# 40

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- Lola -

„Wow! Du siehst total schön aus! Fast wie eine Prinzessin!“
„Du kleiner Schmeichler“, erwidere ich schmunzelnd und zwinkere Danny zu, der mich freudestrahlend und fasziniert zugleich aus großen Augen ansieht, ehe ich ein Stück weiter zu meiner Mutter schaue.
Ihr forschender und fast schon verschlossener Blick lässt mich für einen Moment schwer schlucken, bevor ich mich vollständig in ihre Richtung drehe.
„Und? Was sagst du?“, frage ich und stemme etwas unbeholfen eine Hand in die Hüfte, während die blauen Augen meiner Mutter mich prüfend mustern und schließlich ein leichtes Lächeln ihre Lippen ziert.
„Danny hat Recht. Du siehst wirklich wunderschön aus, Lola.“
„Sag ich doch“, erwidert Danny und grinst zufrieden, während ich mich erleichtert und mit leicht glühenden Wangen von den beiden weg und wieder zurück zu dem hohen Ganzkörperspiegel drehe.
„Ich muss Ihrer Familie da ganz Recht geben, Frau Sommer“, höre ich Herrn Abel, den Besitzer des Brautmodengeschäftes, sagen, der gerade damit beschäftigt ist, den Rock meines Kleides etwas zurechtzuzupfen, „dieses Kleid sieht wirklich aus, als wäre es wie für Sie gemacht. Es benötigt nicht einmal Anpassungen oder anderweitige Änderungen.“
„Das stimmt“, seufze ich und fahre mir mit beiden Händen über meine Seiten, wodurch ich den weichen Stoff des Kleides unter meinen Finger spüre und gleichzeitig weiter mein
Spiegelbild betrachte.
Ich gebe zu, dass ich vor ein paar Stunden, als meine Mutter, Danny und ich diesen Laden betreten haben, noch recht skeptisch gewesen bin, denn wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich Zoe genauso gut in einen Müllsack gekleidet heiraten können und wäre trotzdem überglücklich gewesen. Auch wenn Rohan und vor allen Dingen Direktorin Berger mehrfach betont haben, dass diese Art von Kleidungsstil absolut keine Option ist…
Allerdings war es letztendlich Zoes Wunsch, dass wir beide in Weiß heiraten, welcher mich vor einigen Wochen dazu gebracht hat, in diesem Brautmodenladen anzurufen und Herrn Abel anhand von groben Beschreibungen, was ich mir in etwa so vorstelle, eine Auswahl zusammenstellen zu lassen, durch welche wir uns in den vergangenen Stunden gemeinsam gekämpft haben.
Umso überraschter bin ich, dass ich tatsächlich ein Kleid gefunden habe, welches ich gar nicht mal so schrecklich finde…eigentlich sogar recht schön…
Der schulterfreie Schnitt.
Der angenehme Stoff.
Und allen voran diese leichte Vorhangoptik, durch welche mir die Vorderseite des Kleiderrocks knapp bis zu den Knien reicht und von da aus wellenförmig zu den Seiten hinab
bis zu den Knöcheln fällt.
Einfach nur wunderschön…ich hoffe nur, dass es auch Zoe gefällt…
Ich seufze ein weiteres Mal, bevor ich meinen Kopf mit einem leichten Nicken zu Herrn Abel drehe.
„Ich nehme das Kleid.“
„Wunderbar. Eine hervorragende Wahl, Frau Sommer“, sagt Herr Abel und lächelt mich warm an, ehe das sanfte Klingeln der Eingangsglocke ihn aufhorchen lässt, „entschuldigen Sie bitte, das wird wahrscheinlich der nächste Termin sein...“
„Kein Problem“, unterbreche ich Herrn Abel mit einem ebenso warmen Lächeln, „kümmern Sie sich ruhig um Ihre Kundschaft. Ich kann mich ja in der Zwischenzeit schon mal umziehen und den Rest regeln wir dann einfach gleich.“
„Einverstanden“, erwidert Herr Abel sichtlich erleichtert und nickt mir ebenfalls zu, bevor er sich umdreht und kurz darauf hinter einem schweren dunkelblauen Vorhang verschwindet, welcher den Anprobebereich von dem Verkaufsbereich abtrennt.
„Lola?“
„Ja, Großer?“, frage ich und schaue mit einem amüsierten Lächeln zu meinem Bruder hinab, dessen Hand ungewöhnlich behutsam am Rock meines Kleides zupft, um so meine
Aufmerksamkeit zu gewinnen, „was gibt’s?“
„Ich muss mal“, raunt Danny mir zu, wobei seine Stimme jedoch ungewollt so laut wird, dass ich kurz auflachen muss und anschließend mit dem Kopf auf den Gang deute, der zu den
Umkleidekabinen führt.
„Wenn du den Gang bis zum Ende durch gehst, müsstest du zu einer Gästetoilette kommen. Schaffst du das?“
„Klar, ich bin doch schon groß“, entgegnet Danny und hebt demonstrativ sein kleines Kinn ein Stück an, wodurch ich erneut auflachen muss und ihm anschließend lächelnd nachschaue, als er mit entschlossenen Schritten in dem Gang verschwindet.
Ach, Großer…
Ich seufze ein weiteres Mal und schaue zurück zu meiner Mutter, deren erneut forschender Blick mich leicht die Stirn runzeln lässt.
Wieso schaut sie mich denn die ganze Zeit über nur so komisch an?
Habe ich etwas im Gesicht?
Oder…?
Anstatt meinen Gedanken zu vollenden, drehe ich mich vollständig zu meiner Mutter um und verschränke die Arme vor der Brust, wobei mein noch stärker werdendes Stirnrunzeln meine Mutter irritiert Blinzeln lässt.
„Was ist? Was hast du?“
„Gefällt dir das Kleid wirklich?“
„Natürlich…“
„Sicher?“, hake ich nach und hebe skeptisch eine Augenbraue, „ich meine, du hast zwar vorhin gesagt, dass dir das Kleid gefällt, aber dein Blick von gerade eben spricht nicht
unbedingt dafür.“
„Ach so, das meinst du…“ Die Stimme meiner Mutter driftet ab, genauso wie ihre Augen, die zur Seite wandern, während sie sich eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr streicht. „Ich…das hatte nichts mit dir zu tun, Lola. Wirklich nicht. Ich…war einfach nur in Gedanken. Das ist alles…“
„Und worüber hast du nachgedacht?“, frage ich weiter und löse meine verschränkten Arme von meinem Oberkörper, als meine Mutter beginnt, Schritt für Schritt auf mich zuzutreten.
„Über…verschiedene Dinge.“ Die Stimme meiner Mutter zittert leicht und ich sehe, wie ihre Hand langsam in ihre Handtasche gleitet, die sie fest mit den Fingern ihrer anderen Hand
umklammert hat. „Aber in erster Linie wollte ich dir das hier geben…“
Ohne mich anzusehen zieht meine Mutter etwas aus ihrer Handtasche hervor, welches sie jedoch gleichzeitig fest von ihrer Faust umschlossen hält, sodass ich keinen Blick darauf erhaschen kann.
Was soll das?
Ich dachte, sie will mir etwas geben und nicht etwas vor mir verstecken…
„Kannst du vielleicht kurz die Augen schließen?“
„Oh, komm schon, Mama“, stöhne ich und verziehe das Gesicht, „für wie alt hältst du mich? Vier?“
„Bitte, Lola.“
Ich seufze ergeben und mustere meine Mutter für einige Augenblicke, die mich sowohl ungewöhnlich schüchtern als auch bittend ansieht, ehe ich mit einem weiteren Seufzer meine Augen schließe.
„Gut“, ich höre meine Mutter tief Luft holen und diese langsam wieder ausatmen, „dann…kannst du deine Augen jetzt wieder öffnen.“
Aha…ich bin wirklich gespannt, was das gebracht haben soll…
Doch anstatt diese Worte auszusprechen, öffne ich meine Augen einfach wieder, welche sich sofort schlagartig weiten, als ich eine silberne Kette in den Händen meiner Mutter sehe.
Eine silberne Kette, an welcher ein azurblauer Stein hängt, der die geschliffene Form einer Träne hat.
Wow…
„Gefällt sie dir?“, fragt meine Mutter, deren Stimme immer noch ein wenig zittert, während ich einfach nur stumm nicken kann, „möchtest du sie anprobieren?“
Immer noch sprachlos nicke ich erneut und drehe mich um, bevor ich meine Haare mit beiden Händen zu einem Zopf zusammenfasse und hochhalte.
Durch den Spiegel vor mir sehe ich meiner Mutter dabei zu, wie sie mir vorsichtig die Kette anlegt und anschließend neben mich tritt, während ich meine Haare wieder fallen lasse und andächtig über den blauen Anhänger streiche.
„Es freut mich, dass dir die Kette gefällt.“
„Ja, sie gefällt mir“, stimme ich meiner Mutter zu, ehe ich meine Finger wieder von dem Anhänger löse und zu ihr schaue, „aber ich möchte nicht, dass du mir so eine teure Kette
schenkst, Mama. Hochzeit hin oder her. Immerhin…“
„Das ist wirklich süß von dir, Lola“, unterbricht meine Mutter meinen Redefluss mit einem zarten Lächeln, „aber ich…ich habe die Kette selber geschenkt bekommen.“
„Oh“, überrascht hebe ich die Augenbrauen, „und von wem?“
Anstatt mir zu antworten, sehe ich, wie das Lächeln meiner Mutter wieder schwerere Züge annimmt und ihre Augen wieder zur Seite gleiten.
„Kannst du dir das nicht denken?“

Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt