Kapitel 05

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Kurz darauf, in der Zentrale eines Internet-Providers, weit weg vom Gefängnis.

„Horst?“

„Ja, Kai?“ Der technische Mitarbeiter drehte sich zu seinem Kollegen um.

„Mir liegt hier eine Anfrage für die Einrichtung einer Internetseite vor, von einem gewissen Professor Holzer.“

„Ja, und?“

„In unserem Computer hat Holzer aber eine andere Adresse als die, die er in seiner Mail angegeben hat.“

Horst zuckte mit den Schultern. „Dann wird der Computer wohl zwei Adressen vertauscht haben. Kommt nicht zum ersten Mal vor. Schicken wir die Antwort eben vorsichtshalber an beide Adressen. Jetzt sag mir schon, wie die neue Adresse heißt, ich hab’s eilig.“

„Buchenstraße Neunzehn.“

„Und welchen Namen verlangt er für seine Internetadresse?“

Kai zögerte.

„Was ist?“ fragte Horst ungeduldig.

Kai reichte ihm einen Computerausdruck.

„Schau es dir selbst an, sonst glaubst Du mir nicht.“

Horst nahm den Zettel entgegen und las.

Herr Braun saß gerade im Gemeinschaftsraum des Gefängnisses am Computer, als sich Schritte näherten. Schnell minimierte er das bis eben geöffnete Fenster und öffnete ein Flipperspiel.

„Braun?“

„Ja?“

„Du wirst verlangt. Besuch.“

Im Besuchszimmer wartete der Direktor der Schule auf ihn.

„Guten Morgen, Herr Braun.“

„Guten Morgen, Herr Direktor.“

Eine Zeitlang herrschte betretenes Schweigen. Dann sagte der Mann jenseits der Glasscheibe: „Braun, ich muss Ihnen hiermit leider mitteilen, dass die Schule beschlossen hat, Sie zu entlassen. Es ist uns nicht möglich, einen Sträfling in unserer Mitte zu dulden. Das würde dem Ruf unserer Schule schaden.“

„Viel Schaden kann man da eh nicht mehr anrichten“, erwiderte Braun verdrießlich. „Die 6b gehört geschlossen ins Gefängnis. Und ich könnte mindestens drei Kandidaten nennen, für die man die Todesstrafe wieder einführen müsste.“

„Das mag dahingestellt bleiben“, antwortete der Direktor. Seine Stimme hätte Lava gefrieren können. „Jedoch ist es weitaus schlimmer, wenn ein Lehrer ins Gefängnis kommt, als wenn das einem Schüler passiert.“

„Das glaube ich Ihnen gern. Diese kleinen Ratten fallen ja unter das Jungendstrafrecht und bekommen ja höchstens drei Tage Hausarrest, auch wenn sie eine Bank ausrauben.“

„Was ich gemeint habe, war dass Sie als Lehrer eine Vorbildfunktion haben. Dass eine solche Autoritätsperson eine Straftat begeht und wir als Schule keine Konsequenzen ziehen - so etwas ist schlicht und einfach unmöglich!“

„Wieso? Ich bin sogar ein so gutes Vorbild, dass meine Schüler meinem Beispiel folgen, bevor ich es ihnen überhaupt gezeigt habe. Wenn ich mich nicht irre haben Maximilian und Philipp vor drei Wochen mit ihren Mopeds einen Großunfall hingelegt. Die Hauptstraße war für 5 Stunden gesperrt.“

Die wie immer recht eng gebundene Krawatte des Schulleiters drohte zu zerreißen.

„Hören Sie Braun, ich wollte verständnisvoll sein. Ich wollte Ihnen helfen. Aber solche Unverschämtheiten brauche ich mir nicht gefallen zu lassen. Sie hören mir jetzt einmal gut...“

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