- Lola -
„Und du denkst wirklich, dass Zoe immer noch Gefühle für ihren Exmann hat?“, fragt meine Mutter zweifelnd und mustert mich mit gerunzelter Stirn, während ich meine Arme vor der Brust verschränkt habe und mich mit angezogenen Beinen auf dem Sofa im Wohnzimmer zurücklehne. „Ich meine, nach allem, was dieser Typ ihr angetan hat? Glaubst du das wirklich, Lola?“
„Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich noch glauben soll“, erwidere ich tonlos und ziehe meinen Kopf mit einem leichten Frösteln etwas mehr zwischen meine Schultern, „ich…ich kann seit heute Mittag überhaupt keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles ist so…so verwirrend…und kompliziert...“
„Was ja auch nur allzu verständlich ist“, erwidert meine Mutter mitfühlend und lässt sich neben mich auf das Sofa sinken, ehe sie einen Arm um meine Schultern legt und mich ein Stück zu sich zieht, wodurch mein Kopf auf ihre Schulter gebettet wird.
„Möchtest du reden oder lieber schweigen?“, fragt sie leise und streicht mir mit zaghaften Bewegungen durch mein Haar, während ich die Augen schließe und tief Luft hole.
„Ich möchte einfach nur, dass dieses Gedankenkarussell in meinem Kopf endlich aufhört sich zu drehen“, entgegne ich und vergrabe mit einem frustrierten Stöhnen mein Gesicht in der Schulter meiner Mutter, wobei ich gleichzeitig gegen die erneut aufsteigenden Tränen ankämpfe, „ich…ich verstehe es einfach nicht! Zoe und ich…wir waren so glücklich miteinander! Aber seit dieser…dieser…Kerl…wieder aufgetaucht ist, ist alles so…anders.“
„Nun…du darfst aber auch nicht vergessen, dass Zoe und ihr Ex verheiratet und über ein Jahrzehnt zusammen waren…so etwas verbindet nunmal, ob man will oder nicht.“
„Na, vielen Dank auch, Mama“, entgegne ich und kann das verächtliche Schnauben nicht unterdrücken, als ich mich aufrichte und meine Mutter aus schmalen Augen anfunkle, „ich dachte, du möchtest mich trösten oder wärst zumindest auf meiner Seite.“
„Ich bin auf deiner Seite, Lola“, erwidert meine Mutter, wobei mich der ruhige Tonfall in ihrer Stimme verwirrt blinzeln lässt, „ich versuche dir nur begreiflich zu machen, dass Zoe für ihr merkwürdiges Verhalten vielleicht gar nichts kann.“
„Oh bitte“, ich verdrehe die Augen, „du willst mir doch jetzt nicht ernsthaft mit dieser billigen Ausrede kommen, dass man nichts für seine Gefühle kann, oder?“
„Nein“, meine Mutter schüttelt den Kopf, „auch wenn an dieser für dich billigen Ausrede durchaus etwas Wahres dran ist, war das nicht der Punkt, auf den ich hinaus wollte. Ich meinte damit, dass die Beziehung zwischen Robert und Zoe in meinen Augen leicht toxische Züge aufweist. Und sich von so einer Beziehung ein für alle mal zu lösen, ist gar nicht so einfach.“
„Toxische Züge?“, meine Stirn legt sich in Falten, „wie kommst du denn jetzt darauf?“
„Weil mich Zoes Beziehung zu Robert sehr stark an meine Beziehung zu Dannys Vater erinnert.“ Meine Mutter holt tief Luft und senkt ihren Blick, ehe sie nach einigen Momenten
der Stille weiterspricht. „Ich…ich habe oft mit meiner Therapeutin über diese Zeit gesprochen. Darüber, wie sehr mein damaliges Selbstwertgefühl von dieser Beziehung abhängig gewesen ist und…und dass ich alles dafür getan hätte, um von Dannys Vater geliebt zu werden. Das hat dieser natürlich schamlos ausgenutzt und mich als heimliche Affäre neben seiner Ehefrau benutzt, weil er ganz genau wusste, dass er es mit mir machen konnte und dass ich emotional total abhängig von ihm gewesen bin. Er hat es genossen, so eine Macht über mich zu haben und mich zu jedem Zeitpunkt vollkommen aus der Fassung zu bringen oder in ein absolutes Gefühlschaos zu stürzen. Zumindest so lange, bis er mich schließlich kurz nach Dannys
Geburt sitzen gelassen hat, was im Nachhinein mit Sicherheit immer noch das Beste gewesen ist, was mir hätte passieren können, auch wenn ich es in dem Moment natürlich nicht so gesehen habe und stattdessen eine Welt für mich zusammengebrochen ist.“
Nachdenklich betrachte ich meine Mutter, während ihre Worte gleichzeitig in meinem Kopf nachhallen.
Zu einem gewissen Grad kann ich verstehen, worauf sie hinaus möchte.
Denn auch, wenn ich nicht viel von der Beziehung zwischen Robert und Zoe weiß, erinnere ich mich daran, wie Zoe ab und an erwähnt hat, wie unglaublich dankbar sie Marie und
Constantin gewesen ist, dass sie sie nach ihrer Trennung von Robert aufgenommen und vor allen Dingen aufgefangen haben, da es ihr zu diesem Zeitpunkt unfassbar schlecht ging.
Natürlich ist das nicht allzu unüblich nach einer Trennung, aber Roberts Affären und ständig geforderten Beziehungspausen während der Unizeit, von denen mir Direktorin Berger an einem Abend mal in einem Nebensatz erzählt hat, sprechen ebenfalls dafür, dass Robert eigentlich nur mit Zoe gespielt hat.
Und der persönliche Eindruck, den ich heute von Robert bekommen habe, bekräftigt die Vermutung meiner Mutter bezüglich der leicht toxischen Züge nur noch mehr.
Schließlich wusste Robert ganz genau, welche Knöpfe er bei Zoe drücken musste, um bestimmte Reaktionen von ihr zu erhalten.
Dieser schmierige, ekelhafte Lackaffe!
„Es hat mich jedenfalls einiges an Kraft gekostet, um mit dieser Beziehung abzuschließen.
Und da Zoe so viel länger mit Robert zusammen gewesen ist, als ich mit Dannys Vater, bin ich mir sicher, dass sie noch mehr damit zu kämpfen hatte als ich…zumal sie das wahrscheinlich immer noch tut, was ihr aktuelles Verhalten erklären würde“, holen mich die Worte meiner Mutter wieder aus meinen Gedanken zurück, die tief Luft holt und mich
anschließend schwach anlächelt. „Wie gesagt, das soll keinesfalls eine Entschuldigung für Zoes Verhalten sein, aber vielleicht gibt dir das eine andere Sichtweise auf die Dinge, um zu verstehen, was deine Verlobte unter Umständen belasten könnte.“
„Ja, kann sein“, murmle ich und kaue grübelnd auf meiner Unterlippe, „trotzdem hätte Zoe mir zumindest von der Begegnung mit Robert erzählen können.“
„Ich glaube, sie wollte einfach nur vermeiden, dass du wütend oder eifersüchtig wirst, erst recht so kurz vor der Hochzeit“, entgegnet meine Mutter und streicht mir eine verirrte dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. „Glaub mir, Lola. Zoe liebt dich. Sie liebt dich wirklich. Sonst hätte sie doch damals nicht ihren Job riskiert, um mit dir zusammen zu sein und dich auch nicht an Weihnachten ihren Eltern vorgestellt. Von dem Antrag mal ganz zu schweigen. Sie meint es ernst mit dir. Und wenn nicht, dann hätte sie heute doch die beste Gelegenheit gehabt, um dir zu sagen, dass sie lieber mit Robert zusammen sein möchte, zumal er sich ja laut deinen Erzählungen mehr als offensichtlich an sie heran gemacht hat. Aber das hat sie nicht getan. Sie hat vielleicht nicht unbedingt ideal reagiert, das stimmt schon. Aber sie ist auch nicht auf seine Anmachversuche eingegangen oder hat sie gar erwidert. Im Gegenteil. Also, rede morgen nochmal mit ihr. Sprecht euch aus. Aber jetzt machst du dich erst mal bettfertig und gehst schlafen. Es ist schon spät und du solltest dich ausruhen. Und morgen, wenn du ausgeschlafen bist, sieht die Welt schon wieder ganz anders aus, du wirst sehen…“- Zoe -
Ich hab’s verbockt…
Obwohl ich meine von Gänsehaut überzogenen Arme noch etwas fester um meinen fröstelnden Körper schlinge, während ich mich weiter gegen den Rahmen der offenen Balkontür lehne und hinaus in die Dunkelheit starre, spüre ich kaum etwas von der nächtlichen Kälte.
Viel zu sehr hängen meine Gedanken Lola und unserem Streit von heute Mittag hinterher.
Unserem Streit…und ihrem Wunsch nach Abstand.
Nach Abstand von mir…
Ein schmerzhafter Stich durchstößt meinen Brustkorb und ich bin mir sicher, dass mir erneut Tränen über meine Wangen gelaufen wären, wenn mir das penetrante Brennen meiner Augen nicht indirekt verraten würde, dass ich in den vergangenen Stunden sämtliche in meinem Körper befindlichen Tränen bereits ausgeweint hatte und nun nichts mehr davon übrig ist.
Nicht einmal Marie, die mich letztendlich mit einem hilflosen Seitenblick auf Amélie und Thibault ins Bett gebracht und mir gesagt hat, dass ich mich ausruhen und schlafen sollte, konnte mich beruhigen.
Und abgesehen davon war, aufgrund von Lolas Abwesenheit, an Schlaf in unserem gemeinsamen Bett sowieso nicht zu denken, weshalb ich mich nach einigen Stunden des rastlosen Hin- und Herwälzens aufgerappelt habe und inzwischen seit einer kleinen Ewigkeit im zugigen Rahmen der geöffneten Balkontür stehe.
Selbst wenn ich krank werden oder mich erkälten sollte, wäre es mir egal.
So wie ich mich in letzter Zeit verhalten habe, hätte ich es sogar verdient.
Wenn nicht sogar noch viel Schlimmeres…
Ein kratziges Schluchzen entfährt mir, als ich tief Luft hole und mir etwas unbeholfen mit einer Hand durch mein zerzaustes Haar streiche.
Kein Zweifel.
Ich hab’s verbockt.
Vermasselt.
Versagt.
Auf ganzer Linie versagt.
Ich bin Schuld.
Ich allein…
Warum konnte ich Lola nicht sagen, was mit mir los ist?
Und warum verstehe ich nicht einmal selber, was mit mir los ist?
Was stimmt denn nur nicht mit mir?!
Warum verhalte ich mich so komisch und verletze dadurch die Frau, die ich über alles liebe und mit der ich den Rest meines Lebens verbringen möchte?
Ich meine, ich weiß doch genau, wie es sich anfühlt, von einer geliebten Person verletzt zu werden!
Wie kann ich dann dasselbe nur Lola antun?!
Ich kann doch nicht genau so herzlos sein wie Robert!
…oder?
Mit einem weiteren kratzigen Schluchzen schließe ich die Augen und fahre ich mir kraftlos mit einer Hand über das Gesicht.
Vielleicht hat Lola ja gar nicht so unrecht mit ihrem Wunsch nach Abstand…
Vielleicht bin ich durch meine Beziehung mit Robert ja so dermaßen geschädigt, dass ich keine richtige Beziehung mehr zu einer anderen Person führen kann…
Wer weiß…vielleicht wäre Lola ohne mich sogar glücklicher und sie könnte eine Frau finden, die sie so behandelt, wie sie es verdient…eine Frau ohne unliebsame Altlasten oder Vorgeschichten mit einem untreuen Exmann…
Vielleicht wäre das wirklich das Beste…
Langsam öffne ich meine Augen wieder, während die Schwere dieses Gedankens mich wie eine Welle mit voller Wucht erfasst, ehe ich mich aus meiner leicht vornüber gebeugten
Haltung wieder aufrichte und beginne, mit dem Kopf zu schütteln.
Nein…
Ich…ich kann es nicht.
Ich kann Lola nicht einfach so gehen lassen.
Nicht nach allem, was wir zusammen durchgestanden haben.
Nicht nach all den Plänen, die wir für unsere gemeinsame Zukunft gemacht haben.
Und nicht nachdem Lola mir gezeigt hat, dass ich imstande bin, eine andere Person außer Robert zu lieben…beziehungsweise eine andere Person mehr als Robert zu lieben.
Meine Haltung wird immer aufrechter, bis ich schließlich meine Arme aus ihrer vor meinem Oberkörper verschränkten Position löse und stattdessen mit einem entschlossenen Schnauben meine Schultern straffe.
Ich werde Lola beweisen, dass ich es ernst meine.
Ich werde um unsere Beziehung kämpfen.
Um unsere Beziehung und um unsere Hochzeit…
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Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)
Romance- Fortsetzung zu „Liebe Auf Französisch" und „Weihnachten Auf Französisch" - Man sagt, dass die Hochzeit der schönste Tag des Lebens ist. Was einem jedoch niemand sagt, ist die Tatsache, dass bis zu diesem besagten schönsten Tag des Lebens eine Me...