- Lola -
Gedankenverloren betrachte ich Zoe, die neben mir liegt und friedlich schläft.
Betrachte ihren Brustkorb, der sich gleichmäßig hebt und wieder senkt.
Betrachte das angedeutete Lächeln, welches sich auf ihren Lippen abzeichnet.
Und betrachte die leichten Zuckungen ihrer geschlossenen Augenlider, welche darauf hindeuten, dass sie vollkommen in ihrem momentanen Traum versunken ist.
Hoffentlich träumt sie von etwas Schönem…
Vielleicht von uns…oder sogar von unserer Hochzeit…
Mit einem liebevollen Lächeln streiche ich Zoe eine blonde Haarsträhne zur Seite, die sich durch eine leichte Kopfbewegung ihrerseits schräg über ihre rechte Gesichtshälfte verirrt hat.
Wenn man sie so sieht, würde man gar nicht erahnen, was sie alles schon mitgemacht hat…
Die ständige Sorge um ihre Mutter aufgrund ihrer Krankheit…
Die jahrelangen Machtspielchen von Patricia…
Die emotionale Manipulation von Robert…
Mein Gesichtsausdruck verhärtet sich und ich atme tief durch, um die aufsteigende Wut in mir möglichst gut im Zaum zu halten, bevor ich meine Hand ausstrecke und sanft mit zwei Fingern über Zoes Wange streiche.
„Ich verspreche dir, dass du nie wieder alleine durch so eine schwere Zeit gehen musst, Zoe…dass ich immer für dich da sein werde…“, flüstere ich und muss erneut lächeln, als ich sehe, wie Zoe sich immer noch schlafend und mit einem tiefen Seufzen an meine beiden Finger schmiegt, „und ich verspreche dir, dass ich glücklich machen werde…bis ans Ende meines Lebens…“
Ein dumpfes Brummen lässt mich mit gehobenen Brauen zur Seite schauen und ich sehe, wie das Display meines Handys auf dem Nachttisch in regelmäßigen Abständen aufleuchtet.
Zusammen mit dem Namen der Person, die mich anruft…
Meine Augenbrauen heben sich noch ein Stück mehr, ehe ich mich auch schon vorlehne, um nach meinem Handy zu greifen und den Anruf entgegenzunehmen.
„Guten Morgen, Nico.“
„Morgen, Löckchen“, ertönt Nicos Stimme am anderen Ende der Leitung, die im Gegensatz zu meiner eher gedämpften Stimme fest und amüsiert klingt, „bist du morgens immer so verschlafen oder liegst du etwa um diese Uhrzeit etwa noch im Bett?“
„Deinen gespielten vorwurfsvollen Ton kannst du dir sparen“, entgegne ich und verdrehe lächelnd die Augen, „erstens habe ich Urlaub und kann theoretisch so lange im Bett bleiben wie ich will. Zweitens muss ich etwas leiser sprechen, um Zoe nicht zu wecken. Und drittens…“
„…kannst du gar nicht verschlafen sein, wenn du so viel am Stück redest“, schneidet Nico mir das Wort ab und lacht belustigt auf, wohingegen sich ein angenehmer Schauer über meinen Rücken zieht, als ich die leichte Bewegung hinter mir auf der Matratze bemerke und kurz darauf spüre, wie sich zwei Arme von hinten um meine Taille legen.
Zoe…
Mit einem Biss auf meine Unterlippe unterdrücke ich ein leises Stöhnen, als Zoe mich an sich drückt, wodurch mein Rücken gegen ihren warmen Oberkörper gepresst wird, und ihre
Lippen Schmetterlingsküsse über meinen Hals verteilen.
Verdammt…
„Na ja, wie auch immer“, redet Nico unterdessen weiter, während meine Zähne sich immer tiefer in meine Unterlippe graben, „ich wollte dir auch eigentlich nur Bescheid sagen, dass vorhin der Kurier hier gewesen ist.“
„Der…der Kurier?“, frage ich abwesend und versuche Zoes Hände, die sich nun unter mein Schlafoberteil schieben wollen, so gut wie möglich mit einer Hand davon abzuhalten.
„Ja, der Kurier“, erwidert Nico, dessen Tonfall nun so klingt, als würde er an meinem Verstand zweifeln, „du weißt schon…der Kurier, der uns das Ergebnis für unseren Halbgeschwistertest bringen sollte?“
„Ach so, klar…der Kurier…ja, natürlich weiß ich, wen du mein-…ahh!“
„Alles okay, Löckchen?“
„Mmmh…war…nur ein Krampf“, presse ich mühsam hervor und werfe Zoe einen warnenden Blick zu, die unterdessen ihren Biss von meinem Übergang zwischen Nacken und Schulter wieder gelöst hat und mich nun süffisant angrinst.
Na, warte…das bekommst du noch zurück, Zoe…
„Scheint so, als wäre zumindest dein Körper noch immer verschlafen, hm?“, entgegnet Nico, wobei ich das belustigte Grinsen mehr als deutlich in seiner Stimme hören kann, bevor er sich kurz darauf räuspert, „also, wie schon gesagt…der Kurier war gerade da und hat mir das Ergebnis gebracht. Und ich dachte…na ja…dass wir den Brief vielleicht gemeinsam
aufmachen wollen?“
„Ja, das…das klingt gut. Dann wissen wir wenigstens beide direkt, was Sache ist“, erwidere ich und schlucke hart, woraufhin Zoe mir nun beruhigend durchs Haar streicht und mich sanft auf die Schulter küsst.
Offenbar hat sie mir meine plötzliche Anspannung angemerkt…
„Ja, das dachte ich auch“, erwidert Nico, der für einen Moment auch etwas verunsichert klingt, ehe er sich ein weiteres Mal räuspert, „ich bin übrigens auf der Arbeit. Ich hab damals nämlich auf dem Schreiben als Lieferadresse die Autowerkstatt von Yussuf angegeben, weil ich mir schon dachte, dass das Ergebnis kommen wird, wenn ich nicht zu Hause bin…also, nur dass du Bescheid weißt…“
„Alles klar“, ich nicke langsam und atme tief durch, während ich gleichzeitig Zoes besorgten Blick aus den Augenwinkeln bemerke, „dann…dann mache ich mich mal fertig. Bis gleich, Nico.“
„Bis gleich, Löckchen.“
Mit einem tiefen Seufzer lege ich auf und lasse mich nach hinten gegen Zoe sinken, die immer noch beide Arme um mich geschlungen hat und mich so festhält.
„Ich schätze mal, dass das Ergebnis von eurem Test da ist, oder chérie?“, fragt sie leise und küsst meine Schläfe, als ich schwach nicke, „machst du dir Sorgen?“
„Ja…nein…na ja, vielleicht ein wenig…“
„Davor, dass das Ergebnis positiv ist? Oder negativ?“
„Beides irgendwie“, murmle ich und drehe meinen Kopf ein Stück, um so Zoe ansehen zu können, „das macht keinen Sinn, oder?“
„Für mich schon“, sagt Zoe leise und streicht mir mitfühlend über die Wange, „möchtest du, dass ich dich begleite? Zu Nico, meine ich?“
„Nein, ist schon in Ordnung. Das müssen Nico und ich alleine machen.“ Ich hole tief Luft und straffe meine Schultern, bevor ich Zoe ein verspieltes Lächeln schenke. „Aber glaub ja nicht, dass ich mich für diese Aktion von vorhin nicht revanchieren werde.“
„Ich weiß gar nicht, was du meinst, chérie“, erwidert Zoe, wobei ihr unschuldiger Augenaufschlag mich kichernd den Kopf schütteln lässt, ehe ich mich mit einem kurzen Kuss aus ihrer Umarmung winde und meine Beine über den Rand der Matratze schwinge.
Na, dann wollen wir mal…- Zoe -
„Also, hat Lola jetzt noch einen Bruder oder nicht?“, fragt Thibault und schaut mich gemeinsam mit Amélie aus großen Augen über den Frühstückstisch hinweg an, während ich das letzte Stück Brötchen in meinem Mund fertig kaue und anschließend herunterschlucke.
„Genau das werden wir heute erfahren, ihr beiden“, sage ich und muss über die irritierten Blicke der Zwillinge schmunzeln, „Lola und Nico haben nämlich einen Test gemacht, der feststellen kann, ob sie miteinander verwandt sind. Und heute ist das Ergebnis von genau diesem Tests bei Nico angekommen, weshalb Lola auch vorhin so schnell weg gewesen ist. Die beiden möchten sich nämlich das Ergebnis zusammen anschauen.“
„Aber Lola und Nico müssen doch eigentlich auch so wissen, ob sie Geschwister sind oder nicht. Ich weiß doch auch, dass Thibault mein Bruder ist. Und du weißt, dass Mama deine
Schwester ist.“
„Ja, das stimmt schon“, pflichtige ich Amélie mit einem Nicken bei, „aber Lola und Nico sind vermutlich Halbgeschwister. Die beiden haben, so wie es aussieht, denselben Vater, aber unterschiedliche Mütter. Das macht die ganze Sache natürlich ein bisschen komplizierter, zumal Lolas Vater und Nicos Mutter nicht mehr leben, um diesen Verdacht zu bestätigen oder ihn eben zu widerlegen.“
„Und deshalb haben die beiden diesen komischen Test gemacht?“, hakt Thibault mit gerunzelter Stirn nach und schaut mit einem tiefen Seufzer zu Amélie, als ich erneut nicke, „zum Glück haben wir die gleiche Mutter und den gleichen Vater. Das wäre mir sonst viel zu kompliziert.“
„Ja, mir auch“, stimmt Amélie ihrem Bruder zu, woraufhin sich die beiden verschwörerisch angrinsen, was mich für einen Moment verwirrt die Stirn runzeln lässt, bis Maries Räuspern
mich zu ihr schauen lässt.
„Was vermutest du denn, Zouzou?“, fragt meine ältere Schwester und nippt dabei leicht an ihrer Kaffeetasse, „denkst du, dass dieser Nico Lolas Halbbruder sein könnte oder hältst du das für eher unwahrscheinlich? Also, von deinem Gefühl her, meine ich.“
„Nun ja“, ich tupfe mir mit einer Serviette leicht über den Mund, ehe ich mich in meinem Stuhl etwas zurücklehne und meine Beine übereinander schlage. „Sagen wir es mal so…auf der einen Seite ist es schon ein mehr als großer Zufall, dass Lola einem potenziellen Halbbruder einfach so in der Autowerkstatt von Habibs Onkel über den Weg läuft. Aber andererseits wäre es ein genauso großer Zufall, wenn Nico Lolas Vater so unfassbar ähnlich sehen würde, ohne mit ihm verwandt zu sein.“
„Also steht es deiner Meinung nach Zufall gegen Zufall?“, fragt Marie und nimmt einen etwas größeren Schluck von ihrer Tasse, woraufhin ich nicke und mit einem Seufzer die Arme vor
der Brust verschränke.
„Ja, könnte man so sagen…“
Das plötzliche Türklingeln lässt mich überrascht den Kopf in Richtung Flur drehen.
Wer ist das denn?
Wir erwarten doch heute gar keinen Besuch…
„Hat Lola vielleicht etwas vergessen?“, fragt Marie, deren Blick ich auf mir ruhen spüre, als ich meinen Stuhl vom Frühstückstisch zurückschiebe und aufstehe.
„Nein, dann hätte sie mich mit Sicherheit angerufen“, erwidere ich kopfschüttelnd, während ich die Küche durchstreife und auf den Flur trete, „und außerdem hat Lola einen Schlüssel und muss nicht klingeln.“
„Vielleicht hat sie ja ihren Schlüssel vergessen.“
„Und ihr Handy!“, höre ich Thibault noch die Vermutung seiner Schwester eifrig ergänzen, woraufhin ich leise auflache und noch etwas mehr mit dem Kopf schüttle.
Das wäre wirklich ein mehr als großer Zufall…
Vor mich hin schmunzelnd gehe ich weiter über den Flur zur Wohnungstür und greife nach dessen Klinke, um sie herunterzudrücken und die Tür aufzuziehen…und kurz darauf wie versteinert zu erstarren.
„Salut, Zoe“, sagt Constantin, der mich ernst aus seinen von dunklen Rändern umspielten Augen ansieht und nach kurzem und tiefen Luftholen seine Schultern strafft, „kann ich bitte mit Marie sprechen?“
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Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)
Romance- Fortsetzung zu „Liebe Auf Französisch" und „Weihnachten Auf Französisch" - Man sagt, dass die Hochzeit der schönste Tag des Lebens ist. Was einem jedoch niemand sagt, ist die Tatsache, dass bis zu diesem besagten schönsten Tag des Lebens eine Me...