Die Staats-AG

Kapitel 17

„Bei Ihnen auch nicht? Sind Sie sicher? Aber nein, ich wollte Sie keinesfalls beleidigen. Saionara.“

Schoman knallte den Hörer auf die Gabel.

„Es ist unglaublich. Ich habe um die halbe Welt telefoniert, und keine Regierung weiß etwas von der Staats-AG oder gibt zu, dass die Internetseite in ihrem Land gehostet wird.“

„Vielleicht sollten Sie es einmal mit der anderen Hälfte der Welt versuchen?“ schlug Nolting vor.

Schoman schnaubte.

„Sehr lustig. Nein, im Ernst, wenn mich niemand angelogen hat, und dem Beamten der sich traut mich anzulügen muss ich erst noch begegnen, dann wüsste ich wirklich nicht, wo ich es noch versuchen sollte.“

„Wie wäre es mit den Färöer-Inseln?“

„Mit was?“

Ohne seine Arbeit am Notebook zu unterbrechen, erwiderte Nolting: „Die Färöer-Inseln. So seltsam es klingen mag, aber das ist tatsächlich ein eigenständiger Staat – schon vor der Gründung der Staats-AG, wohlgemerkt. Liegt irgendwo in nächster Nähe zum Nordpol.“

„Und dort gibt es einen Internet-Provider?“

„Seit gestern. Der Staat hat eine großzügige Finanzspritze über 100 Millionen Euro von Schmidt & Braun erhalten. Einzige Bedingung: die Einrichtung eines staatlichen Internetproviders und eine Garantie für die nächsten 26 491 Jahre, dass die Seite www.makeyourstate.com legal sei und es auch bleiben würde.“

„Woher wissen Sie das alles?“

„Natürlich vom der Website der Staats-AG selbst.“

„Die verkünden das doch nicht etwa öffentlich?“

„Verkünden wäre nicht das richtige Wort. Feiern passt besser. Sie bezeichnen es als, warten sie, ich suche die Stelle... 'Meilenstein auf dem Weg der Akzeptanz der neuen Staaten durch die internationale Gemeinschaft'. Hier.“ Nolting deutete auf den Bildschirm. „Es steht gleich auf der Startseite. Warum den schwierigen Weg nehmen, wenn einen einfachen gibt?“

„Sie meinen, warum herumtelefonieren und Berichte von schwarz bebrillten Agenten lesen, wenn man das gleiche in der halben Zeit im Internet bewerkstelligen kann.“

„Gesagt habe ich das nicht.“

Der Geheimdienstchef seufzte.

„Da haben Sie recht. Also, können wir diese elende Internetseite irgendwie abschalten?“

„Wen wir vorerst davon absehen, eine Invasion der Färöer-Inseln zu starten? Ich glaube kaum.“

„Sollten wir das machen? Was denken Sie, Nolting?“

„Aus meiner Perspektive, als Staatsanwalt der einen Prozess gewinnen will, halte ich das für strategisch unklug. Es wäre keine gute Publicity. Und außerdem würden ein paar tausend Menschen dabei umkommen.“

„Ich weiß, aber ich würde mich danach besser fühlen.“

„Das kann ich nachvollziehen.“

Schoman schüttelte sich. „Diese Diskutiererei ist sinnlos. Lassen wir das. Reden wir lieber über den Prozess. Wir müssen alles perfekt vorbereiten. Nicht auszudenken was passiert wenn wir verlieren.“

„Meinen Sie?“

Nolting blickte amüsiert von seinem Laptop auf.

„Ich finde, dass wir uns eher darum Sorgen machen sollten, was passiert, wenn wir gewinnen.“