Kapitel 22

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Heute bin ich als Letzte an der Reihe. Offenbar will man nicht wieder so ein Chaos verursachen, sollte etwas vorfallen.

Ich bin nervös, als ich den Raum betrete, indem Eric schon wartet.

"Hast du gut geschlafen?", will er wissen. Ich nicke. Das hatte ich tatsächlich. Auch, wenn ich erst kein Auge hatte zu machen können, so haben mir die Schlaftabletten geholfen. Diese Nacht war ich von Albträumen verschont geblieben.

"Ehrlich?", hakt er nochmal nach. Ich kann es ihm nicht übel nehmen. Das letzte Mal war ich bei dieser Frage nicht sehr aufrichtig gewesen.

„Die Pillen haben mich umgehauen.", bestätige ich ihm. Scheinbar gibt er sich damit zufrieden. Kaum, dass er die Spritze in seine Hand nimmt, spüre ich, wie mein Herz zu rasen beginnt.

Er zögert es nicht länger heraus und gibt mir die Injektion.

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Krampfhaft kralle ich mich an etwas fest. Es ist ein Gebäude. Ich sehe herunter. Ich stehe an einer Art Vorsprung. Er ist nur wenige Zentimeter breit - vielleicht zehn. Ich kann es nicht genau einschätzen. Darunter geht es so tief hinab, dass ich nicht einmal ein Ende sehen kann. Alles, was ich sehe, ist Dunkelheit. 

Ich taste die Wand hinter mir ab, ohne einen Blick von meinen Füßen und dem Vorsprung zu nehmen. Ich versuche aus den Augenwinkeln meine Umgebung wahrzunehmen. Rechts von mir ist nichts weiter als grauer Backstein. Kalt und feucht. Ich schiele nach links. Ich sehe wieder Backstein und dann, sehe ich ein warmes gelbes Licht. 

Vielleicht ein Fenster.

Noch immer sehe ich auf meine Füße. Ich versuche, meinen Körper gegen die Wand zu pressen. Ich mache mit meinem linken Fuß einen Schritt nach hinüber. Dann ziehe ich mein rechtes Bein nach. Ich atme tief ein. 

Ich darf nicht in Panik geraten. Doch das ist schwieriger, als gedacht. Mein Herz scheint mir jetzt schon aus der Brust springen zu wollen. Ich schließe kurz die Augen und atme ein paar Mal tief ein und aus. Ich öffne meine Augen wieder und fixiere meine Beine, während meine linke Hand den Backstein abtastet. Ich taste mich weiter nach links, dem vermeintlichen Fenster entgegen. Ich lehne meinen Kopf nun gegen die Backsteinwand und mache wieder einen kleinen Schritt nach weiter.

Ich rutsche ab. Der Vorsprung ist genauso feucht, wie die Wand, an der ich keinen Halt finde. Ich kann mich abfangen, indem ich schnell einen weiteren Schritt nach links gehe. Hastig ziehe ich meinen rechten Fuß nach. Wieder schließe ich die Augen und atme tief ein. Nichts passiert, versuche ich mir selbst gut zuzureden.

"Parker!", mein Blick zuckt nach links. Eric. Er lehnt aus dem Fenster. Ich sehe ihn an, er hält mir seine Hand hin. "Komm her. Ich helfe dir."

Mein Herz schlägt noch schneller. Nicht er. Nicht Eric. Er wird mich nicht retten. Er wird mich abstürzen lassen.

Ich schüttle den Kopf und beginne nun wieder einen Schritt nach rechts zu gehen. Ich übergehe die rutschige Stelle und entferne mich wieder von dem Fenster. Überall war es sicherer, solange er nicht dort war.

"Parker, du musst herkommen! Du stürzt sonst ab!", ruft er mir zu. Ich höre seine Stimme kaum, der Wind trägt sie zu weit weg.

Ich atme flach, während ich mich an die Backsteinwand presse. Es ist ein Trick. Ich rede mir selbst ein, dass es ein Trick ist. Er wird mich umbringen, wenn ich zu ihm gehe.

"Komm her. Ganz langsam. Schritt für Schritt.", sagt er wieder. Mein Blick geht wieder nach unten, dann sehe ich nach rechts. Welche Wahl bleibt mir? Ich kann nirgendwo anders hin. Dieses Fenster war meine einzige Hoffnung. 

Einmal Fraktionslos, Immer Fraktionslos - Die BestimmungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt