Kapitel 59

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Zwanzig Minuten später folgt mir Eric nach. Ich rechne fest mit Konsequenzen. Vielleicht verprügelt er mich ja. Irgendwie kommt mir eine Szene in den Kopf, in der ich über Erics Schoß liege und er mir den Hintern versohlt. Ich schüttel mich und vertreibe diesen gruseligen Gedanken gleich wieder.

Ich sitze auf der Couch und trinke einen Schluck von meinem kalten Kaffee, als er reinkommt und die Tür laut ins Schloss knallt. Ich zucke leicht zusammen, aber lasse mir nichts anmerken. Ich lächeln ihn sogar an, als sich unsere Augen treffen.

Sein Blick bleibt unverändert. Er zieht seine Weste aus und wirft sie in eine Ecke im Flur. Seine Pistole schließt er in den Safe. Sein Gewehr hat er offenbar bei der Waffenkammer abgegeben.

Ich halte seinem Blick stand, während er sein Shirt auszieht.

" Du hast auf mich geschossen. ", sagt er leise. Dann kommt er auf mich zu. 

" Ja. Übrigens. Ich hab die höchste Stufe benutzt. Um deine Frage vorhin zu beantworten. ", gebe ich zurück. Ich grinse ihn an, was ihn erst recht richtig rasend macht. Er beugt sich näher zu mir herunter. Seine Arme stemmt er, rechts und links neben meinem Kopf, gegen die Rückenlehne der Couch.

" Ich wette, das hat übel gezwiebelt. ", vermute ich. Ich grinse, dann beuge ich mich einfach vor und küsse ihn. Ich küsse ihn lange. Dann lehne ich mich zurück und sehe ihn an. 

Mit einem Mal bröckelt seine Fassade. Er scheint mit sich zu ringen. Seine Wut flacht  ab. Ich presse die Lippen zusammen und sehe ihn an.

" Das war hinterhältig. Das - ", er meint den Kuss. " - und der Schuss. "

" Du hast geradezu danach geschrien. ", sage ich schulterzuckend. Dann gähne ich wie zur Demonstration. 

Aufeinmal packt er mich, wirft mich über seine Schulter und geht mit mir zu seinem Bett. 

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Das Training mit den Initianten ist für heute zuende. Es dauert nicht mehr lange und die erste Phase der Initiation wird vorbei sein. Ich kann es, ehrlich gesagt, gar nicht abwarten. Ich freue mich darauf, wieder auszuschlafen. Wenn die Initianten erst einmal in die Simulationen müssen, geht meine Arbeit wieder etwas gemächlicher zu. Die meisten der Ferox wollen alleine üben. Nur ein Teil von ihnen holen sich einen persönlichen Trainer. Ich nehme mir eh vor, mich erstmal auf mich zu konzentrieren und einige meiner Techniken zu verbessern.

Eric hingegen scheint nicht scharf darauf zu sein, dass bald die Simulationen losgehen. Erst verstehe ich es nicht. Es ist nun nicht sonderlich anstrengend vor einem Computer zu sitzen und sich Simulationen anzusehen. Doch dann fällt mir ein, dass er jede einzelne - lange - Simulation miterlebt. Seine Tage werden dadurch doppelt so lang. Jetzt verstehe ich ein wenig, wieso er immer so genervt war. Das würde ich sicher nicht machen wollen.

Ich biege eine Kurve ab und öffne eine Tür zu einem anderen Flur des Hauptquartiers. Ich schließe sie und gehe weiter. Dann höre ich Stimmen. Meine Schritte verlangsamen sich. Es ist nicht ungewöhnliches das man hier Leute reden hört, aber die Stimmen bringen mein Herz ein wenig schneller zum pochen, als sonst. 

Es sind Max und Eric. Ich gehe noch langsamer, um mich nicht zu verraten. Sie stehen einen Flur weiter und unterhalten sich. Sie reden nicht laut, aber auch nicht besonders leise. Ich bleibe an der Ecke zum Flur stehen und spitze meine Ohren. 

Ich habe mir eigentlich geschworen Eric nicht mehr zu bespitzeln. Aber mir bleibt fast nichts anderes übrig. Sicher könnte ich gehen, aber ich bin einfach zu neugierig. Also bleibe ich stehen.

" - hast du alles bekommen? ", höre ich Max sagen. Mein Herz schlägt immer schneller. Mein Atem wird schnell. Ich muss mir die Hand vor den Mund halten, weil ich Angst haben, dass sie mich hören könnten.

Einmal Fraktionslos, Immer Fraktionslos - Die BestimmungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt