K'43

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Dieser Schrei, den er von sich lies ertönte wie ein Echo in meinen Ohren. Dieser Schmerz, dieser unglaubliche Schmerz, den er in sich trug und nie nach außen schien lies war unglaublich Angst einflößend.
Mit all meiner Kraft ging ich auf ihn zu, um weitere Schläge am Fenster zu vermeiden. Seine Stirn hatte er an die Scheibe gelehnt und murmelte ständig etwas vor sich hin.
Seine Hand ruhte für einen kurzen Moment an der Scheibe, noch bevor er wieder vorhatte zu zuschlagen, fasste ich schnell nach seiner Hand. Ich drückte sie mit all meiner Kraft zusammen.
Ich wollte ihm signalisieren, dass ich für ihn da bin. Ihm Beistand, wenn er reden wollte oder einfach jemanden neben sich brauchte.
Mit glasigen Augen drehte er seinen Kopf zu mir.
Ich sah ihn einfach nur hilflos in die Augen, was ich tun und sagen sollte wusste ich selber nicht. Mir kam nichts über die Lippen, als wenn ich das Reden verlernt hatte in den letzten fünf Minuten. Ich öffnete zwar meinen Mund und hoffte das ich was sagen könnte aber nichts, nicht einmal meine Zunge regte sich zum sprechen.

Als er plötzlich mit seinen großen Händen mein Gesicht umfasste, wurde mir auf Anhieb schlecht. Mein Magen zog sich zusammen, meine Hände fingen an zu zittern. Die Nervosität überfuhr mich aus dem nichts.
Seine Stirn platzierte er auf meiner, dabei schloss er seine Augen und gewehrte somit einer Träne den Lauf über sein Gesicht. Durch seine Berührung konnte ich förmlich spüren, was für eine Wut er in sich hatte.
Es fasste mir zwar sanft ans Gesicht aber dennoch voller Schmerz.
Seine Handflächen brannten regelrecht auf meiner Wange.
,,Sa sag bitte nichts"
Seine Stimme war so brüchig, so verletzt, dass sich mein Herz zusammenzog. Er hatte doch genug Leid mit sich selber und jetzt auch noch sowas? Hatte er den wirklich seinen Vater umgebracht? War er den so blind vor Wut oder anderem, dass er es sich gewagt hatte seinen Vater nur ein Haar zu krümmen.?
Niemals würde er sowas tun. Nicht Cihan. Zwar kannte ich ihn nicht wirklich aber wie könnte auch so ein Kerl einem Menschen was antun?
Zwar war er aufgebaut wie eine Maschine aber innerlich war er einfach zerbrechlich wie ein Porzellanpüppchen.

Die kommende Träne wischte ich ihm zitternd mit meinem Daumen weg. ,,Cihan rede mit mir"
Sagte ich verzweifelt aber er schüttelte nur seinen Kopf und löste sich so von mir.
Ich fühlte mich plötzlich so leer, so kalt ohne seine Nähe.
Er schnaufte auf und ging sich übers Gesicht. Er steuerte einfach aufs Sofa zu. Seine Ellenbogen hatte er auf seinen Knien abgestützt und versteckte seine Hände in seinen Haaren.
Wie ein verrückter zog er an ihnen und schlug sich dabei auf den Kopf.
Ständig murmelte er etwas vor sich hin, was ich nur schwer zuhören bekam. Mehr als ein warum, hörte ich auch nicht.

Ich ließ mich neben ihm aufs Sofa fallen. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Rücken, wobei er sich anspannte. Er hörte auf an seinen schwarzen Haare zu ziehen und ließ dabei seine Hände aufm Kopf ruhen. Das streicheln, an seinem Rücken erwärmte meine Handfläche enorm. Ich wollte nur für ihn da sein.
Ich wollte, dass er sich mir öffnet und mir alles erzählte.

Langsam begab ich mich in die Küche und machte ihm einen Tee. Vielleicht würde er sich dadurch etwas entspannen.
Vor dem Wasserkocher stand ich jetzt gefühlte Stunden. Kam es mir nur so vor oder kocht das Wasser aus Trotz langsamer, wenn man ihn beobachtet?
Ungeduldig tippte ich abwechselnd mit meinen Fingern auf der Theke und sah kurz über meine Schulter zu Cihan.
Er hatte seine Haltung immer noch so gehalten, wie ich ihn dort gelassen habe.

Das klicken vom Wasserkocher ließ meinen Kopf nach vorne schießen.
Das mittlerweile nicht mehr kochende Wasser schenkte ich in eine Tasse ein, mit etwas Zucker.
Beim umrühren, machte ich mir Gedanken über unsere allgemeine Konversation. Nie sprachen wir ein Thema zu Ende, immer blieb alles offen stehen. Bei Dingen, die er sagte wollte ich jedes mal mehr wissen, als er von sich gab und das machte mich verrückt.
Jedes verdammte mal bildeten sich mehr Fragezeichen.
Als wenn ich nicht genug von denen hätte.

Asla vazgecmem'Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt