„Guten Abend und herzlich willkommen zu unserer Spezialsendung über die Staats-AG,“ verkündete der Nachrichtensprecher. „Diesmal zeigen wir eine Live-Übertragung einer Demonstration zugunsten von Schmidt & Braun, direkt vor dem Gerichtsgebäude in dem der Prozess stattfinden soll und...“
Plötzlich verschwand das Bild.
„Warten Sie einen Moment, Frau Wielke,“ rief der Nachrichtensprecher. „Wir haben kein Bild meh-“
„Was ist hier los? Hat jemand das Kabel ge...“
Dann schwiegen die Lautsprecher.
Schmidt runzelte die Stirn und griff nach der Fernsteuerung. Alle anderen Programme liefen. Also konnte es nicht am Fernseher liegen.
Nachdenklich kratzte er sich am Kinn. „Was da wohl los ist?“
„Es ist nur so eine Vermutung, aber...“
„Ja? Raus mit der Sprache.“
Braun lächelte. „Ich glaube, dass da der Teufel los ist. Mit anderen Worten: Frau Oppermann hat sich etwas ausgedacht.“
*~*~*~*~*~*
Urplötzlich erloschen alle Straßenlaternen am Marktplatz. Die Sonne war schon vor einer Weile untergegangen und somit herrschte von einem Moment auf den anderen die Finsternis überall um die Soldaten herum.
„Los, schnell“, bellte der Hauptmann. „Nachtsichtgeräte an, bringt die Scheinwerfer aus dem Ausrüstungszelt! Wir sind in einen Hinterhalt geraten.“
Die Straßen waren erfüllt von Schreien und dem Trappeln tausender Füße. Durch das Tohuwabohu war nur eine Stimme, verstärkt durch ein Megaphon, klar auszumachen.
„Los, Ihr WAHNSINNIGEN! Vorwärts!“
Einen Moment lang stand der Hauptmann stocksteif in der Dunkelheit, weil er Angst hatte, ein Nudelholz auf den Kopf zu bekommen falls er sich bewegte.
Dann durchschnitt das grelle Licht mehrerer Halogenscheinwerfer die Nacht. Die Soldaten sahen sich umgeben von einer dichten Masse aus Menschen. Sehr viel näher als sie den Leuten normalerweise erlaubt hätten zu kommen – nur wenige Meter entfernt. Sie alle trugen elektronische Plakate, Nudelhölzer und Gurken, die dem Hauptmann plötzlich sehr viel bedrohlicher vorkamen als im Gurkensalat.
„Los, los! Kreis formen. Gewehre entsichern!“ Der Hauptmann wedelte wild mit den Armen, während er Befehle herunterrasselte. „Und ihr da,“ er zeigte auf die Demonstranten, „rührt euch nicht von der Stelle!“
Eine dürre, hochgewachsene Frau an der Spitze der Menge nickte ihm zu und lächelte unglücksverheißend.
„Das haben wir nicht vor. Müssen wir auch gar nicht, um euch zu erledigen.“
„Erledigen? Verdammt, die Leute sind bewaffnet! Das sind gar keine Demonstranten! Männer, anlegen und zielen! Was euch Spinner angeht, ihr lasst alles fallen und nehmt die Hände hoch.“
Frau Oppermanns Lächeln wurde noch eine Spur breiter.
„Wirklich, Hauptmann? Wir sollen alles fallen lassen?“
„Ja, und zwar auf der Stelle!“
„Mit Vergnügen. Also, Ihr habt gehört, was der Hauptmann gesagt hat, Leute. Alles fallen lassen und Hände hoch. Hauptmann, schauen Sie mal nach oben.“
Der Hauptmann schnaubte. „Ha. So ein alter Trick. Glauben Sie, denn das ich blöd bin?“
„Offen gestanden, ja.“
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Die Staats-AG
HumorZwei Unglückliche die in den Wagen des auf sie angesetzten Steuerfahnders gerasselt sind und jetzt für fünf Jahre hinter Gittern sitzen sinnen auf Rache gegen das System: Vom Gefängniscomputer aus eröffnen sie die Website www.staats-ag.de, auf der s...