Teil 20

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„Entschuldigung?", diese Stimme weckte mich auf. Durch den kleinen Schlitz in meinen Augen schaute ich einem älteren Mann direkt in die Augen. Hinter ihm konnte ich den blauen Himmel sehen. Es fiel mir schwer, meine Augen zu öffnen. So ganz wach war ich noch nicht. Am Liebsten würde ich jetzt mich hier einfach hinlegen und weiterschlafen. Aber dafür war ich jetzt viel zu aufgeregt. Ich setzte mich langsam hin, doch trotzdem kippte mein Kreislauf sehr schnell und ich fiel fast wieder nach hinten um. Doch mein Körper konnte es noch halten.

Dann öffnete ich meine Augen komplett und konnte meinem Blick nicht trauen. Ich lag auf einer Wiese an einer Straße und vor stand der Mann mit einem verwirrten Blick.

„Tut mir leid, ich weiß auch nicht wie ich hier hingekommen bin."

„Schon gut. Passen Sie das nächste Mal mit dem Alkohol nur ein wenig besser auf. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?"

„Vielen Dank, aber nein. Ich weiß, wie ich nach Hause komme."

„Okay." Er bückte sich und versuchte Thors Hammer hochzuheben. „Huch. Was ist das denn?"

„Ach so", ich nahm den Hammer in die Hand.

„Sie sind ein starker Mann."

„Ja...äh...danke nochmal." Unangenehm. Ich schaute auf die Straße und sah einen alten Ford. Eins der damaligen Spitzenmodelle. Es hat tatsachlich funktioniert. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich konnte es kaum glauben! Ich war im Jahr 1946! Vor einem Jahr bin ich hier gestorben. Zu mindestens dachten alle das. Mein größter Traum ist tatsächlich wahrgeworden.

Doch da fällt es mir wieder ein und mir liefen sofort die Tränen in die Augen. Natasha. Ich hatte sie tatsächlich auf Vormir alleine gelassen. Was habe ich getan? Ich habe meine besten Freunde für ein Leben in der Vergangenheit verlassen und jetzt auch noch meine beste Freundin für eine tote Frau. Ich bin so ein schlimmer Freund.

Das ganze Schuldgefühl lastet in dem Moment auf meinem Brustkorb. Ich werde mich mein ganzes Leben dafür hassen. Wie konnte ich das machen. Aber es ist getan. Ich darf daran nicht denken und jetzt einfach mein Leben hier leben. Aber ob das mit diesem Hintergedanken funktioniert? Wird schon.

Ich richtete mich wieder auf und guckte mich um. Der ältere Mann stand immer noch mit der Gartenschere in der Hand in seinem Garten und guckte mir verwirrt nach. Ich lächelte ihn noch kurz an. Jetzt musste ich Peggy finden. Bei dem Gedanken an Sie pochte mein Herz wieder schneller.

Mit einem weiterem Rundumblick erkannte ich tatsächlich die Gegend wieder. Das ich hier nochmal hinkomme, hätte ich nie gedacht.

Es war ein Wohngebiet in Brooklyn. Es liegt in der Nähe meines Elternhauses und ich bin hier als Kind oft langelaufen. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt, da er bei einem Gasangriff als Soldat vor meiner Geburt ums Leben kam. Mit meiner Mutter habe ich sechs Jahre lang gelebt, bis auch sie an Tuberkulose verstarb. Aber an meine ersten sechs Lebensjahre kann ich mich besser als alles andere erinnern. Auch zusammen mit Bucky habe ich in der Zeit sehr viel erlebt.

Mein Elternhaus habe ich seitdem nie wieder gesehen. Aber das möchte ich jetzt auch nicht. Ich will jetzt zu Peggy. Zwar habe ich keine Ahnung, wo ihr Haus genau ist, jedoch wusste ich, dass es hier auch irgendwo in der Nähe ist. Außerdem gibt es hier bestimmt ein paar Leute hier die sie kennen.

Da kam mir eine junge Frau mit einem kleinen Hund vorbei.

„Guten Tag", sagte ich.

„Guten Tag!"

„Wenn ich kurz stören darf?!"

„Natürlich!"

„Kennen Sie eine 'Peggy Carter'?"

„Natürlich! Wer kennt sie nicht? In letzter Zeit war sie doch so oft in den Nachrichten. Agent Carter hat den ganzen Geheimdienst revolutioniert. Ich wüsste nicht, ob unsere Stadt ohne sie noch stehen würde."

„Ja, stimmt. Wissen Sie zufällig wo sie wohnt?"

„Sind Sie von der Presse?"

„Nein, ich bin...ein Freund von ihr."

„Und da wissen Sie nicht, wo sie wohnt?"

„Also...Nein. Ich bin ein alter Freund von ihr. Wir wollten uns wieder treffen und ich weiß, sie wohnt hier irgendwo in der Nähe, aber nicht genau wo. Können Sie mir helfen?"

„Okay, so einem hübschen Mann wie Ihnen helfe ich doch gerne. Darf ich Sie nach Ihrem Namen fragen?" Sie hielt mir ihre Hand hin.

„Sam Wilson." Ich erwiderte den Handschlag.

„Freut mich sehr, Mr. Wilson. Mein Name ist Anna Reynolds. Vielleicht können wir uns ja auch mal auf ein Kaffee treffen? Ich wohne direkt hier vorne." Sie zeigte auf ein großes hellblaues Haus.

„Gerne, ich komme gerne mal vorbei." Natürlich tue ich das nicht. Aber sonst bekomme ich die Info doch nie raus.

„Vielen Dank. Ich warte auf Sie." Sie zwinkert mir zu.

„Also?"

„Ach so, Peggy Carter wohnt dort vorne links und dann geradeaus. Ein wunderschönes hellgelbes Haus, können Sie eigentlich nicht verfehlen."

„Super, vielen Dank. Ihnen noch ein schöner Tag!"

„Danke, gleichfalls. Aber warten Sie noch kurz. Ich kenne Sie doch irgendwo her. Sind sie auch mal in den Nachichten gewesen?"

„Nein, sie müssen mich verwechseln."

„Wenn Sie meinen. Ich hätte schwören können, ihr Gesicht sagt mir was. Bis bald hoffentlich mal!"

„Ja, bis bald!"

Das war der Punkt den ich nicht so ganz bedacht habe. Eigentlich bin ich ja tot, deswegen dürfte mich eigentlich niemand sehen. Aber gefühlt alle kennen mich. Ich hatte noch glück, dass die Frau gerade nicht wusste, wer ich war. Aber das ist jetzt erstmal egal. Los geht's zu Peggy.

Ein paar Minuten später stand ich vor einem großen Hause. Es hatte eine große Veranda und es zog einfach die ganze Aufmerksamkeit in dieser Straße auf sich. Mein Herz klopfte wie verrückt. Wie Peggy wohl reagieren wird? Ich meine, es ist jetzt auch schon ein Jahr her, wo ich sie verlassen hatte. In der Zeit kann viel passiert sein. Will sie mich überhaupt noch? Ich hoffe es einfach. Ich schulde ihr doch auch noch diesen einen Tanz. Jetzt aber keinen Rückzieher machen.

Ich ging die Veranda hoch und schaute auf das Klingelschild. P. Carter konnte man auf der silbernen Fläche lesen. Ich war richtig. Einen tiefen Atemzug und durch. Mein Puls war sehr hoch. Mit zitternden Händen bewegte ich meinen Zeigefinger in Richtung der Klingel. Und dann betätigte ich sie.

„Ich komme!", hörte ich es von innen. Es war Peggy. Ihren wunderschönen britischen Akzent würde ich über Kilometer raushören. Schritte näherten sich. Und dann wurde schließlich die Klinke runtergedrückt. In meinem Kopf passierte alles wie in Slow Motion und ich konnte meinen eigenen Herzschlag hören.

Die Tür öffnete sich und dann stand sie vor mir: Ihre Haare fielen bei der Kopfbewegung wunderschön nach hinten und dann sah ich ihre Augen. Meine Augen wurden größer und auch ihr Gesicht veränderte sich, als sie mich sah.

„Steve?"

Captain America - One Last MissionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt