- Lola -
Schweigend sitze ich im Schneidersitz auf Zoes und meinem Bett im Schlafzimmer und betrachte das Foto von meinem Vater und mir auf dem Motorrad.
Durch den Transport in der Tasche meiner Lederjacke ist es ein wenig zerknickt, aber das scheint meinen Vater und mein Kindergarten-Ich nicht zu stören, so ungetrübt wie wir beide in die Kamera grinsen.
Wenn ich damals gewusst hätte, dass das eines der letzten Fotos von meinem Vater und mir sein würde, hätte ich bestimmt nicht so breit und sorglos gelächelt…
Mit einem schweren Schlucken hole ich tief Luft und atme diese wieder ganz langsam durch meine Nase aus.
Ich bin wirklich froh, dass meine Mutter nicht mitbekommen hat, dass ich an der Box in der Kommode war…
Ich meine, wie hätte ich ihr das auch erklären sollen?
Mama, bei Habib arbeitet ein junger Typ in der Autowerkstatt, der genauso aussieht wie Papa…das…das kann ich doch nicht machen…
Zumal sie endlich über ihn hinwegzukommen scheint…immerhin trifft sie sich jetzt mit Christoph…und sie lässt es langsam angehen und stürzt sich nicht wieder in die nächstbeste Beziehung, um ihren Schmerz zu betäuben, so wie früher…
Und wer weiß, vielleicht ist an meinem Verdacht ja auch nichts dran.
Vielleicht irre ich mich ja auch bezüglich der Ähnlichkeit von Nico und meines Vaters…und einer eventuellen Verwandtschaft…
Obwohl ich das auf den ersten Blick nicht unbedingt sagen würde…
Nachdenklich schließe ich meine Augen und rufe mir ein mentales Bild von Nico in Erinnerung, nur um kurz darauf mit einem leichten Kopfschütteln die Augen wieder zu öffnen.
So wird das nichts…
Und es bringt auch nichts, weitere Gedanken daran zu verschwenden.
Ich muss einfach bis morgen abwarten.
Dann weiß ich mehr…
„Chérie?“, höre ich Zoes fragende Stimme und schaue von dem Foto auf, wodurch ich Zoe mit gehobenen Augenbrauen und einem leicht besorgten Blick im Türrahmen zum Schlafzimmer stehen sehe, „alles in Ordnung?“
„Ich…ähm…“, beginne ich und schlucke, während sich mein Griff um das Foto für einen kurzen Moment verkrampft, „ja…alles in Ordnung…mach dir keine Sorgen.“
„Doch, die mache ich mir aber“, erwidert Zoe und stemmt mit prüfendem Blick eine Hand in die Hüfte, „du warst schon so komisch, als du mit Amélie und Thibault von Rohan und Xenia zurückgekommen bist. Vorhin beim Abendessen warst du auch ständig mit den Gedanken
woanders. Und jetzt gerade musste ich dich dreimal ansprechen, bevor du überhaupt auf mich reagiert hast.“
„Oh“, schuldbewusst senke ich den Blick etwas und kaue auf meiner Unterlippe, „tut mir Leid…“
„Das muss dir nicht Leid tun, chérie“, erwidert Zoe und tritt auf unser Bett zu, nur um sich kurz darauf auf die Matratze neben mich zu setzen, „sag mir lieber was los ist. Hast du Kummer? Oder machst du dir über irgendetwas Sorgen?“
„Nein, alles gut“, murmle ich, während Zoe mir mit einem leicht besorgten Blick und einer Hand durch die Haare streicht, „ich…ich denke nur nach, das ist alles.“
„Verstehe“, Zoe nickt langsam, während ihr Blick gleichzeitig auf das Foto in meinen Händen fällt, „hat es etwas damit zu tun?“
„Ich…nein…ja…also…ach, verdammt…“, mit einem schweren Seufzer lege ich den Kopf in den Nacken, wodurch Zoe ihre Hand aus meinen Haaren zieht, „müssen wir darüber sprechen?“
„Offensichtlich schon, sonst würde es dich nicht derart bedrücken, chérie. Und außerdem bin ich deine Verlobte und möchte immer wissen, wenn dich etwas beschäftigt“, entgegnet Zoe und betrachtet mich aufmerksam aus ihren braunen Augen, bevor sie sich zu mir vorlehnt, mir einen sanften Kuss auf die Stirn drückt und sich anschließend wieder zurücksetzt, „also sag schon, chérie…was ist los?“
Für einen Moment erwidere ich Zoes Blick, bis ich ihr schließlich mit einem ergebenen Seufzer und hängenden Schultern das Foto hinhalte.
Vorsichtig und bedacht darauf, es nicht noch weiter zu zerknicken, zieht Zoe das Foto mit zwei Fingern aus meiner Hand und dreht es zu sich um, um es besser betrachten zu können.
Ein liebevolles Lächeln bildet sich auf ihren Lippen und sie schaut von dem Foto zu mir auf.
„Bist du das? Als Kind?“ Ich nicke stumm und sehe, wie Zoe ihren Blick wieder senkt und leise aufkichert. „Du hattest damals ja richtig süße kleine Löckchen.“
„Ja, stimmt“, sage ich leise und spüre, wie sich ebenfalls der Hauch eines Lächelns auf meinen Lippen formt, „und ich habe sie sehr geliebt, auch wenn Mama so oft darüber geflucht hat, wenn sie meine Haare nach dem Baden kämmen musste. Aber mit der Zeit sind die Löckchen ja auch ein wenig rausgewachsen.“
„Stimmt“, immer noch kichernd schlingt Zoe einen Zeigefinger um eine meiner gewellten Haarsträhnen, „und nun hast du wunderschöne dunkle Wellen.“
„Mmm“, stimme ich ihr murmelnd zu und spüre, wie das leichte Lächeln auf meinen Lippen langsam verrutscht, „auch wenn mich meine kleinen Löckchen immer an meinen Vater erinnert haben…“
Obwohl ich den Blick inzwischen wieder gesenkt habe, spüre ich Zoes Augen auf mir ruhen.
„Dann…dann ist der Mann auf dem Foto dein Vater?“
Ich schlucke schwer, nicke aber langsam und schaue auf, als Zoe mein Kinn sanft, aber bestimmt, mit zwei Fingern nach oben drückt.
„Bist du dir sicher, dass du nicht mit mir reden möchtest, chérie?“
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Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)
Romance- Fortsetzung zu „Liebe Auf Französisch" und „Weihnachten Auf Französisch" - Man sagt, dass die Hochzeit der schönste Tag des Lebens ist. Was einem jedoch niemand sagt, ist die Tatsache, dass bis zu diesem besagten schönsten Tag des Lebens eine Me...