- Lola -
„Kanon in D-Dur? Echt jetzt?“
„Es gibt keinen Grund für einen derart sarkastischen Tonfall, Jojo“, entgegnet Romy, die gegenüber von Zoe und mir am Küchentisch in ihrer Wohnung sitzt und ihrem Sohn, der mit seinen rotblonden Haaren und blauen Augen praktisch ihr Ebenbild ist, einen strengen Blick zuwirft.
„Das hat doch nichts mit Sarkasmus zu tun“, erwidert Jojo kopfschüttelnd und lehnt sich in seinem Stuhl zurück, „ich dachte nur, deine Freundin aus Studententagen und ihre Verlobte hätten sich für ihre Hochzeit vielleicht etwas…na ja... Besonderes einfallen lassen. Aber gerade dieses Stück gehört ja mehr schon zu den Klassikern, wenn nicht sogar schon zu den klischeehaften Liedern auf einer Hochzeit.“
„Jojo!“ Während Romy uns einen Moment lang entschuldigend ansieht, ehe sie ihren Sohn erneut mahnend anfunkelt, bemerke ich aus den Augenwinkeln, wie eine leichte Röte in Zoes Wangen steigt und sie beginnt, unruhig auf ihrem Stuhl herumzurutschen.
„Na ja, dein Sohn hat da schon nicht ganz unrecht, Romy“, murmelt sie und wirft mir einen verunsicherten Blick zu, „ich meine, das Lied ist alles andere als eine außergewöhnliche Wahl für eine Hochzeit.“
„Sag ich ja“, erwidert Jojo, dem seine gleichgültige Antwort und das fast schon gelangweilte Schulterzucken ein weiteres strafendes Augenfunkeln seiner Mutter einbringen, wohingegen ich weiterhin zu Zoe schaue, die beschämt auf ihrer Unterlippe kaut.
Unter normalen Umständen hätte ich diesem Jojo bereits nach seiner ersten Aussage über unsere Musikstückauswahl eine ordentliche Ansage gemacht.
Insbesondere weil er Zoe und ihren Wunsch, die Tradition in ihrer Familie dadurch weiter aufrecht zu erhalten, in Verlegenheit bringt.
Wie gesagt, unter normalen Umständen…
Aber da Romy uns schon im Vorfeld vorgewarnt hat, dass ihr Sohn gerade im musikalischen Bereich ab und an recht altkluge Züge an den Tag legt, habe ich mir da eine etwas andere Reaktion überlegt…
„Ja, ich denke auch, dass dein Sohn Recht hat, Romy.“
„Was?“ Während Jojo mit einer Mischung aus Überraschung und Genugtuung über meine Zustimmung eine Augenbraue hebt, schaut Romy mich mit irritiertem Blinzeln an. „Ist das dein Ernst, Lola?“
„Aber natürlich“, erwidere ich in dem selbstverständlichsten Tonfall, den ich in diesem Moment zustande bringe und spüre, wie Zoe neben mir kaum merklich ihren Kopf ein Stück mehr zwischen ihre Schultern zieht, „unsere Hochzeit soll schließlich etwas besonderes werden und da passt so ein relativ typisches Lied absolut nicht zu. Zumal dein Sohn dieses Stück wahrscheinlich sowieso nicht so gut spielen könnte.“
„Wie bitte?“ Während Romy nun sichtlich verwirrt eine Augenbraue hebt, richtet Jojo sich fast schon empört in seinem Stuhl auf. „Was soll das denn jetzt heißen?“
„Nun ja“, ich zucke mit gespielte Bedauern mit den Schultern, „du kannst wahrscheinlich nur Stücke spielen, die im Zusammenhang mit deinem Unterricht an der Musikakademie stehen und für die du sehr viel Zeit zum Üben hast.“
„Willst du damit sagen, dass ich mit diesem Stück überfordert bin?“, fragt Jojo und ich muss mir Mühe geben, um über seinen eisigen Tonfall nicht zu grinsen.
„Ja, genau“, entgegne ich stattdessen und zucke ein weiteres Mal mit den Schultern, wohingegen Jojos Hände auf dem Tisch sich zu Fäusten ballen, „und das ist ja auch nicht schlimm. Es ist ja schließlich auch nicht mehr allzu lang hin bis zu unserer Hochzeit. Aber es wäre bestimmt sinnvoller, wenn wir uns für ein Stück entscheiden würden, welches du bereits kennst und beherrschst. Eines davon wird sich bestimmt für diesen Anlass eignen und…“
„Das wird nicht nötig sein“, schneidet Jojo mir schnaubend das Wort ab und steht von seinem Stuhl auf, wodurch er mit seiner großen und recht schlaksigen Statur ein gutes Stück über uns ragt, „wenn ihr zwei unbedingt dieses Musikstück auf eurer Hochzeit haben wollt,
bekommt ihr es auch.“- Zoe -
„Aber eines muss ich noch fragen, chérie“, beginne ich und hake mich bei meiner Verlobten unter, während wir in gemächlichem Tempo über die Einkaufsstraße der Stadt streifen,
„findest du nicht, dass das vorhin schon etwas gemein von dir gewesen ist?“
„Was denn?“
Mit unschuldigem Wimpernaufschlag dreht Lola ihren Kopf zu mir, was mich halb seufzend, halb lächelnd die Augen verdrehen lässt.
„Jetzt tu nicht so. Du weißt ganz genau, wovon ich rede.“
„Wovon denn?“
„Ach, komm schon, chérie. Du…hey, hör auf zu lachen!“
Mein erfolgloser Versuch eines strengen Tonfalls geht in Lolas amüsiertem Kichern unter, während sie mir gleichzeitig einen entschuldigenden Blick zuwirft.
„Tut mir Leid, Zoe“, sagt sie und drückt mir einen versöhnlichen Kuss auf die Wange, „aber du siehst einfach so süß aus, wenn du versuchst, so ernst zu sein.“
„Toll“, ich seufze auf, „genau diesen Eindruck möchte ich auch gerade vermitteln.“
„Nimm’s nicht so schwer, meine Schöne“, erwidert Lola und küsst meine Wange erneut, „und bezüglich deiner Frage…nein, ich finde nicht, dass ich vorhin allzu gemein gewesen bin.“
„Also wusstest du doch, wovon ich gesprochen habe.“
„Aber natürlich.“ Lolas Zwinkern lässt mich erneut die Augen verdrehen. „Ich meine, wenn Romy uns nicht vor Jojos leicht besserwisserischen Zügen gewarnt hätte, hätte ich ihm eben ein paar nicht sonderlich nette Worte an den Kopf geworfen. Aber so habe ich mir eben eine andere Vorgehensweise überlegt.“
„Indem du ihn an seinem Stolz gepackt hast?“, frage ich und runzle die Stirn, was Lola wiederum mit einem Schulterzucken nicken lässt.
„Ganz genau. Das hat früher bei Danny auch immer sehr gut geklappt, wenn er sich zum Beispiel geweigert hat, sein Gemüse zu essen und ich daraufhin zu ihm meinte, dass das nicht schlimm sei, da Gemüse ohnehin nur was für große Jungs wäre.“
„Verstehe“, meine Mundwinkel heben sich zu einem belustigten Lächeln, „das erklärt auf jeden Fall, warum du diese Aussagen so glaubhaft rübergebracht hast. Für einen Moment habe ich nämlich wirklich gedacht, dass du das Musikstück tatsächlich nicht mehr so passend für unsere Hochzeit findest.“
„So ein Unsinn, Zoe.“ Ich spüre, wie Lola stehen bleibt und ihren Arm aus meinem untergehakten Griff löst, um sich stattdessen vor mich zu stellen und mich fest aus ihren azurblauen Augen anzusehen. „Ich finde dieses Lied und eure damit verbundene Familientradition wunderschön. Und da lasse ich mich doch nicht durch so eine dämliche Aussage verunsichern oder gar davon abbringen. Das ist schließlich unsere Hochzeit. Und diese sollten wir so gestalten, wie wir es möchten und für richtig halten, findest du nicht?“
Das abschließende Zwinkern und das sanfte Streichen von Lolas Fingern über meine Taille lassen mich erleichtert aufseufzen, während ich gleichzeitig meine Arme um Lolas Nacken schlinge und sie verträumt anlächle.
„Du bist einmalig, chérie. Wirklich einmalig. Und ich bin so unendlich froh und dankbar, dass wir in ein paar Wochen…“
„Na, so was. Lange nicht gesehen, nicht wahr, Zoe?“
Oh nein…
Nein, bitte nicht…
Nicht ausgerechnet jetzt…
Ich spüre, wie sich mein Körper beim plötzlichen Klang der näher kommenden Stimme verkrampft und muss meinen Kopf nicht einmal zur Seite drehen, um zu wissen, dass sie zu Robert gehört, der mit schlendernden Schritten auf Lola und mich zukommt…
DU LIEST GERADE
Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)
Romance- Fortsetzung zu „Liebe Auf Französisch" und „Weihnachten Auf Französisch" - Man sagt, dass die Hochzeit der schönste Tag des Lebens ist. Was einem jedoch niemand sagt, ist die Tatsache, dass bis zu diesem besagten schönsten Tag des Lebens eine Me...