- Lola -
„Ach, komm schon! Nur ein ganz kurzer Blick…“
„Nichts da!“ Mit einem entschlossenen Kopfschütteln hängt Zoe den länglichen Kleidersack aus grauem Faserstoff in ihren Teil des Kleiderschrankes und schließt dessen Tür mit zwei schnellen Schlüsselumdrehungen ab. „Da wirst du dich schon bis zur Hochzeit gedulden müssen, chérie.“
„Aber das ist noch eine ganze Woche!“, protestiere ich und schiebe schmollend die Unterlippe vor, „wie soll ich das denn aushalten? Ich platze doch jetzt schon vor Neugier!“
„Tja, c’est la vie“, entgegnet Zoe schulterzuckend und verstaut mit wichtiger Miene den Schlüssel des Kleiderschrankes in ihrer Hosentasche, „außerdem musst du gar nicht so tun, als ob ich so außergewöhnlich ungerecht zu dir wäre. Immerhin hast du dein Kleid deiner Mutter mitgegeben, damit ich es hier bloß nicht zu Gesicht bekomme. Und abgesehen davon bringt es Unglück, wenn man das Kleid einer Braut vor der Hochzeit sieht.“
„Aha“, sage ich gedehnt und schlinge mit einem amüsierten Schmunzeln meine Arme um Zoes Nacken, um sie so ein Stück näher zu mir zu ziehen, „ich wusste gar nicht, dass du so abergläubisch bist.“
„Bin ich auch nicht. Na ja…also…nicht so doll zumindest“, entgegnet Zoe und mein Schmunzeln wird noch etwas breiter, als ich sehe, wie sich langsam eine leichte Röte über ihren Wangen ausbreitet, „und…und eigentlich geht es ja auch gar nicht darum. Du kannst
dich einfach nur nicht gedulden, das ist alles…“
„Stimmt“, gebe ich offen zu und ziehe Zoe noch ein Stück näher zu mir, sodass sich ihre Hände instinktiv an meine Hüften legen, „ich würde dich am liebsten sofort heiraten. Hier und
jetzt und ohne großartige Umschweife.“
„Und auch ohne den Junggesellinnenabschied heute Abend?“, hakt Zoe nach, über deren Lippen sich nun ebenfalls ein leichtes Schmunzeln zieht, was mir wiederum ein belustigtes Lachen entlockt.
„Ja, auch ohne den Junggesellinnenabschied. Auf den hätten wir beide ja ohnehin verzichten können.“
„Ja, das stimmt“, seufzt Zoe und ein Schauer zuckt durch meinen Körper, als ich spüre, wie ihre Finger von meinen Hüften zu meinen Seiten langsam hochwandern, „dabei könnte ich mir eine für uns beide durchaus schönere Beschäftigung vorstellen…“
„Ach, ist das so?“, frage ich und hebe spielerisch eine Augenbraue, nur um im nächsten Moment verträumt aufzuseufzen, als Zoe sich vorlehnt und ihre Lippen langsam über meinen Hals wandern lässt.
Mmmm…wie wunderbar…
Genießerisch lehne ich meinen Kopf noch ein wenig mehr zur Seite, um Zoe so einen noch besseren Zugang zu meinem Hals zu verschaffen, als sie mit einem Mal innehält.
„Was ist das denn?“, fragt sie und hebt eine Augenbraue an, während ihr Finger gleichzeitig unter etwas an meinem Hals fährt und sie kurz darauf die Kette mit dem tränengeformten Stein aus meinem Kragen hervorzieht, welche ich zuvor unter mein Shirt geschoben hatte.
Prompt spüre ich, wie sich mein Hals zusammenzieht, wohingegen Zoe den Anhänger interessiert zwischen ihren Fingern dreht.
„Das ist aber eine schöne Kette“, sagt sie leise und streicht noch ein letztes Mal mit ihrem Daumen über den azurblauen Stein, bevor sie kurz darauf mit einem vielsagenden Lächeln wieder zu mir schaut, „verheimlichst du mir vielleicht eine geheime Verehrerin, chérie?“
„Nicht wirklich“, murmle ich und kaue auf meiner Unterlippe, als Zoe den Anhänger wieder loslässt und mich stattdessen aufmerksam ansieht, „meine Mutter hat mir die Kette geschenkt.“
„Oh?“, Zoe blinzelt fragend, „als vorzeitiges Hochzeitsgeschenk?“
„So in etwa.“ Ich hole tief Luft und umfasse den Anhänger nun selbst mit einer Hand. „Meine Mutter hat die Kette selber geschenkt bekommen…von meinem Vater.“- Zoe -
„Dein Vater hat deiner Mutter also die Kette zu deiner Geburt geschenkt?“, frage ich und streiche zaghaft mit meinen Fingern über Lolas Handrücken, während wir nebeneinander auf unserem Bett sitzen.
„Ja, genau“, murmelt Lola und holt tief Luft, wobei ihr Blick auf unsere ineinander verschlungenen Hände gerichtet ist, „ich…ich kannte diese Kette vorher gar nicht. Mama hat sie wohl immer nur zu besonderen Anlässen getragen. Und nach Papas Tod hat sie die Kette gemeinsam mit den ganzen anderen Dingen, die sie an Papa erinnert haben, zusammengepackt und weggeräumt, wodurch ich sie in den letzten Jahren auch gar nicht zu Gesicht bekommen habe.“
„Und jetzt hat deine Mutter die Kette wieder hervorgeholt?“, frage ich vorsichtig weiter und zeichne mit meinem Daumen die Umrisse von Lolas Fingerknöcheln nach, woraufhin meine Verlobte knapp nickt.
„Ja“, sagt sie leise, während ihre Augen weiterhin starr auf unsere Hände gerichtet sind, „Mama meinte, dass Papa sich bestimmt freuen würde, wenn er wüsste, dass ich die Kette an meinem Hochzeitstag tragen werde. Und außerdem wäre er so auch auf irgendeine Art und Weise an diesem besonderen Tag bei uns…“
Mein Herz zieht sich zusammen, als Lolas Stimme mehr und mehr bricht und sie ihre Hände aus meinen zieht, um stattdessen ihr Gesicht damit zu bedecken.
„Ach, chérie“, seufze ich mitfühlend und rücke noch ein Stück näher zu Lola, bevor ich meine Arme ausbreite und sie mit diesen fest umschließe, „möchtest du reden? Oder lieber
schweigen?“
„Weiß ich nicht“, höre ich Lola dumpf gegen meine Schulter murmeln, ehe sie tief Luft holt und mich wieder von sich wegdrückt, um mich mit einer Mischung aus Rat- und Hilflosigkeit anzusehen, „verdammt, ich weiß ja nicht einmal, wie ich Mama beibringen soll, dass Nico und ich…also…dass wir…ich meine, ihr macht Papas Tod immer noch so sehr zu schaffen und da kann ich ihr doch nicht einfach so in einem Nebensatz erzählen, dass…na ja…“
Moment mal…was?
Meine Augenbrauen heben sich ein gutes Stück.
„Du hast deiner Mutter noch nichts von eurem Testergebnis erzählt?“, frage ich ungläubig und meine Augenbrauen heben sich noch etwas mehr, als Lola mit einem zerknirschten Biss auf die Unterlippe den Kopf schüttelt und sich anschließend frustriert seufzend mit einer Hand durch die Haare fährt.
„Jetzt schau mich nicht so an! Zoe. Ich wollte ihr ja davon erzählen…wirklich! Aber ich…verdammt, ich weiß es doch auch nicht! Irgendwie war der Zeitpunkt einfach nicht richtig…“
„Ich bezweifle ehrlich gesagt sehr stark, dass es für so eine Nachricht den richtigen Zeitpunkt gibt“, entgegne ich nachdenklich, was Lola erneut frustriert aufseufzen lässt, „ich meine, wie hast du dir das denn bitte vorgestellt, chérie? Spätestens bis zu unserer Hochzeit nächste Woche musst du deiner Mutter davon erzählt haben oder sie wird andernfalls sehr irritiert darüber sein, weshalb Nico auf unserer Hochzeit auftaucht und sich dort gegenüber den anderen ganz selbstverständlich als dein Halbbruder vorstellt.“
„Das weiß ich doch selber“, erwidert Lola und fährt sich ein weiteres Mal mit ihren Händen übers Gesicht, bevor sie sich rücklings auf unser Bett fallen lässt und ihre Arme dabei weit von sich weg streckt, „ich…ich werde meiner Mutter ja auch davon erzählen…ich muss ihr davon erzählen…vor unserer Hochzeit…nur…nur eben nicht jetzt...“
Schweigend betrachte ich Lola, deren Augen ziellos über unsere Zimmerdecke streifen, ehe ich tief Luft hole und mich seitlich neben sie aufs Bett lege, wobei ich meinen Kopf gegen die Handfläche meines angewinkelten Armes stütze.
„Soll ich vielleicht dabei sein, wenn du deiner Mutter von dem Testergebnis erzählst?“, frage ich und streiche Lola eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn, während Lolas Kopf sich zu mir dreht und sie mich aus großen Augen ansieht.
„Das würdest du tun?“
„Aber natürlich, chérie“, erwidere ich lächelnd und nehme Lolas Hand, um diese zu meinen Lippen zu führen und einen sanften Kuss darauf zu platzieren, „ich habe dir doch am Anfang unserer Beziehung gesagt, dass du zukünftig nicht mehr alleine durch solche schwierigen Situationen gehen musst. Und wenn du meine Unterstützung möchtest oder brauchst, bin ich für dich da, chérie. Immer.“
Das Lächeln auf Lolas Lippen wird von einem leichten Schimmer in ihren Augen begleitet, bevor sie sich etwas aufrichtet und zu mir vorlehnt, um mich zu küssen und anschließend
liebevoll zu betrachten.
„Danke, Zoe.“
„Nicht dafür, chér-…“
„Doch, genau dafür!“
Lolas entschlossener Tonfall und der mitschwingende Trotz in ihrer Stimme lassen mich auflachen.
„Okay, okay, dann möchte ich dir da natürlich nicht widersprechen.“
„In dem Fall hättest du sowieso keine Chance gehabt“, entgegnet Lola immer noch leicht trotzig, ehe sich ihre Lippen zu einem breiter werdenden Lächeln verziehen und sie schließlich ebenfalls auflacht. „Und außerdem sind wir es Rohan und Direktorin Berger ja auch irgendwie schuldig, dass unsere Hochzeit ohne irgendwelches Drama abläuft. Immerhin hatten die beiden ziemlich viel Arbeit mit der Organisation und den ganzen Vorbereitungen.“
„Ja, das stimmt“, erwidere ich und seufze leicht, „besonders Mona wäre wahrscheinlich über einen reibungslosen Ablauf unserer Hochzeit sehr dankbar.“
„Ach ja?“ Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sich Lolas Stirn vor Verwunderung in Falten legt, „und wieso?“
„Nun jaaa“, sage ich gedehnt und kann nicht verhindern, dass mir ein amüsiertes Lachen über die Lippen stolpert, „Mona möchte unsere Hochzeit als Anlass nutzen und Romy einen Antrag machen.“
„Wow! Ehrlich?“
„Ja, ehrlich“, erwidere ich immer noch lachend auf Lolas mehr als verblüfften Blick hin und setze mich mit einer schwungvollen Bewegung wieder auf dem Bett auf, „aber bevor wir uns jetzt noch mehr Gedanken um Monas Antrag oder unsere Hochzeit machen, sollten wir uns vielleicht erst einmal für unseren Junggesellinnenabschied fertig machen…“
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Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)
Romance- Fortsetzung zu „Liebe Auf Französisch" und „Weihnachten Auf Französisch" - Man sagt, dass die Hochzeit der schönste Tag des Lebens ist. Was einem jedoch niemand sagt, ist die Tatsache, dass bis zu diesem besagten schönsten Tag des Lebens eine Me...