Ich erzähle den Anderen sofort, was ich in meiner Angstlandschaft erlebt habe.
Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich üben kann und sie nicht. Möglicherweise helfe ich ihnen wenigstens, wenn ich ihnen sage, was passiert ist.
"Und du hast sie einfach erschossen?", will Maddie wissen. Ich nicke.
"Ja, ich wusste ja, dass es nicht echt ist.", gebe ich schulterzuckend zurück. Sie sieht mich etwas zu schockiert an.
"Schon. Aber ich denke, ich würde zögern, wenn ich jemanden erschießen müsste.", antwortet Maddie nun.
"Sie hat auch auf Tom geschossen, ohne zu zögern.", meint Feretti jetzt. Er sagt es nicht anklagend. Es ist einfach nur eine Feststellung.
"In sein Bein.", sagt Tessa gleich. Dankbar werfe ich ihr einen Blick zu.
"Wir sind Ferox. Wir beschützen einander. Und wenn uns jemand angreift, reagiere ich.", sage ich nun zu Maddie.
"Ich habe das Gefühl, du verbringst ein bisschen zu viel Zeit mit Eric.", meint Maddie. Sie lacht in die Runde, aber keiner sagt ein Wort. Außer ich.
"Was willst du damit sagen?", frage ich sie. Sie zuckt mit den Schultern.
"Naja. Das ist schon ein bisschen kalt… oder? Findet ihr das nicht?", will sie wissen. Sie schaut von einem zum nächsten.
"Es waren nur Gary und Tom. Und Shepherd.", sagt Feretti nun. Ich lächle ihm dankend zu.
"Und Fraktionlose.", fügt Maddie hinzu. "Das klang jetzt viel negativer, als ich es klingen lassen wollte."
Sie sieht auf den Boden und sagt kein Wort mehr. Ich schiebe meinen Teller von mir weg und lehne mich gegen meinen Stuhl. Hatte sie etwa Recht? War ich zu kalt? War es kein gutes Zeichen, dass ich einfach so auf die Leute geschossen hatte?
"Es ist nur eine Simulation. Wer weiß, wie sie in echt reagieren würde.", mischt sich nun Carter ein. Meistens hielt er den Mund, wenn wir diskutieren. Das muss wohl daran liegen, dass er von den Amiten kam und negative Schwingungen gar nicht leiden kann.
Ich frage mich, wie ich reagieren würde, wäre es echt. Aber die Antwort habe ich schon. Ich habe auf Tom geschossen. Zwar nur auf sein Bein. Aber ich hatte nicht eine Sekunde gezögert oder gezweifelt.
Keiner sagt mehr etwas. Alle essen stumm.
----
Ich sitze im Schlafsaal und halte Erics Shirt in meiner Hand. Immer wieder rieche ich daran und rufe mir die letzte Nacht ins Gedächtnis. Aber die Meinungsverschiedenheit mit Maddie zwängt sich immer wieder dazwischen.
Sie wird immer feindseliger mir gegenüber. Und ich ahne natürlich auch wieso. Ich stehe auf und verstaue das Shirt wieder unter meinem Kissen. Dann mache ich mich auf den Weg und suche Eric. Ich finde ihn in einem Flur, kurz vor der Grube. Er unterhält sich immer noch mit Four.
"Eric?", frage ich. Er dreht sich um und sieht mich fragend an. Four merkt sofort, das Drei einer zu viel ist und geht.
"Was willst du?", fragt er mich gereizt. Das hilft mir nicht.
"Hast du Zeit? Ich muss dich um etwas bitten.", sage ich zu ihm. Er dreht sich um und scheint sich umzusehen. Mir wird klar, dass er nicht will, dass man uns zusammen sieht.
"Dann frag.", sagt er.
"Das sollten wir nicht hier besprechen.", erkläre ich ihm. Er starrt mich ein paar Sekunden lang an, dann führt er mich in seine Wohnung.
"Was ist?", fragt er, als wir in seinem Wohnungsflur stehen. Ich frage mich, wieso er auf einmal so gereizt ist.
"Es geht um Maddie.", sage ich ihm. Einen Moment sieht er verwirrt aus und ich frage mich, ob er weiß, wen ich meine. "Maddie. Meine Freundin. Wäre es möglich, dass sie morgen auch schon in ihre Angstlandschaft kann? Damit sie weiß, was auf sie wartet."
DU LIEST GERADE
Einmal Fraktionslos, Immer Fraktionslos - Die Bestimmung
FanfictionMarla Parker ist 20 Jahre alt und sie führt ein Leben auf der Straße. Nie gehörte sie einer Fraktion an, denn schon ihre Eltern waren fraktionslos. Doch ein Satz soll ihr ganzes Leben verändern. Wenn sie es zulässt. ( So wird allen Kindern Fraktions...