Kapitel 12

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Ein Krachen erklang nur wenige Meter hinter Mackensen. Langsam wendete er seinen Drehstuhl und sah Herrn Schoman, der in der offenen Tür stand. Ein aus der Verankerung gerissener Türstopper drehte sich neben seinen glänzenden schwarzen Schuhen auf dem Boden.

„Hören Sie, Schoman, haben Sie vor das noch öfters zu machen? Wenn ja, dann sagen Sie es, kein Problem, ich bestelle eine Großpackung bei Lindow & Söhne und schicke Ihnen die Rechnung.“

„Lindow & Söhne?“ schnauzte Schoman „Und wer zum Teufel soll das bitte sein?“

„Eine Firma, die exzellente Türstopper herstellt und auch gleich einbaut.“

„Sehr witzig, Mackensen. Schauen Sie sich das an.“

Eine Zeitung landete auf dem Tisch

SCHMIDT & BRAUN

Kämpfer für die Freiheit?

Eine Weile studierte Mackensen den Artikel.

Dann blickte er auf und sagte: „Wissen Sie, Schoman, es erstaunt mich immer wieder, dass Sie als Chef des Geheimdienstes Ihre Informationen ausschließlich aus Zeitungen zu beziehen scheinen.“

„Ist das alles, was Ihnen dazu einfällt?“ zischte der Geheimdienstler.

„Durchaus nicht. Mir fällt beispielsweise ein, das dieses Ereignis die Folge von Punkt 2 und 3 Ihrer bewundernswert brillanten Liste ist.“

„Noch so eine Unverschämtheit von Ihnen und ich...“

„Ja, ja., sie erwürgen mich, sie sorgen dafür dass ich erschossen werde, et cetera et cetera. Aber was schlagen Sie konkret vor? Was wollen Sie unternehmen?“

„Die beiden werden natürlich vor Gericht gestellt.“

Mackensen hob eine Augenbraue.

„Sie wollen das doch nicht im Ernst durchziehen? Sind Sie vollends wahnsinnig geworden?“

„Ich erfreue mich bester geistiger Gesundheit. Der Prozessbeginn ist auf den 2. Juni festgesetzt.“

„Warten Sie bis Oktober.“

„Warum sollte ich? Geschworene wechseln nicht mit den Jahreszeiten.“

„Wenn Sie die beiden an einem strahlenden Sonnentag zum Gerichtsgebäude kutschieren, werden die Straßen von Demonstranten voll sein. Wunderbare Weitsicht für Kameras, freie Bahn für die Fernsehfritzen. Bisher hat man nur in den lokalen Sendern einige Schnipsel von Schmidt gezeigt, wie er aus dem Besucherzimmer gezerrt wird. Doch das war schon viel zu viel. Er sah mitleiderregend aus. Mitleid erzeugt Sympathie, Sympathie erzeugt Wut und Wut...“

„Über Wut brauchen Sie mir nichts zu erzählen. Die kenne ich sehr genau, seit ich Sie kennen gelernt habe. Wir haben rein gar nichts zu befürchten. Das Recht ist auf unserer Seite. Und wenn die Leute erst einmal miterlebt haben, wie diese beiden Hochstapler vom Staatsanwalt auseinandergenommen worden sind, dann werden sie begreifen wie lächerlich das ganze Theater um die Herren Schmidt und Braun eigentlich ist.“

Mackensens Kinnlade fiel herunter.

„Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie die Gerichtsverhandlung im Fernsehen übertragen lassen wollen.“

„Natürlich. Es finden bereits Verhandlungen über die Übertragungsrechte statt. Die großen Privatsender reißen sich geradezu darum.“

Schoman deutete den versteinerten Ausdruck auf Mackensens Gesicht falsch und klopfte ihm auf die Schulter.

„Wie es scheint, sind Sie ganz überwältigt von der Schnelligkeit, Vollständigkeit und Genialität meiner Reaktion. Sie hätten das alles in so kurzer Zeit wohl nicht fertiggebracht, eh?

„Durchaus nicht“, gab Mackensen mit schwacher Stimme von sich.

„Es wird sicher nicht lange dauern bis die beiden Herren lebenslänglich in Einzelhaft sitzen und die ganze Angelegenheit erledigt ist. Eigentlich verrückt, dass die Leute überhaupt auf Sie geachtet haben. Ich meine, wo wären wir denn, wenn wir jedem glauben würden, der behauptet, er hätte die Macht einen eigenen Staat zu gründen?“

„Herr Schoman...“, fragte Mackensen, immer noch mit sehr leiser Stimme, „haben Sie jemals die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten gelesen?“

„Nein. Wieso?“

„Weil ich denke, dass Sie dann mit Bemerkungen über angemaßte Macht und ähnlichem vorsichtiger umgehen würden. Guten Tag. Und viel Glück bei Ihrem Prozess. Sie werden es brauchen.“

Die Staats-AGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt