Kapitel 29

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Herr Haake saß in seinem mit schottischen Karomustern geschmückten Bürosessel und trank Kaffee. Zufrieden blickte er sich in seinem Büro um. Es war ein Büro wie es sich jeder Anwalt erträumte: edle Möbel aus dunklem Holz, Regale mit vielen gescheiten juristischen Büchern in die man niemals einen Blick warf, ein Aquarium mit teuren japanischen Fischen, und eine Front von Glasfenstern, die einen fantastischen Ausblick über die Skyline gewährte. Allerdings gab es einige Details die auf Haakes Persönlichkeit hinwiesen, wie zum Beispiel die Gardinen vor der Fensterfront. Der Mann, der das Büro eingerichtet hatte, hatte es nicht verstanden, aber Haake war nicht davon abgegangen: die Gardinen mussten aus Schweden stammen. Manche Angewohnheiten wurde man nur schwer los.

Ein Räuspern erklang aus dem Besucherstuhl. Ach ja, er hätte fast vergessen, dass er nicht allein war. Der Anwalt nahm noch einen letzten tiefen Schluck, sah in die Tasse und kicherte.

„Ich muss immer wieder lachen, wenn ich das sehe,“ sagte er.

„Wovon reden Sie?“ fragte seine Besucherin.

„Davon.“

Haake hielt seiner Besucherin die leere Tasse hin. Auf den Boden war eine rote Ampel aufgemalt.

„Hmpf. Wirklich sehr komisch.“ Die zitronensaure Miene der älteren Dame deutete darauf hin, dass sie es nicht wirklich komisch fand. „Wenn wir jetzt bitte mit unserem Gespräch fortfahren könnten...“

Haake breitete die Arme aus. „Aber sicher doch, Frau Oppermann. Es sieht folgendermaßen aus: Meine Klienten sitzen im Gefängnis und leben von öffentlicher Sympathie. Sollte diese verschwinden, dann werden die Behörden sie so bald wie möglich in eine Zelle hundert zweihundert Meter unter der Erdoberfläche verlegen – eine Zelle mit eisernen, schalldichten Türen. Und der Wächter kommt nur noch einmal pro Monat vorbei, um zu sehen ob sie schon tot sind.“

Der Rechts- und Linksvertreter nahm eine große Rolle Papier aus der Schreibtischschublade und breitete sie vor sich auf dem Schreibtisch aus.

„Das wollen wir tunlichst vermeiden. Schmidt & Braun dürfen auf keinen Fall die Sympathie der Öffentlichkeit verlieren. Deswegen darf diese Angelegenheit keineswegs in eine Art Straßenkrieg ausarten. Die Leute würden sagen: Ach, wie schön war es doch vor Schmidt und Braun. Das darf nicht passieren. Die Organisation die wir ins Leben zu rufen gedenken muss auf einen vertrauenswürdigen Kreis beschränkt bleiben, woraus folgt, wir können nicht zuuu viel Werbung dafür machen. Ein Nachteil, aber Sie werden ihn mit Ihrem Charis- mit Ihrem Talen- mit Ihrer Energie sicher bald wettmachen. Also passen Sie auf. Wir machen folgendes...“

*~*~*~*~*~*

Der Geheimagent in dem schwarzen Anzug mit der Sonnenbrille ging langsam die Straße hinunter. Es war noch kurz vor Sonnenaufgang und zudem bewölkt. Er hasste es bei solchen Bedingungen mit der Sonnenbrille herumlaufen zu müssen, er war auf dem Weg zum Kiosk schon dreimal in andere Passanten hineingelaufen. Doch Schoman bestand darauf. Er behauptete, man könne ohne Sonnenbrille kein richtiger Geheimagent sein, sondern nur jemand der unaufgefordert seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn nichts angehen.

Auf halbem Weg die Straße hinunter sah der Geheimagent ein Plakat neben dem Eingang eines Bürogebäudes hängen:

Morgen, am 10. Mai, findet in der Eingangshalle der Kanzlei des Rechtsanwaltes Wolfgang Haake die erste offizielle WAHNSINNsversammlung statt. Alle Staatsoberhäupter, die daran teilzunehmen wünschen, müssen, um eingelassen zu werden die Gründungsurkunde ihrer Nation mitbringen. Die Veranstaltung beginnt um 21 Uhr. Geplantes Ende: 0 Uhr.

Verhaltensregeln und Ratschläge:

Bringen Sie Visitenkarten mit und stecken Sie sich eine an die Brust, damit man Sie mit dem Ihnen zustehenden Titel anreden kann.

Essen mitzubringen ist nicht notwendig, es steht ein kostenloses Buffet zu ihrer freien Verfügung.

Verfaultes Gemüse und Küchenartikel sind an der Tür abzugeben.

Versehen Sie Ihre Kronen und Diademe mit Namenschildern, damit Sie sie nach dem Ende der Veranstaltung in der Garderobe wiederfinden.

Vielen Dank für Ihr Interesse. Die Staats-AG: EIN STAAT- NUR 29,99 EURO!!!

Er zögerte. Schoman hatte ihm zwar befohlen, die Zeitung zu holen, aber dies... Irgendwie teilten ihm seine Geheimagent-Instinkte mit, dass dies wichtiger war als die Zeitung von heute. Schnell blickte er sich um.

Niemand in der Nähe. Ein Schritt nach vorne, ein Griff... und schon war er auf dem Rückweg, mit dem zusammengerollten Plakat unter seinem Arm.

Auf dem Rückweg ging er nicht mehr langsam sondern rannte.

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Wieder mal ein neues Kapitel. Wenn ihr es euch gefällt, bitte Fannen, Kommentieren, Voten :) Und auf Facebook findet ihr mich via dem externen Link rechts, wie üblich :)

Heute haben sie bei uns in der Stadt angefangen die Weihnachtsdekorationen aufzuhängen, also sollte ich jetzt wohl 'frönliche Weihnachten' statt 'Liebe Grüße' schreiben... 

Bis dahin est es zwar noch knapp einen Monat, aber trotzdem: fröhliche Weihnachten !!

Robert 

Die Staats-AGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt