fand ziemlich bald heraus, was es mit dem Video auf sich hatte: es war ein Interview, das Yoongi gestern Nacht gegeben hatte.

Er stand draußen vor dem Gebäude, in dem der Ball stattgefunden hatte. Die Reporterin konnte man nicht sehen, nur hören.

"Yoongi, Sie haben heute Kim Hope mit einem anderen Mann gesehen. Was haben Sie dabei empfunden? Was ging Ihnen durch den Kopf?"

Alleine diese Frage verursachte mir Magenschmerzen. Sie zielte ganz offensichtlich darauf ab, mir noch mehr zu schaden und Yoongis gestrige Verfassung - betrunken, wütend - ließ mich bereits ahnen, dass er genau das getan hatte.

"Natürlich war ich sehr verletzt. Ich meine, ich habe sie schließlich eingeladen auf den Ball zu kommen und hatte die Hoffnung, dass wir zusammen hingehen. Ich hätte es besser wissen müssen."

Ich schnaubte entgeistert.

"Verletzt, dass ich nicht lache. Nur dein verdammtes Ego war angekratzt!", flüsterte ich wütend vor mich hin und verfolgte das Video weiter.

"Sie haben Hope eingeladen? Nachdem Sie sich vor einem Jahr von ihr getrennt hatten?"

Hakte die Reporterin nach. Endlich, dachte ich, endlich wurden Yoongis Taten einmal genauer unter die Lupe genommen und kritisiert. Doch ich hatte mich zu früh gefreut.

"Naja, ja. Das war gewissermaßen ein Friedensangebot. Ich wollte, dass wir als Freunde auf den Ball gehen und unsere Konflikte gemeinsam begraben, aber Hope war gar nicht begeistert. Sie wollte nicht einmal mit mir reden. Sie kann die Vergangenheit einfach nicht loslassen. Sie glaubt, sie wäre die Einzige gewesen, die verletzt war, aber mir hat die Trennung auch zu schaffen gemacht."

"Verdammter Heuchler!", zischte ich und spürte bereits, wie sich Tränen in meinen Augenwinkeln sammelten. Wie konnte er nur so tun, als wäre er das Opfer?

"Können Sie den Zuschauern noch einmal erklären, wie es überhaupt zu der Trennung kam? Schließlich hielten die meisten Ihre Beziehung für Perfektion schlechthin."

"Wie alle sicherlich wissen, wurde ich letztes Jahr verhaftet und schließlich für schuldig gesprochen. Dank Hope fiel die Strafe milder aus, als wir erwartet hatten und dafür kann ich niemals dankbar genug sein. Aber das Problem war folgendes: Hope war fest entschlossen bei mir in Tokyo zu bleiben und sie hätte bereitwillig ihre Zukunft für mich aufgegeben. Das konnte ich natürlich nicht zulassen, deshalb habe ich das Einzige getan, das mir in dem Moment richtig erschien: ich habe sie gehen lassen, ich habe sie dazu gebracht, gehen zu wollen. Ich wusste offensichtlich nichts von der Schwangerschaft, sonst..."

My best friend's sister - m.yg.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt